1. Der Erfolgreiche

Breites Grinsen, weit aufgerissene Augen, den Zeigefinger in die Luft gestreckt: dieses Gesicht ist das wohl bekannteste von Sebastian Vettel. Eine solche Siegerpose zeigte der Red-Bull-Pilot schon nach beinahe unzähligen Qualifyings und Rennen. Bloß dabei zu sein, war noch nie sein Ansatz. Bereits in den Anfängen seiner Karriere fuhr Vettel in der Formel BMW von Erfolg zu Erfolg. Kleine Smiley-Aufkleber kennzeichneten seinen Siegeszug am Cockpit. Auch heute ist Vettel passionierter Pokalsammler. Der WM-Pokal gehört fast schon zum Haushaltsinventar.

"Große Leistungen sind bei allem Talent das Ergebnis harter Arbeit", betont Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko. Vettels erster Formel-1-Teamchef Mario Theissen machte in dessen BMW-Zeit eine außergewöhnliche Mischung aus Talent, Intelligenz und der nötigen professionellen Einstellung beim Deutschen aus. Vettel gibt eben niemals auf, er gibt sich nie mit Mittelmaß zufrieden. Eine Stärke, die unter Umständen aber auch ins Gegenteil umschlagen kann.

2. Der Trotzkopf

Vettel setzt gerne seinen Kopf durch, Foto: Sutton
Vettel setzt gerne seinen Kopf durch, Foto: Sutton

Bislang ging es für Vettel immer nur bergauf, in den Wochen nach dem Malaysia GP blies Sebastian Vettel erstmals ein kalter Wind ins Gesicht. Mit seinem Manöver gegen Teamkollege Mark Webber hat der Blondschopf aus Heppenheim gezeigt, dass in ihm nicht nur eine große Portion Selbstsucht schlummert, sondern auch eine ebenso große Portion Trotz. Der Boxenfunk seines Teams, Webber nicht anzugreifen, ging beim einen Ohr rein und beim anderen wieder raus - und es war nicht das erste Mal.

Schon 2011 gefiel Vettel die Anweisung des Teams nicht, in den letzten Runden langsamer zu fahren. Stattdessen ging er auf Zeitenjagd und knallte die schnellste Rennrunde auf den Asphalt - obwohl er wusste, dass dies seinem Team nicht gefiel. Geholfen hat es bekanntlich nicht. "Wir hätten ihm eine Kuh in den Weg stellen sollen", zeigte sich Christian Horner angesichts seines trotzköpfigen Fahrers nahezu schon resignierend. Vettels lapidare Erklärung für sein Verhalten lautete: "Manche Dinge entscheidet man aus dem Bauch heraus. Entweder man hat einen gewissen Killerinstinkt, oder man hat ihn nicht."

3. Der Reumütige

Sebastian Vettel ist ein Vollblutrennfahrer. Damit lässt sich einiges entschuldigen, aber nicht alles. Und so hörte man in den vergangenen Jahren immer mal wieder ein "Sorry" vom Weltmeister. Als er in Belgien 2010 in seinem Übermut Jenson Button abschoss, bat er den McLaren-Piloten in den Wochen darauf so oft um Verzeihung, dass es selbst Button zu peinlich wurde und er Vettel bat, mit dem zu Kreuze kriechen aufzuhören. Reumütig kroch Vettel auch des Öfteren bei Teamchef Christian Horner an - unter anderem weil er im letzten Jahr die Forderung "Box, box, box, stop the car" seines Renningenieurs Guillaume Rocquelin gekonnt ignorierte und den Malaysia GP zu Ende fuhr.

Ein Jahr später blieb es in Malaysia nicht nur bei einem lapidaren Buße tun. Der Deutsche bat nicht nur Horner und Webber um Verzeihung, sondern reiste extra in die Teamfabrik nach Milton Keynes, wo er sich bei jedem einzelnen Teammitglied persönlich entschuldigte. "Er hat gesagt, dass er die Uhr leider nicht zurückdrehen kann. Er weiß, dass er etwas Falsches gemacht hat", erzählte Horner über das Sorry des 25-Jährigen.

4. Der Humorvolle

Vettel liebt schwarzen Humor, Foto: Sutton
Vettel liebt schwarzen Humor, Foto: Sutton

Der Konkurrenz enteilte Sebastian Vettel in den vergangenen Jahren ein ums andere Mal. Der Schalk saß ihm jedoch stets direkt im Nacken. "Man lebt nur einmal, darum ist es wichtig, zu lachen, wann immer man kann", erklärt Vettel. Kaum ein Interview, in dem er nicht seine humoristische Seite zeigt. Wichtige Veränderungen im Vergleich zum letzten Rennen? "Ich habe die Schuhe, Socken und Unterwäsche gewechselt!" Wie funktioniert so ein F-Kanal - Knie, Ellenbogen, Hand? "Ich muss die Arschbacken zusammenkneifen."

Vettel kann nur wenig die gute Laune verderben, dann ist aber schnell Schluss mit lustig. Ansonsten erinnert er noch immer an den gleichen Lausbuben wie zu Beginn seiner Formel-1-Karriere. Auch eine gehörige Portion Selbstironie und sein geliebter schwarzer Humor gehören bei Vettel oftmals dazu. Als er bei der Red-Bull-Präsentation darauf angesprochen wurde, ob er in dieser Saison erneut die Weltherrschaft anstrebe, sagte er nur grinsend: "Weltherrschaft? Ich bin Deutscher, aber das habe ich nicht gesagt. Ich trage ja auch keinen Schnauzbart..."

