Dass die Testmöglichkeiten in der Formel 1 dieser Tage mehr als rar gesät sind, ist wahrlich kein Geheimnis. In Bezug auf die Teams dient das in erster Linie der Kostenkontrolle - versetzt man sich aber einmal in die Situation eines Reifenherstellers, der noch dazu als Monopolist agiert und sich damit bei wenig zufriedenstellenden Ergebnissen nicht einmal in einen Konkurrenzvergleich flüchten kann, gab es schon einfachere Zeiten in der F1 als die momentanen. Für das eben genannte möchte Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery das Bewusstsein und die öffentliche Wahrnehmung schärfen. Unter Umständen kommt ihm dabei ironischerweise sogar der kontroverse Test mit Mercedes in Barcelona entgegen, denn zumindest eines ist Pirelli derzeit sicher: Die uneingeschränkte Aufmerksamkeit aller. "Wir wurden zu jeder Richtung, die wir hier bis dato einschlagen haben, ganz klar gezwungen", verschaffte sich Hembery über die bisherige Stellung und Positionierung seines Unternehmens in der Königsklasse Luft.

"Es ist ziemlich hart, wenn man kritisiert wird und genau weiß, wie man die Dinge beheben oder ändern könnte, das aber nicht darf", polterte Hembery und fügte klar und deutlich an: "Das ist eine Situation, die wir so sicher nicht noch einmal mitmachen werden." Bereits beim Aufkeimen der Kritik an Pirelli im Zusammenhang mit dem Mercedes-Test hatte der italienische Monopolist umgehend mit einem Ausstieg gedroht. Beim Reifenlieferanten fühlt man sich schlecht behandelt: In der Öffentlichkeit herrsche ohnehin schon der Eindruck, man könne keine Reifen bauen, heißt es hinter vorgehaltener Hand - dabei seien der hohe Verschleiß und die sogenannten Show-Reifen genau das, was die Formel 1 von einem verlangt habe. Sollte man nun in einer Woche beim FIA-Tribunal in Paris auch noch vom Weltverband bestraft werden, sieht es für eine Weiterbeschäftigung Pirellis in der Königsklasse düster aus. Schaufelt sich der Sport somit also gerade sein eigenes Grab?

Gravierende Veränderung vonnöten

Der Unmut beim Gummihersteller ist in den letzten Wochen jedenfalls in bisher ungeahnte Höhen geschnellt. Während das FIA-Tribunal immer näher rückt, wird das Säbelrasseln parallel immer lauter. "Aus unserer Perspektive ist das alles nicht fair. Wir wollen dem Sport eigentlich nur helfen, deshalb sind wir hier", schüttelte Hembery den Kopf. "Unser Bestreben ist es, dass alle Teams das gleiche Material und den gleichen Service bekommen und wir wollen auch den Fans das liefern, was sie gerne hätten", ging der Brite in die Offensive. "Wir gewinnen jedes Rennen - der Unterschied ist nur: Uns ist es egal, wer gewinnt. Nicht egal ist uns aber, was danach gesagt wird." In diesem Bereich ortete Hembery massives Verbesserungspotenzial. "Wir hören und sehen all die Kommentare, die nun losgelassen wurden... und man muss sagen: Das ist sicher nichts, was man von einem Sport erwartet, von dem wir eigentlich Partner sind." Für die Zukunft erhoffte sich Hembery daher mehr Einfluss bei den Regeln und vor allem mehr Testfahrten.

"Wir wollen Veränderungen sehen und das Erste sind die Tests. Wir wissen noch nicht einmal die Details über die nächstjährigen Autos - von den Antriebssträngen her haben wir zwar ein paar Indikatoren, wie die sich wohl verhalten, aber auf ein Auto kriegen wir unsere Reifen vor Februar trotzdem nicht", machte der Motorsportchef die verzweifelte Lage seiner Firma deutlich. Früher habe es noch eine Arbeitsgruppe zum Thema Reifen gegeben, mit Abgestellten aller Teams. "Das war für die praktische Zusammenarbeit viel besser." Hembery hielt fest: "Wir müssen mit der FIA über Veränderungen sprechen. Wir kriegen die volle Unterstützung und Charlie [Whiting] ist dabei fantastisch", lobte Hembery den derzeit wegen der Test-Causa selbst schwer in der Kritik stehenden Renndirektor. "Er arbeitet gut mit uns zusammen, aber ganz allgemein gilt, dass wir in Zukunft eine Veränderung brauchen, um uns nicht mehr auf die Teams verlassen zu müssen." Hembery forderte: "Es muss eine Sache nur zwischen uns und der FIA sein - so ist das in den meisten anderen Meisterschaften, in denen wir involviert sind, ja auch."