Herr Steiner, im ersten F1-Jahr hat Haas positiv überrascht. Aber: Geht da überhaupt noch mehr?
Günther Steiner: Die Zielvorgabe fürs nächste Jahr ist einfach: Besser werden und weiter nach oben kommen.

Also Platz sieben in der Konstrukteurswertung nach P8 im vergangenen Jahr?
Günther Steiner: Genau. Das wäre schon besser. Oder einfach: Besser werden. Fortschritte machen.

Gegner ist unter anderem Werksteam Renault. War Haas letztes Jahr nur besser, weil Renault wenige Monate hatte, um das Auto zu entwickeln - Ihr Team hingegen zwei Jahre?
Günther Steiner: Nein. Die Umstände von Renault waren anders. Sie haben ein Team gekauft, das auf dem Weg nach unten war. Um bei so einem Team das Steuer wieder herumzureißen, brauchst du Jahre. Die haben Lotus gekauft und ihren Namen draufgeklebt. Wir haben es anders gemacht. Das war einer der Gründe, weshalb Herr Haas kein Team gekauft hat, sondern unser eigenes gegründet hat. Denn wenn du eins kaufen willst: Wenn ein Team gut ist, kannst du es nicht kaufen oder kriegst es nur zu einem blöden Preis. Das willst du nicht.

Und stattdessen ein kleineres Team?
Günther Steiner: Wenn du ein schlechtes Team kaufst, brauchst du Jahre, bis du es wieder raufgeholt hast und gibst dabei viel mehr Geld aus, als wenn du ganz neu anfängst. Das war bei uns die Idee dahinter. Nur Renault konnte nicht von Neuem anfangen. Es ist ein Konzern und das braucht zu lange. Denn wenn sie von neuauf anfangen, gibt es keine Entschuldigung. Wenn sie rauskommen, müssen sie vorne mit dabei sein.

Kann Haas auch 2017 für eine Überraschung in der F1 sorgen?, Foto: Sutton
Kann Haas auch 2017 für eine Überraschung in der F1 sorgen?, Foto: Sutton

Kann es für Haas so weitergehen, dass das Team noch eine Weile vor Renault bleibt?
Günther Steiner: Hoffentlich. Worauf wir vor allem in der Zwischenzeit hoffen: Wenn Renault stärker wird, wir vielleicht besser werden als die anderen privaten Mittelfeld-Teams. Ich möchte nicht, dass die schlechter werden. Ich möchte einfach, dass wir besser werden. Und die Zeit sollten wir nutzen, um auch nach vorne zu kommen. Wir können ja auch nicht stehen bleiben. Deswegen geht es darum, dass wir da aufholen und dann immer noch im Mittelfeld stehen.

Wäre es rückblickend besser gewesen, wenn Haas erst 2017 in die Formel 1 eingestiegen wäre?
Günther Steiner: Um in die Formel 1 einzusteigen, gibt es nie einen guten Moment. Es ändert sich immer etwas. Man könnte immer sagen, dass man es nächstes Jahr macht, weil es dann besser ist. Man könnte immer eine Ausrede oder eine Entschuldigung haben. Irgendwann muss man sagen: Ich mache es, oder ich mache es nicht - und mit den Konsequenzen leben und das Beste daraus machen.

Das ist dasselbe wie in einen kalten Swimming Pool zu springen. Du könntest immer sagen: Ich kann ein bisschen warten, bis es wärmer ist, oder? Dann springst du nie rein, denn ein kalter Swimming Pool ist immer kalt. Irgendwann muss man sagen: Okay, wir machen es. Und dann musst du damit leben. Wir wissen ja nicht, was 2018 kommt. Sagen wir mal, irgendetwas passiert mit diesen Autos und es gibt wieder eine große Regeländerung. Dann sagst du: Hey, wären wir doch ein Jahr später gekommen. Irgendwann muss man es machen und damit leben. Deshalb sind wir ja Männer.

Günther Steiner geht mit Haas ins zweite Jahr in der Formel 1, Foto: Sutton
Günther Steiner geht mit Haas ins zweite Jahr in der Formel 1, Foto: Sutton

Irgendwann muss man mit der Formel 1 ja auch Geld verdienen. Es kostet viel Geld, den Sport im Stillstand zu betreiben...
Günther Steiner: Genau. Du zeigst dich nie und bist dann immer am Abgrund: 'Soll ich springen, oder nicht? Oh, es ist kein guter Moment, ich warte noch'. Irgendwann muss man sagen, dass es jetzt realistisch ist. Irgendwann bist du dann ein Teil davon, und dann musst du mit dem Ding leben.

Kommen Haas die 2017er-Regeln zugute?
Günther Steiner: Schwierig zu sagen. Meiner Meinung nach ist es 50:50. Man muss immer sehen, was die anderen machen. Wir könnten sagen, dass es gelegen kommt, da jeder zurück auf Augenhöhe kommt. Aber es kann auch sein, dass es komplett daneben geht. Dass es nach hinten losgeht und du nicht so gut bist, wie die anderen.

Beim Team gibt es ja mit Gene Haas und Ihnen eine Doppelspitze. Würden Sie das so bezeichnen, und wie genau ist die Rollenverteilung?
Günther Steiner: Ich würde es so bezeichnen. Herr Haas nimmt aber am Tagesgeschäft nicht teil. Er nimmt an den großen Entscheidungen teil, wenn es darum geht, wo die Reise in den nächsten Jahren hingeht. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu ihm und verbringe am Rennwochenende sehr viel Zeit mit ihm. Aber unter der Woche oder unter dem Jahr ist er nicht in unserer Firma, sondern in Kalifornien. Aber ich spreche, wenn wir in der Fabrik sind, jeden zweiten Tag mit ihm. Es ist wie eine Doppelspitze. Er ist mein Chef, sozusagen.

Wie ist es während der Rennwochenenden?
Günther Steiner: Am Wochenende mischt er sich nicht in die Rennstrategie oder dergleichen ein. Er weiß, dass er seine Leute dafür hat. Und er muss ja eine riesige Firma leiten. Haas Automation, das ist sein Job. Er sagt immer: 'Ich habe eine Firma zu leiten. Das hier mache ich nebenbei. Ich komme zuschauen, aber ich will das nicht managen. Ich habe genug zu tun'.

Haas ist ein US-Team, aber in England beheimatet, Foto: Sutton
Haas ist ein US-Team, aber in England beheimatet, Foto: Sutton

Gibt es noch Überlegungen, einen Teil der Teamarbeit in die USA zu verlegen?
Günther Steiner: Im Moment behalten wir den Status quo bei. Jetzt haben wir uns aufgestellt und sind ziemlich happy damit. Wir benutzen den Windkanal in Maranello und lassen es mal so. In einem Jahr werden wir uns wieder hinsetzen und sehen, wo die Reise hingehen soll. Im Moment wollen wir nichts Neues oder Ungewisses reinbringen. Was wir machen, haben wir ziemlich im Griff. Und wir wollen jetzt nicht nochmal alles ändern, nur um es zu ändern.

Ist Gene Haas ein bisschen enttäuscht, weil das Team nicht so amerikanisch ist wie ursprünglich angedacht?
Günther Steiner: Nein, das ist für ihn okay. Er sagt, dass Wichtigste sei, dass wir als amerikanisches Team Erfolg haben. Und nicht, wo was gemacht wird, wer welchen Pass hat oder woher er kommt.

In Amerika wird das wahrscheinlich sowieso nicht wahrgenommen, oder?
Günther Steiner: Genau. Wo wir den Auspuff machen, ist den Leuten ziemlich egal. Der wird übrigens in Deutschland gebaut.