5. Der Teammensch

Rauch steigt auf, die Köpfe sinken und die Führung endet jäh am Streckenrand. Nur Sebastian Vettel lässt sich von seinem Ausfall beim Korea GP 2010 nicht unterkriegen. Statt den Kopf hängen zu lassen und einem höchstwahrscheinlich verpassten Titel nachzutrauern, richtet Vettel das gesamte Team wieder auf - vom Mechaniker in der Box bis zum Teamchef am Kommandostand. Vettel weiß genau, wie er seine Crew hinter sich bekommt und was er ihr zu verdanken hat, wenn sie mal wieder eine zusätzliche Nachtschicht einlegen muss.

Die vorwiegend englischen Mechaniker lieben seinen Sinn für britischen Humor, etwa wenn er mit ihnen gemeinsam einen 'schmutzigen' Namen für sein Auto bestimmt. Das schafft ein 'Wir'-Gefühl und stärkt die Beziehung zum Team. Für Vettel ist es nicht nur Show, wenn er die Fotos oder Namen seiner Mechaniker auf dem Helm trägt oder sich von diesen den Kopfschutz für das Heimrennen designen lässt. Aber es gibt noch ein weiteres Gesicht des Sebastian Vettel...

6. Der Laute

Vettel weiß seine Truppe nicht nur mit Siegen zu motivieren, Foto: Red Bull
Vettel weiß seine Truppe nicht nur mit Siegen zu motivieren, Foto: Red Bull

Der Motivator Vettel kennt nicht nur die subtilen, leisen oder humoristischen Töne. Wenn etwas in die falsche Richtung läuft, kann er auch die Stimme erheben und laut werden. "Er kann schon mal sehr ungeduldig sein und auch mal laut werden, wenn es nicht nach seiner Nase geht", bestätigt seine Pressebetreuerin Britta Roeske. Schon in den Nachwuchsserien sagte Vettel stets seine Meinung und stand zu dieser.

"Sebastian sprach die Dinge an, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass Nachwuchsfahrer eine andere Rolle spielen sollten im Vergleich zu den Teamchefs", erinnert sich Helmut Marko an die Formel-3-Zeit des Dreifach-Champions zurück. Dieses Vorgehen hat sich bis heute nicht geändert. Vettel ist nur noch zielorientierter, erfahrener und souveräner im Umgang mit seinem Team geworden. Und wer Leistung bringt, darf bei wichtigen Themen auch einmal etwas härter mit den Seinen ins Gericht werden.

7. Der Weltoffene

Rennfahrern eilt der nicht gerade rühmliche Ruf voraus, ihr Horizont beschränke sich nur auf das Auto und die Rennstrecke. Sebastian Vettel stellt den perfekten Gegenbeweis dar. Schon seit jeher interessiert er sich dafür, was außerhalb der Rennstrecke geschieht. Denn er weiß, dass die Glitzerwelt der Formel 1 nichts mit der realen Welt gemein hat. Er macht sich Gedanken und formuliert Missstände klar und deutlich.

So kam es schon vor, dass er auf der offiziellen FIA Pressekonferenz plötzlich von seinen üblichen Antworten zum Renngeschehen abwich und über die unterschiedlichen Wertevorstellungen in Europa und Indien sinnierte. Gleichzeitig bewies er mit auswendig gelernten Sätzen wie "Aap ki aankhen bohot khoobsurat hai!" ("Danke, Sie haben schöne Augen"), die ihm nahezu akzentfrei über die Lippen kamen, unglaubliches Taktgefühl gegenüber der einheimischen Bevölkerung. Vettel hat eben nicht nur eine ernste und nachdenkliche Seite, sondern verzaubert mit seinem Charme Fans und TV-Publikum.

8. Der Privatmensch

Vater Norbert Vettel in Monaco, Foto: Sutton
Vater Norbert Vettel in Monaco, Foto: Sutton

Nicht nur bei den Gegnern kennt Sebastian Vettel kein Pardon, sondern auch wenn es um sein Privatleben geht. Wer Familienmitgliedern oder seiner Freundin Hannah auflauert bzw. seinem Privatgrundstück auf der Schweizer Seite des Bodensees zu nahe kommt, der hat hoffentlich einen guten Anwalt. Der 25-Jährige versteht keinen Spaß, wenn es um seine Privatsphäre geht. Niemals würde er vor der Linse der weltweiten Presse mit seiner Freundin durch das Fahrerlager schlendern.

Auch über einen Account auf Twitter oder Facebook verfügt Vettel nicht, obwohl es unter den aktuellen F1-Piloten fast schon zum guten Ton gehört. "Alles geht sofort um die Welt, weil das Internet ständig gefüttert werden muss", erklärt Vettel seine Abneigung gegen soziale Netzwerke. Der Dreifach-Champion mag es ruhig und beschaulich, jegliches Stargehabe ist ihm zuwider. Privat fährt er keinen Luxusboliden, sondern einen klassischen Fiat 500. "Luxus bedeutet mir nichts. Ich bevorzuge statt Geld lieber Pokale und Rekorde."