Sebastian Vettel und Ferrari hatten in der Formel-1-Saison 2017 zweifelsohne die Pace, um Lewis Hamilton und Mercedes im Rennen um den WM-Titel zu bezwinen. Nach der Defekt-Serie von Malaysia und Japan sind die Chancen des Deutschen vor dem 17. Saisonrennen in den USA verschwinden gering. Die Technik scheint über die Weltmeisterschaft entschieden zu haben. Ein Schicksal, das Vettel mit einer Reihe von F1-Legenden teilt. Motorsport-Magazin.com wirft ein Blick auf die Leiden von Niki Lauda, Michael Schumacher & Co.

1964 - Jim Clark & Lotus

Der Lotus 33 brachte Jim Clark 1964 kein Glück, Foto: Sutton
Der Lotus 33 brachte Jim Clark 1964 kein Glück, Foto: Sutton

Jim Clark dominierte die Königsklasse in den 1960er Jahren nach Belieben. Ohne seinen verhängnisvollen Unfall bei einem Formel-2-Rennen auf dem Hockenheimring im Jahr 1968, hätte er seiner Statistik wohl noch einige Siege und vielleicht auch WM-Titel hinzugefügt. Doch schon zu Lebzeiten ging dem Naturtalent eine Weltmeisterschaft durch die Lappen, weil sein Bolide ihn im Stich ließ. Clark ging als Titelverteidiger ins Jahr 1964. Die erste Saisonhälfte dominierte er hinter dem Steuer seines Lotus 25 mit drei Siegen in fünf Rennen.

Nachdem die Saison mit dem Vorjahresauto zunächst ein voller Erfolg war, schickte Lotus ab dem Grand Prix von Deutschland den Typ 33 ins Rennen. Das neuste Werk aus der Feder von Ingenieurs-Genie Colin Chapman sollte Clark in der zweiten Saisonhälfte den entscheidenden Vorteil gegenüber John Surtees (Ferrari) und Graham Hill (BRM) bringen. Doch als es zum Finale nach Mexiko ging, war die WM-Führung längst Geschichte. Nicht einen Punkt hatte Clark mit dem Lotus 33 bis dahin eingefahren. Stattdessen standen drei Ausfälle zu Buche.

Vor dem letzten Rennen lag er neun Punkte hinter dem WM-Führenden Hill, der 39 Zähler auf dem Konto hatte. Dazwischen lag Surtees mit 34 Punkten. Clark fuhr auf Pole und war im Rennen auf WM-Kurs, nachdem Hill ausgefallen war und Surtees nur auf den hinteren Punkterängen lag. In der letzten Runde schlug der Defekt-Teufel jedoch abermals zu. Ein Öl-Leck zwang Clark zur Aufgabe. Für Surtees war danach die Bahn frei. Nachdem ihm Teamkollege Lorenzo Bandini den zweiten Platz überlassen hatte, gewann er die WM mit einem Punkt Vorsprung auf Hill.

1974 - Niki Lauda & Ferrari

Ferrari und Niki Lauda hätten mit etwas mehr Glück schon 1974 die WM gewinnen können, Foto: Sutton
Ferrari und Niki Lauda hätten mit etwas mehr Glück schon 1974 die WM gewinnen können, Foto: Sutton

Ferrari befand sich Anfang der 1970er Jahre in einer sportlichen Krise, die 1974 zu tiefen personellen Einschnitten führte. Luca di Montezemolo wurde Teamchef, Mauro Forghieri war wieder als Chef-Konstrukteur an Bord und hinter dem Steuer des 312B3-74 nahm der aufstrebende Niki Lauda Platz. Zusammen sollten sie die Formel 1 ab 1975 mit dem Ferrari 312T dominieren und zwei Fahrer- sowie drei Konstrukteurs-Weltmeistertitel sammeln. Tatsächlich hätte es aber schon im ersten Anlauf klappen können, hätte die Technik mitgespielt.

Lauda fuhr in seinem ersten Jahr bei der Scuderia in neun der 15 Grands Prix auf die Pole Position. Beenden konnte der Österreicher allerdings nur sieben Rennen. Die Ausbeute: Zwei erste und drei zweite Plätze. Ansonsten wurde er allzu oft von Motor- und Getriebeschäden gestoppt. Auf Weltmeister Emerson Fittipaldi im McLaren fehlten am Ende des Jahres 20 WM-Punkte. In der Konstrukteurs-WM verpasste Ferrari den Titel um nur acht Zähler. Weltmeister McLaren punktete bis auf eine Ausnahme in jedem Rennen.

1981, 82 & 83 - Alain Prost und Renault

Alain Prost verlor mit Renault gleich mehrere Weltmeisterschaften aufgrund von Defekten, Foto: Sutton
Alain Prost verlor mit Renault gleich mehrere Weltmeisterschaften aufgrund von Defekten, Foto: Sutton

Renaults Turbo-Experimente begannen 1980 mit drei Siegen erstmals richtig zu fruchten. In Sachen Performance war das Team mittlerweile konkurrenzfähig und mit Alain Prost hinter dem Steuer schien man 1981 endlich ein Wörtchen um den WM-Titel mitreden zu können. Was die Franzosen jedoch nicht im Griff hatten, war die Zuverlässigkeit. Prost gewann zwar drei Rennen, und damit genauso viele wie Weltmeister Nelson Piquet, kam aber nur bei sechs der 15 Grands Prix ins Ziel. Piquet hatte nur vier Ausfälle zu beklagen und holte mit sieben Punkten mehr als Prost den Titel.

