Pascal, wie wichtig war es für dich, jetzt beim Test in Bahrain wieder fahren zu können?
Pascal Wehrlein: Sehr wichtig. Ich habe die ganze Zeit sehnsüchtig darauf gewartet, zurückkehren zu können und wieder fahren zu dürfen. Das war bisher meine schwierigste Zeit. Ich hatte noch nie eine Verletzung, musste noch nie ein Rennen wegen einer Verletzung aussetzen und habe mir auch noch nie Knochen gebrochen. Deshalb wusste ich auch nicht, wie es sich mit den Schmerzen verhält und wie alles heilt. Im Endeffekt hat es nicht mal drei Monate gedauert, nach drei gebrochenen Wirbeln zurückzukommen. Deshalb bin ich jetzt super happy.

Du hast kürzlich Fotos auf Facebook gepostet aus der Zeit während deiner Verletzung. Wieso?
Pascal Wehrlein: Eigentlich wollte ich das gar nicht machen. Ich hatte eine Rückenverletzung - und dabei wollte ich es belassen. Ich wollte niemandem sagen, was für eine Verletzung ich genau hatte. Sauber, Mercedes und mein enges Umfeld wussten, wie schwer sie war. Ich bin jemand, der nicht alles in die Öffentlichkeit bringen muss. Dabei wollte ich es auch belassen.

Aber?
Pascal Wehrlein: Toto (Wolff;d.Red.) hat dann in Shanghai reinen Tisch gemacht und gesagt, was ich hatte. Im Nachhinein ändert sich ja nichts. Es hätte sich so oder so nichts geändert. Ich konnte in Melbourne und Shanghai nicht fahren. Und egal, ob wir öffentlich gesagt hätten, dass ich mir drei Wirbel gebrochen habe oder nicht - daran hätte sich nichts geändert. Das einzige, was sich geändert hat, ist vielleicht die Ansicht der Leute. Es hat ja davor schon einige Kommentare gegeben. Aber wie schon gesagt: Wenn es keine so schwere Verletzung gewesen wäre, hätte ich nicht so lange warten müssen.

Wehrlein postete diese Fotos auf Facebook und Twitter, Foto: Motorsport-Magazin.com/Twitter
Wehrlein postete diese Fotos auf Facebook und Twitter, Foto: Motorsport-Magazin.com/Twitter

Waren die Testfahrten hier jetzt für dich das beste Training?
Pascal Wehrlein: Ja, auf jeden Fall. Wenn man zurück im Auto ist, ist das das beste Training. Man kann die einzelnen Muskelgruppen natürlich auch so trainieren. Aber im Auto wirkt alles zusammen auf dich ein. 5G wirken ja nicht nur auf den Nacken ein, sondern auf den gesamten Körper. Füße, Stabilität, Rumpf - das spielt ja alles eine Rolle. Deshalb ist es das beste Training, selbst im Auto zu sitzen. Das wusste ich davor natürlich auch, aber ich konnte einfach nicht fahren wegen meines Rückens und meiner Fitness.

Du hast gesagt, dass du nach den einzelnen Sessions in Bahrain Schmerzen hattest. Was genau hat wehgetan?
Pascal Wehrlein: Hauptsächlich das Fahren über Bodenwellen und Kerbs. Weh getan hat es hauptsächlich da, wo die Verletzung war. Die Wirbel waren ja gestaucht. Wenn die Knochen dann wieder extrem zusammengedrückt werden, merke ich das im Rücken.

Würdest du deshalb jetzt vorsichtiger über die Kerbs fahren?
Pascal Wehrlein: Niemals! In Melbourne war es aber so. Da waren die Schmerzen noch so groß, wenn ich über Bodenwellen und Kerbs gefahren bin. Deshalb habe ich ja auch gesagt, dass ich nicht fahren kann, weil ich noch nicht fit genug bin. Zu der Zeit hatte ich ja noch nicht gesagt, dass ich drei gebrochene Wirbel habe. Es war einfach noch zu früh.

Es waren acht Wochen nach drei gebrochenen Wirbeln... Ich hatte Schmerzen im Rücken. Melbourne ist auch extrem wellig. Man fährt über viele Kerbs drüber, vor allem Außen-Kerbs. Bottas hat sich da zum Beispiel auch mal verletzt. Die Strecke ist einfach sehr anspruchsvoll für den Rücken. Jetzt bin ich schon happy, um wie viel es sich gesteigert hat innerhalb von drei Wochen - was Fitness, aber auch Schmerzen angeht.

