Nicht nur an der Spitze lieferte da Qualifying der Formel 1 zum China GP 2018 (morgen live auf RTL, im ORF, SRF und im Live-Ticker von Motorsport-Magazin.com) mit der Ferrari-Dominanz vor Mercedes und Red Bull eine faustdicke Überraschung. Auch im Mittelfeld verschob sich das Kräfteverhältnis in Shanghai teilweise drastisch.

Einzig Renault und McLaren bezogen weitgehend ihre in den ersten beiden Rennen der F1-Saison angestammten Positionen: Die Truppe um Nico Hülkenberg hinter den Top-Teams, Fernando Alonso & Konsorten gescheitert in Q2. Doch Haas, Force India, Williams, Toro Rosso und Sauber fanden sich im Qualifying in Shanghai nicht dort wieder, wo sie noch in Bahrain Stellung bezogen hatten. Warum? Motorsport-Magazin.com checkt die Gewinner und Verlierer der Mittelfeld-Rochade.

Die Gewinner in China: Williams und Force India

Zwei Teams schnitten in China besser ab als zuletzt. Besonders auffällig war dabei Williams, hatte ausgerechnet der stolze Traditionsrennstall aus Grove zuletzt sogar die rote Laterne gehalten. Schon Sergey Sirotkins zehnter Platz im dritten Training ließ bereits vor dem Qualifying Besserung erahnen. In der Qualifikation reichte es dann zwar erneut nicht für Q2, doch war mit P16 und P18 zumindest die rote Laterne weitergereicht.

"Das Team hat dieses Wochenende einen echt tollen Job gemacht, wir haben ein paar Verbesserungen am Auto erzielen können", erklärt Technikchef Paddy Lowe den Fortschritt mit eigenen Leistungen. Es sei deshalb sogar enttäuschend, das Q2 verpasst zu haben. "Das schien in Anbetracht des FP3 möglich", so Lowe. "Wenigstens mit einem Auto." Williams witterte anders als in Bahrain also durchaus wieder Potential.

Williams: Arbeit am Auto ausgezahlt

"Wir waren echt nah dran an Q2 und haben uns verbessert", freut sich Sirotkin. Der Russe scheiterte um keine halbe Zehntel am zweiten Abschnitt. "Ich denke, wir haben echt gut gearbeitet. Die erste Runde in Q1 war echt klasse, in der zweiten haben wir es nicht maximiert, hätten also eigentlich mehr Zeit finden können."

Ähnlich ging es seinem teamintern erneut besiegten Teamkollegen Lance Stroll. "Ich habe es im Qualifying aber nicht zusammen bekommen, bin aber happy, wieder etwas näher herangekommen zu sein. Wir sind noch nicht so gut wie in Australien, aber vielleicht etwas besser als in Bahrain", sagt der Kanadier, der bis dahin auch in Shanghai massiv mit der Balance kämpfte.

Force India: VJM13 von Session zu Session besser, Perez on fire

Für den jahrelangen Erzrivalen Force India ging es in China ebenfalls nach vorne. Sergio Perez gelang sogar der Sprung in Q3, das Esteban Ocon um weniger als eine Zehntel verpasste. "Das habe ich vielleicht einfach durch einen kleinen Fehler in der letzten Kurve verloren, was nur zeigt, wie eng es im Mittelfeld ist", erklärt Ocon. "Q2 war echt eng und ich habe es im letzten Versuch noch geschafft", bestätigt Sergio Perez. "In Q3 habe ich dann eine sehr starke Runde erwischt und ich denke, dass wir so echt alles herausgeholt haben in diesem Qualifying", erklärt Perez die Stärke Force Indias zu einem Teil mit dem Faktor Fahrer.

"Sergios Runde in Q3 war exzellent", bestätigt Robert Fernley. Doch habe auch Force India den nächsten Schritt nach vorne getan. "Wir haben auf unsere Fortschritte aus Bahrain aufbauen können. Ich denke, dass das Resultat spiegelt, wo wir gerade stehen. Das Team verbessert das Auto von Session zu Session und das ist jetzt das Ergebnis all dieser Mühen", so der faktische Teamchef.

Damit nicht genug. Offenbar spielte Force India in China auch ein externer Faktor in die Karten. "Der Wind war echt heikel, denn er hat sich gegenüber gestern komplett verändert. Ich wusste, dass das für uns eine Chance sein kann", so Perez. Der VJM13 also weniger windanfälliges Formel-1-Auto als es manche Konkurrenten in der Garage haben? Offenbar.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem China GP: (06:23 Min.)

