Der dritte deutsche Weltmeister in der Geschichte der Formel 1. Was bedeutet das?
Christian Danner: Das ist insofern toll, weil wir ja wirklich drei völlig unterschiedliche Charaktere hatten. Michael Schumacher war bodenständig und hat sich von ganz unten hochgekämpft, von der Kartbahn. Sebastian Vettel war Abiturient, jung, eine ganz andere Baustelle. Und jetzt haben wir einen Kosmopolit, der in Monaco aufgewachsen ist und so viele Sprachen spricht. Eine herrliche Mischung an Deutschen. Das zeigt, dass man, wenn man sich selbst treu bleibt, das erreichen kann, was man erreichen will. Das finde ich toll.

Das lästige Thema: Er hat die Weltmeisterschaft mit vier zweiten Plätzen nach Hause gefahren, was sein gutes Recht ist. Manche sagen aber, er hätte es nicht verdient.
Christian Danner: Wenn jemand sagt, dass er es nicht verdient hätte, hat er nicht richtig gerechnet oder hat kein gutes Kurzzeitgedächtnis. Es gibt ja auch die Punkte, die man ihm aufgrund dieser Funk-Strafe und anderen Strafen abgenommen hat. Wenn du das alles zusammenzählst... Entschuldige, aber es war ein totes Rennen. Die Beiden waren gleichgut. Die Tatsache, dass Rosberg jetzt eben härter fährt und dagegenhält, hat letztendlich den Ausschlag gegeben. Genau das hat letztes Jahr den Ausschlag für Lewis gegeben. Und vorletztes Jahr war es so knapp, als Nico hier in Abu Dhabi wegen einem Motorschaden verloren hat.

Das heißt, dass er nach der letzten Saison selber den Schalter umgelegt hat?
Christian Danner: Absolut. Und das bewundere ich sehr, wenn ein Formel-1-Rennfahrer, die sowieso die besten der Welt sind, auf diesem Niveau die Latte höher legen kann. Ganz konsequent und nicht aufhört, oder sagt, dass es jetzt irgendwie reicht, sondern höher und nochmal höher, und alle seine Schwachpunkte analysiert. Da muss ich ganz ehrlich sagen: Mein allergrößter Respekt. Ein toller und verdienter Weltmeister.

Jetzt haben wir ein sehr spannendes Finale gesehen, mit Lewis Hamiltons Taktik.
Christian Danner: Ja, da habe ich mir gedacht, das gibt es ja nicht! Und dann kommt Vettel noch mit seinen Supersofts. Ich habe selten das Gefühl, dass es außerhalb des Autos besser ist, als im Auto. Aber in dem Moment dachte ich mir, da jetzt im Auto sitzen und das Ding nach Hause fahren, ist der Horror. Und das hat der Nico ja auch bestätigt, dass es wirklich der Horror war.

Das hat er ja mehrmals überragend gemacht, jedes Mal die Kollision mit Verstappen vermieden und hier auch Verstappen überholt.
Christian Danner: Das war auch nicht ohne, das Überholmanöver gegen Verstappen. Das war klasse.

Also kann man ihm auch nicht vorwerfen, dass er die letzten vier Rennen nur spazieren gefahren ist?
Christian Danner: Nein, überhaupt nicht. Den Verstappen musst du erstmal überholen, ohne zu viel Risiko einzugehen. Das ist nicht leicht.

Wie ist das Verhalten von Lewis Hamilton zu bewerten? War das in Ordnung?
Christian Danner: Natürlich, völlig in Ordnung. Das hätte ich auch gemacht. Er hatte doch sonst keine Chance. Du musst doch, von den Chancen, die sich dir bieten, jede ausnützen und dabei fair bleiben. Und er hat ja kein Foul begangen. Er ist Rosberg nicht in die Kiste gefahren oder hat irgendetwas in der Richtung gemacht. Das war völlig in Ordnung und ich habe allergrößtes Verständnis. Das Problem ist nicht bei mir, sondern es liegt bei Mercedes. Denn Lewis hat damit einen Präzedenzfall geschaffen. Wenn Paddy Lowe, der Technische Direktor, der oberste technische Chef, nach dem Renningenieur selbst noch einmal sagt, dass es eine Anweisung ist, und die Antwort ist: "Der Sieg bringt mir eh nichts, was willst du eigentlich?" Dann hast du einen Präzedenzfall des Ungehorsams geschaffen, mit dem du das Chaos in einem so engen Kampf, wie dem zwischen Nico und Lewis, für das nächste Jahr vorprogrammierst. Deswegen glaube ich, dass das intern durchaus noch Nachwirkungen haben wird. Ich persönlich, aus der Rennfahrer-Perspektive, kann ihn völlig verstehen.

Hätte man sich die Instruktionen einfach sparen sollen, weil man wusste, dass Lewis es nicht machen wird, weil es um den WM-Titel geht?
Christian Danner: Nein. Da muss er schon eingreifen. Die sehen ja den Vettel und können das berechnen. Der Lewis hat sich nur gedacht: Der soll nur kommen, dann fahre ich halt wieder schneller. Aber nein, das ist aktiver Ungehorsam und das ist nicht so toll.

Wie hat Lewis seine Idee umgesetzt? Hätte er da etwas anders machen können?
Christian Danner: Der Lewis ist 1A gefahren, da kann man nichts sagen. Ich bin mir sicher, er hätte anderthalb Sekunden schneller gekonnt. Aber er hat alles versucht, fertig. Das war schon in Ordnung.