Im Dezember 2010 setzte mit dem arabischen Frühling in weiten Teilen Afrikas und des Nahen Ostens eine Serie von Protesten und Aufständen ein, die das Ziel hatten, die Machthaber zu stürzen, um der Bevölkerung mehr politische Freiheiten einzuräumen. Während die Revolten in Ländern wie Tunesien, Ägypten und Libyen Erfolge nach sich zogen, blieb die Lage in Bahrain unverändert und zusehends wurde sogar die Formel 1 für politische Zwecke missbraucht.

Ein kleines Königreich

Bahrain ist ein kleiner, aus 33 Inseln bestehender Staat im Persischen Golf und zählt etwas mehr als 1,2 Millionen Einwohner. Betrachtet man diverse demographische Daten, hat das Land wenig mit anderen Mitgliedern der arabischen Welt gemein, denn so befindet sich Bahrain im Human Development Index, der die Staaten der Erde bezüglich Bildung, Gesundheit und Einkommen beurteilt, auf dem 48. Platz und somit deutlich vor Nationen wie Tunesien (94.), Ägypten (112.) oder Marokko (130.). Auch die Menschrechtssituation wird von internationalen Organisationen als relativ fortschrittlich bezeichnet.

Die Skyline von Manama, Foto: Sutton
Die Skyline von Manama, Foto: Sutton

Die Staatsform Bahrains ist eine konstitutionelle Monarchie, der seit 1999 König Hamad bin Isa el Khalifa vorsteht, Regierungschef ist seit 1971 Prinz Khalifa bin Salman el Khalifa. Die Führungsriege des Landes war es auch, die sich für den Bau des Bahrain International Circuit stark machte. Hier tat sich vor allem Scheich Salman bin Hamad bin Isa Al Chalifa hervor, der Kronprinz des Landes und zudem auch Präsident der Bahrain Motor Federation ist. So kam es, dass die Formel 1 im Jahre 2004 erstmals in den Wüstenstaat reiste, um auf einer im Zirkus wenig beliebten Strecke ihre Runden zu drehen.

Schiiten begehren auf

Auf den ersten Blick scheinen die Verhältnisse in Bahrain also durchaus geordnet, doch der Konflikt, der das Land in Atem hält, beruht auf religiösen Spannungen. Während die Führungselite Bahrains aus Sunniten besteht, sind rund 70 Prozent der Bevölkerung schiitische Moslems, die sich diskriminiert fühlen. Dies äußert sich etwa auf dem Arbeitsmarkt und bei der Wohnungssuche und wird von der Regierung noch verstärkt, indem sie sunnitische Gastarbeiter in das Land holt.

Als im Winter 2010/11 in zahlreichen anderen arabischen Ländern Proteste und Demonstrationen losbrachen, schlossen sich die Bürger Bahrains an und erhoben sich gegen die Staatsführung. Diese versuchte das drohende Unheil mit Geldgeschenken an Familien sowie erhöhter Pressefreiheit noch abzuwenden, scheiterte jedoch mit ihren Plänen.

Die Bahrain International Circuit, Foto: Bahrain International Circuit
Die Bahrain International Circuit, Foto: Bahrain International Circuit

Am 14. Februar 2011 zogen schließlich vor allem schiitische Jugendliche auf den Perlenplatz der Hauptstadt Manama, woraufhin das Regime mit Gewalt reagierte und mehrere Demonstranten erschießen ließ. Es formierte sich ein Trauerzug von rund 15.000 Menschen und in den nächsten Wochen sollte auch das Finanzviertel der Stadt blockiert werden. All diese Vorfälle führten schlussendlich auch dazu, dass erstmals in der Geschichte der Formel 1 ein Grand Prix aus politischen Gründen abgesagt werden musste - die Sicherheit konnte nicht mehr gewährleistet werden.

Die Unzufriedenheit bleibt bestehen

Hatten die Demonstranten zu Beginn noch die Verbesserung der Stellung der Schiiten, den Kampf gegen die Korruption und die Freilassung von Aktivisten gefordert, richtete sich der Protest bald gegen das Regime selbst. Man wollte den König zum Rücktritt bewegen, der den Ausnahmezustand ausrief und ankündigte, die beiden größten Oppositionsparteien zu verbieten. Der Ausnahmezustand wurde am 1. Juni 2011 wieder aufgehoben und im Folgemonat eröffnete die Regierung ein Dialog-Forum, an dem 300 Bürger teilnehmen sollten, darunter jedoch nur 35 Oppositionelle. Aus Protest kündigte die schiitische Wifaq-Partei die Zusammenarbeit auf und boykottierte die Parlamentswahlen im September.

Am 15. Januar 2012 gab König Hamad bin Isa el Khalifa bekannt, einen Vorschlag des Dialog-Forums verwirklichen zu wollen, der eine Verfassungsänderung vorsah - die Abgeordneten sollten künftig über die politischen Programme der Machthaber abstimmen dürfen. Der Opposition gingen diese Änderungen nicht weit genug, sie fordert eine gewählte Regierung und weniger Macht für das Könighauses. Anfang Mai 2012 lautete der Vorschlag, das Parlament dürfe fortan eine neu gewählte Regierung ablehnen oder akzeptieren und die Parlamentarier von den Ministern Rechenschaft verlangen. Die Opposition hingegen forderte, dass das Parlament und nicht der König den Regierungschef zu bestimmen habe und setzte die Demonstrationen bis zum heutigen Tage fort.

Die Formel 1 wird zum Thema

Im Vorjahr konnte der Große Preis von Bahrain zwar stattfinden, wurde aber von Protesten begleitet, welche von der Polizei mit Tränengas niedergeschlagen wurden. Auf Twitter kursierten Meldungen unter Hashtags wie "BloodyF1" und "NoF1". Viele Journalisten verzichteten daher auf eine Reise in den Wüstenstaat, zumal die Sicherheit für ausländische Gäste nicht zur Gänze gewährleistet schien. Diese Befürchtungen bestätigen sich, als ein Bus mit Teammitgliedern von Force India in einen Tumult geriet und mit einer Benzinbombe attackiert wurde.

Am kommenden Wochenende steht der Bahrain GP abermals auf dem Programm. Erneut kam es in den vergangenen Tagen zu Protesten, weitere Kundgebungen sind geplant. Zwar soll das Rennen nicht behindert werden, doch die Opposition möchte sich das gesteigerte Medieninteresse zu Nutze machen. Die Initiative steht unter dem Slogan: "Demokratie, das ist unser Recht."

Die Stimmung im Formel-1-Zirkus ist weiterhin gespalten. Während Damon Hill dafür plädiert, den Grand Prix abzusagen, um die Situation der Bürger Bahrains nicht weiter zu verschlechtern, ist Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost anderer Meinung. "Wir sollten nach Bahrain gehen und das Rennen fahren. Unser Fokus sollte allein darauf liegen, die politischen Themen soll jemand anderes lösen", so der Österreicher. Bernie Ecclestone spielte die Lage jüngst herunter und stellte sogar die Aufstände in Frage. "Was ist passiert?", fragte er. "Sie demonstrieren jetzt? Das wusste ich nicht. Niemand demonstriert."