Das Folgejahr war vom Kampf zwischen den Ferrari-Teamkollegen Gilles Villeneuve und Didier Pironi geprägt, welcher mit dem Tod Villeneuves in Zolder sein tragisches Ende nahm. Pironi war danach der klare WM-Favorit, zog sich in Hockenheim jedoch Karriere-beendende Beinverletzungen zu. Prost war mit dem Renault RE30B erneut konkurrenzfähig, doch abermals vereitelte die Technik einen Titelgewinn. Der Franzose gewann zwei Rennen, sah bei sieben der 16 Rennen aber wieder nicht die Zielflagge. Auf Weltmeister Keke Rosberg, der nur zwei Mal ausfiel, fehlten am Ende zehn Punkte.

1983 schien Renault die Zuverlässigkeit endlich im Griff zu haben. Prost schied in 15 Rennen nur drei Mal aus und holte vier Siege. Er führte die WM über weite Strecken an, doch die Konkurrenz von Brabham BMW und Ferrari hatte mit der Turbo-Technologie mittlerweile aufgeschlossen. Prost fiel alleine im Saison-Endspurt in drei der letzten vier Rennen aus. Beim Finale in Kyalami holte Piquet mit zwei Punkten Vorsprung für Brabham den Titel, während Renault in der Konstrukteurs-WM obendrein noch von Ferrari abgefangen wurde.

2006 - Michael Schumacher & Ferrari

Michael Schumacher wurde 2006 in Japan durch einen Motorschaden gestoppt, Foto: Sutton
Michael Schumacher wurde 2006 in Japan durch einen Motorschaden gestoppt, Foto: Sutton

Ferrari und die Zuverlässigkeit: Eine Geschichte, die sich wie ein roter Faden durch die Historie der Formel 1 zieht. In seiner ersten Saison mit dem italienischen Traditionsrennstall wurde Michael Schumacher 1996 regelmäßig von der Technik im Stich gelassen. Mit dem späteren Rekordweltmeister im Cockpit, Jean Todt in der Funktion des Teamchefs, Ross Brawn am Kommandostand und Rory Byrne als Chef-Konstrukteur fand das Team in den Folgejahren jedoch auf den richtigen Weg. Der krönende Abschluss blieb der Traum-Ehe am Ende dennoch verwehrt.

In der Saison 2006 ging Schumacher ein letztes Mal mit Ferrari auf Titeljagd. Der Ferrari 248 F1 war von Beginn an deutlich konkurrenzfähiger als sein Vorgänger, doch die Scuderia wurde früh von ihrer alten Schwäche eingeholt. Schon in Malaysia mussten bei Schumacher und Teamkollege Felipe Massa die Motoren gewechselt werden, was zu einer Grid Penalty führte. Nachdem Renault in der ersten Saisonhälfte noch deutlich stärker aufgelegt war, holte Ferrari zur Mitte des Jahres aber auf.

Schumacher holte zwischen den Rennen in Kanada und Japan einen Rückstand von 25 Punkten auf Renault-Pilot Fernando Alonso auf. Die Rivalen gingen punktgleich in das vorletzte Rennen des Jahres. Ferrari hatte die Konkurrenz in Suzuka im Griff und Schumacher führte nach seinem letzten Boxenstopp in Runde 37. Doch im entscheidenden Moment streikte die Technik. Schumachers erster Motorschaden seit dem Frankreich GP im Jahr 2000 zerschlug sämtliche Titel-Hoffnungen. Beim Finale in Brasilien ging die WM schlussendlich an Alonso.

2016 - Lewis Hamilton & Mercedes

Lewis Hamiltons WM-Ambitionen gingen 2016 in Malaysia in Rauch auf, Foto: Sutton
Lewis Hamiltons WM-Ambitionen gingen 2016 in Malaysia in Rauch auf, Foto: Sutton

Für das aktuellste Beispiel einer durch technische Gebrechen verlorenen Weltmeisterschaft, muss in den Geschichtsbüchern gar nicht so weit zurückgeblättert werden. In der Saison 2016 erlebte Lewis Hamilton bei Mercedes ein Jahr voller Rückschläge. Ab dem dritten Rennen in China war bei seinem Silberpfeil ähnlich der Wurm drin, wie bei derzeit bei Vettels Ferrari. Sowohl in Shanghai als auch in Russland streikte Hamiltons Mercedes im Qualifying. Nach fünf Rennen betrug der Rückstand auf Teamkollege Nico Rosberg bereits 43 Punkte.

Zur Saisonmitte legte er eine Sieges-Serie hin und drehte die WM zu seinen Gunsten. Mit 19 Punkten Vorsprung auf Rosberg ging er in die zweite Saisonhälfte, doch die vielen Probleme vom Saisonbeginn holten ihn in Belgien ein. Ein Power-Unit-Wechsel sorgte dafür, dass er vom letzten Platz ins Rennen gehen musste. Nach zwei Niederlagen gegen Rosberg in Monza und Singapur fuhr Hamilton in Sepang einem ungefährdeten Sieg entgegen, als sich sein Mercedes-Motor in der 40. Runde verabschiedete.

Hamilton war nach dem Defekt am Boden und beim darauffolgenden Rennen in Japan völlig neben der Spur. Er gewann zwar die letzten vier Saisonrennen und holte mit zehn Siegen einen mehr als Rosberg, doch am Ende des Jahres fehlten ihm fünf WM-Punkte auf den Stallgefährten. Dieser kam ohne einen Ausfall durch die Saison und hatte mit einer Sieges-Serie zu Saisonbeginn maximalen Profit aus Hamiltons Problemen geschlagen.