Haas verlor durch zwei verpatzte Boxenstopps in Australien das beste Resultat seiner Teamgeschichte. Die US-Amerikaner erholten sich in Bahrain von ihrem Trauma. Bei Ferrari sorgte ein verpatzter Reifenwechsel hingegen nicht nur für ein verlorenes Ergebnis sondern auch für einen verletzten Mechaniker. Haas-Teamchef Günther Steiner sieht die Boxenstopps trotz allem nicht kritisch.

"Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie sich der erste Boxenstopp in Bahrain für uns angefühlt hat. Ich wollte nicht einmal hinsehen, habe es dann aber doch gemacht", beschreibt Steiner in China gegenüber Motorsport-Magazin.com seine Gefühlslage, als die Haas-Boxencrew zum ersten Mal nach dem Melbourne-Debakel wieder am Boliden Hand anlegte.

Bei Haas ging in Bahrain alles glatt, so dass sich das Team am Ende über den fünften Platz von Kevin Magnussen freuen durfte. Beim Partner-Team Ferrari kam es dafür in der Wüste zu einem folgenschweren Boxenstopp, bei dem sich ein Mechaniker das Bein brach. An Kimi Räikkönens Boliden konnte das linke Hinterrad nicht gewechselt werden.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem China GP (06:23 Min.)

Die Crew ließ den Piloten trotzdem fahren, der daraufhin den noch zum Radwechsel in Position stehenden Mechaniker anfuhr. "Ich denke nicht, dass das Eine etwas mit dem Anderen zu tun hat", sieht Steiner keinen Zusammenhang zwischen den Vorfällen bei Haas und Ferrari. "Ich weiß auch nicht genau, was bei Ferrari passiert ist. Jeder hat ein anderes System", so der Südtiroler weiter.

Steiner: Fehlerpotential macht die Formel 1 spannender

Generell sieht Steiner nach den Vorkommnissen von Australien und Bahrain keinen Anlass, die Boxenstopps in der Formel 1 mit aller Gewalt umkrempeln zu müssen, um die Gefahr zu minimieren. "Der Junge tut mir natürlich leid, das sollte nicht passieren. Aber ich denke auch, dass Boxenstopps wie der von uns [in Australien] ein weiteres Element des Risikos mit sich bringen, das den Sport interessant macht."

Eine Boxencrew, der keine Fehler unterlaufen, würde den Sport noch berechenbarer machen. Etwas, das für Steiner der Spannung in keiner Weise zuträglich wäre. "Wenn du alles zu 100 Prozent sicher machst, warum zur Hölle schauen wir dann Formel-1-Rennen?", so der Teamchef. "Wir brauchen das menschliche Element, das Fehler machen kann."

Ein vollautomatisierter Boxenstopp kommt für ihn nicht in Frage. "Dann kannst du auch Roboter hinstellen, die es erledigen und dann gibt es keine Problem mehr. Aber wer schaut sich das dann noch an?", so Steiner, der der Ansicht ist, dass ein gewisses Restrisiko ohnehin immer bleibt. "Ich sage nicht, dass wir Menschen Gefahr aussetzen sollen. Aber wann hat sich in der Box das letzte Mal jemand verletzt?", fragt der 53-Jährige.

Formel 1 2018: Rennanalyse Bahrain GP (25:11 Min.)

Steiner: Boxenstopps in der Formel 1 bereits sicher genug

"Die Formel 1 ist ein gefährlicher Sport, das kann passieren. Die Spieler verletzten sich aber auch beim Fußball, dort bricht sich auch manchmal jemand das Bein", fügt er an. Letztendlich gab es zwischen den Boxenstopps von Haas und Ferrari nur eine Gemeinsamkeit: Die Autos wurden von der Crew freigegeben, obwohl der Boxenstopp nicht erfolgreich war. "Unser Auto sollte auch nicht fahren, vor allem beim zweiten Mal. Trotzdem wurde es freigeben", so Steiner.

Die Ampel, die seit einigen Jahren den Lollipop-Mann ersetzt, wird von den Mechanikern per Knopfdruck am Schlagschrauber freigegeben. Einen Automatismus gibt es also auch hier nicht. Bei Haas gibt es seit Bahrain einen Aufpasser, der im Zweifelsfall das Signal der vier Radwechsel-Mechaniker überschreiben kann, so dass die Ampel nicht auf Grün schaltet. "Wir haben Maßnahmen getroffen, dass das nicht wieder passiert", sagt Steiner.

Generell zieht er aus dem Problem bei Haas etwas Positives. "Der Zwischenfall bei uns mit dem Sicherheitssystem, dass das Rad nicht abfällt, funktioniert", hebt er hervor. "Das ist das Gefährlich bei einem losen Rad, dass es abfällt und jemanden trifft, wie es vor ein paar Jahren in der Box passiert ist", erinnert der Teamchef an den Zwischenfall, bei dem 2013 auf dem Nürburgring ein Kameramann von einem Rad getroffen wurde, das sich von Mark Webbers Red Bull gelöst hatte.