Die Verlierer in Shanghai: Toro Rosso, Haas und Sauber

Dazu passen jedenfalls die O-Töne einiger der Verlierer im Mittelfeld, allen voran Toro Rosso, in Bahrain noch die gefeierten Helden. "Wir hatten auf dieser Strecke verglichen mit Bahrain zu kämpfen. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: Die Temperatur ist ganz anders und der Wind ist hier sehr stark. Wir haben schon in Melbourne gesehen, dass wir etwas mehr leiden als die anderen, wenn der Wind zunimmt", erklärt Brendon Hartley. "Wir müssen jetzt verstehen, warum das so ist."

Toro Rosso vom Winde und der Kälte verweht

Der Neuseeländer schaffte es in Shanghai immerhin in Q2, musste sich dort jedoch mit dem letzten Platz abfinden. Pierre Gasly gelang nicht einmal das: Nur P17 für die Sensation von Sakhir. "Es war ein harter Tag", hadert der Franzose. "Gestern war es für uns mit P11 und P12 noch ziemlich positiv, aber wir haben das Auto nach heute Morgen noch verändert und dann bin ich nicht auf Pace gekommen", berichtet Gasly.

Noch dazu fühle er sich auf dem für ihn neuen Shanghai International Circuit noch immer nicht Zuhause. Doch nicht nur der Fahrer, auch das Team hat mit der Strecke zu kämpfen. "Wir wussten, dass dieser Kurs uns nicht so gut liegen würde wie beim letzten Event, der Wind und die kühlen Bedingungen helfen uns auch nicht", sagt Technikchef James Key. "Aber eine bessere Performance hatten wir uns trotzdem erhofft" Für das Rennen steckt Gasly deshalb längst nicht auf - eine Hoffnung bleibt: "Im Longrun sag es gestern okay für uns aus. Wir hatten weniger Reifenabbau als die anderen, aber von P17 ist der Weg zurück natürlich lang."

Haas scheitert an Pirelli-Arbeitsfenster, Grosjean fackelt ab

Das gilt ebenfalls für Haas. In China vermochten die Amerikaner diesmal nicht, Renault einzuheizen. Heiß war es trotzdem bei Haas F1, genauer gesamt bei Romain Grosjean, dem wegen eines defekten Brake-by-Wire-Systems im FP3 die Bremsen abfackelten. Danach kam der Franzose nur schwer auf Touren, schaffte es anders als der eigentlich gefestigter scheinende Kevin Magnussen, immerhin noch in Q3.

"Da war ich sehr zufrieden, aber unsere Position in Q3 ist jetzt nicht ideal", klagt Grosjean über P10. Genau das hatte unbedingt vermeiden wollen. Stichwort freie Reifenwahl ab P11. "Aber auf der letzten Runde hatten wir nicht den Grip, den wir vorher in der Session hatten. Das müssen wir analysieren und verstehen", fordert der Franzose.

Exakt auf P11 darf Kevin Magnussen den China GP starten. "Wenn es einen Ort gibt, wo du auf Platz 11 starten willst, dann ist das hier und genau da sind wir mit Kevin", frohlockt Teamchef Günther Steiner. Das auf dem Papier schwache Abschneiden im Qualifying sieht Haas somit nicht als Nachteil. "Wir sind in einer guten Position, um morgen gute Punkte zu machen", sagt Steiner.

Doch war Haas im Qualifying deshalb sicher nicht freiwillig klar hinter den vorherigen Performances zurück. Warum? "Es ist ein bisschen enttäuschend. Ich hatte eine schlechte Outlap, und mit diesen Reifen, auf dieser Strecke, ist es ein sehr schmales Fenster, um sie zum Arbeiten zu bringen", erklärt Magnussen. "Wenn du sie nicht perfekt aufwärmst, verlierst du viel Performance", erklärt der Däne. Bei Haas waren es also eher die Reifen, nicht der Wind.

Sauber versteht den Ultrasoft in China nicht

Bleibt noch Sauber - und damit der Rennstall, der die rote Laterne von Williams bekommen hat. In Hinwil machten ebenfalls die Reifen allen Plänen einen Strich durch die Rechnung. "Wir wussten, dass es schwierig sein würde, ins Q2 zu kommen, da wir dieses Wochenende nicht optimal mit den ultraweichen Reifen zurechtkommen", berichtet Marcus Ericsson. Noch dazu warf der Schwede seinen besten Versuch durch einen Fahrfehler weg. Viel geholfen hätte jedoch nichts für Ericsson, handelte er sich wegen Missachtens doppelt gelber Flaggen ohnehin eine Strafversetzung um fünf Positionen ein.

Auch nicht gegen den Teamkollegen. Zum ersten Mal war Charles Leclerc trotz eines spektakulären Drehers auf Start/Ziel schneller. Und zwar deutlich. Eine halbe Sekunde gab der Monegasse seinem Teamkollegen mit. "Es war ein recht guter Tag für mich. Obwohl mich ein kleiner Fahrfehler auf meiner schnellsten Runde etwas Zeit gekostet habe, war es das erste Qualifying in dem ich mit meiner eigenen Performance relativ zufrieden bin", so Leclerc.