Beim Test in Bahrain konnte Wehrlein weitere Kilometer sammeln, Foto: Sutton
Beim Test in Bahrain konnte Wehrlein weitere Kilometer sammeln, Foto: Sutton

Nach deinem intensiven Training der letzten Wochen hat nicht mal mehr dein Sitz richtig gepasst...
Pascal Wehrlein: Ja, wir haben viel Schaumstoff an verschiedenen Stellen angebracht, damit der Sitz besser passt. Wahrscheinlich machen wir nächste Woche einen neuen Sitz. Wir müssen aber schauen, wie es zeitlich passt. Die ganzen Sachen fliegen ja direkt nach Sochi. Es ist also noch nicht sicher, ob ich schon in Russland meinen neuen Sitze habe oder erst in Barcelona.

Bei deinem ersten Rennen bist du vor deinem Sauber-Teamkollegen Marcus Ericsson ins Ziel gekommen. Gibt das zusätzliches Selbstbewusstsein?
Pascal Wehrlein: Ich glaube, Selbstbewusstsein spielt bei mir keine große Rolle. Erstens habe ich mich dieses Wochenende nur auf mich selbst konzentriert. Zweitens weiß ich, dass ich schnell sein kann. Es muss halt alles passen: das Auto, ob ich mich wohl fühle, das Setup... Hier in Bahrain haben die Ingenieure das richtige Setup gefunden. Das ist ziemlich speziell, weil das 1. und 3. Training eigentlich komplett umsonst sind. Da darf man keine falsche Richtung einschlagen. Ich habe mich direkt wohlgefühlt im Auto und bin gut zurechtgekommen. Ob und wie viel ich dann vor Marcus war, hat für mich an diesem Wochenende nur eine kleine Rolle gespielt.

Wie viel Rückstand konntest du beim Bahrain-Test im Vergleich zu den anderen Fahrern aufholen?
Pascal Wehrlein: Jede Runde hilft. Vor allem jetzt in den folgenden paar Rennen werde ich natürlich einiges lernen. Ich bin ja am vergangenen Wochenende meine allererste Renndistanz im Sauber gefahren. Das war positiv und jetzt weiß ich in Sochi schon, was ich erwarten kann und wie sich das Auto verhält: Mit viel und wenig Benzin, wie sehr ich Reifen und Bremsen schonen muss und ab wann ich wieder richtig pushen kann. Das wird alles mit der Zeit kommen. Aber klar, jetzt am Anfang lerne ich noch am meisten.

Beim Renndebüt für Sauber verpasste Wehrlein die Punkte nur knapp, Foto: Sutton
Beim Renndebüt für Sauber verpasste Wehrlein die Punkte nur knapp, Foto: Sutton

Wo siehst du beim Auto die größten Defizite?
Pascal Wehrlein: Allgemein ist unser Auto noch nicht so weit wie die der anderen Teams. Wie ich gehört habe, hat das Team aus finanziellen Gründen sehr spät angefangen mit der Entwicklung. Ich glaube, deshalb haben wir im Vergleich zu anderen Teams auch so große Schritte seit den Barcelona-Tests gemacht. Einfach, weil die Entwicklungszeit bei uns viel kürzer war. Ich glaube, dass wir uns in allen Bereichen verbessern können und noch Potenzial haben. Es ist immer einfach zu sagen: Wir brauchen mehr Downforce und so weiter...

Du sagst, dass ihr noch große Schritte macht - aber kommen die nicht zu spät? An eurem Ferrari-Motor aus dem Vorjahr wird sich gar nichts mehr ändern...
Pascal Wehrlein: Schwer zu beurteilen. Für Bahrain hatten wir uns ja gar nichts ausgerechnet. Rein theoretisch hätte das eines der schlechtesten Rennen für uns werden sollen - weil wir eben einen Vorjahres-Motor haben. Passiert ist genau das Gegenteil. Wir hatten das beste Qualifying und das beste Rennen der bisherigen Saison. Platz elf war sehr gut und ich habe mit den Softs ewig fahren können. Ich war der einzige Fahrer mit nur einem Boxenstopp. Da hat man schon positive Signale gesehen.