Sebastian Vettel erlebte - feiern wäre hier definitiv der falsche Ausdruck - den wohl denkwürdigsten Sieg seiner Karriere. Was war passiert? Der Red-Bull-Kommandostand hatte während des Malaysia GP beide Piloten nach den letzten Boxenstopps angewiesen, die Positionen eins und zwei zu halten. Mark Webber lag zu diesem Zeitpunkt vor Sebastian Vettel und so sollten beide mit gedrosselter Leistung und reifenschonendem Fahren ins Ziel kommen.

Doch Sebastian Vettel hielt sich nicht an diese Anweisung und überholte seinen Teamkollegen in einem harten Zweikampf. Warum, ist die große Frage, die auch der dreifache Weltmeister nach dem Rennen nicht wirklich beantworten konnte. "Ich hatte nicht vor, die Anweisung zu ignorieren, ansonsten wäre ich nicht so viel Risiko eingegangen, an ihm vorbeizugehen. Ich würde gerne mit einer schönen Geschichte, einer schönen Entschuldigung um die Ecke kommen, aber das kann ich nicht. Das ist die Wahrheit", erklärte Vettel. "Ich kann Marks Frustration vollkommen verstehen, und auch dass das Team nicht glücklich mit dem ist, was ich heute gemacht habe. Ich schulde ihm und dem Team eine ordentliche Erklärung."

Kein glücklicher Sieger

Der Heppenheimer erläuterte, dass er den Funkspruch gehört und verstanden, jedoch nicht befolgt habe, ohne genau erklären zu können, warum. "Mark hat versucht, das Auto und die Reifen zu schonen. Es hätte mir klar sein müssen, aber ich habe das große Risiko in Kauf genommen, um trotzdem an ihm vorbei zu ziehen", gestand er. "Ich habe einen großen Fehler gemacht. Ich hätte da bleiben sollen, wo ich war. Ich hab's verbockt", zeigt er sich selbstkritisch. Das Team spreche vor dem Rennen oftmals derartige Taktikspielchen durch und was man im Fall der Fälle tun wird. "Normalerweise kommt es nicht dazu, aber heute schon und ich hätte die Anweisung in die Tat umsetzen sollen. Ich habe die Anweisung bekommen und ich habe sie ignoriert", gab er sich einsichtig.

"Wenn wir in der Vergangenheit eine Situation hatten, in der wir nah beieinander waren, dann haben wir immer gekämpft. Aber mit der Situation heutzutage, mit den Reifen, bei denen man nicht weiß, wie lange man fahren kann, da war es ein extrem großes Risiko, das Rennen von uns beiden zu zerstören, und nicht auf Position eins und zwei ins Ziel zu kommen", erläuterte Vettel. Nur zwei oder drei Runden des engen Zweikampfes hätten die Reifen derart belasten können, dass beide Red-Bull-Piloten weit nach hinten hätten fallen können, räumte er ein.

"Ich bin kein glücklicher Sieger. Ich habe einen Fehler gemacht und würde ihn gerne rückgängig machen, aber ich kann es nicht. Es ist momentan kein großartiges Gefühl und es wird sicher nicht einfach sein, heute Abend einzuschlafen. Ich schulde Mark und dem Team eine ordentliche Erklärung", betonte er. "Ich will ehrlich sein und die Wahrheit sagen und mich entschuldigen, auch wenn ich weiß, dass das Mark jetzt auch nichts mehr hilft." Während des Rennens sei ihm nicht bewusst gewesen, welche Auswirkungen sein Zuwiderhandeln hat, doch das änderte sich schnell, als er im Parc fermé ankam. "Als ich dann meinen Helm abgezogen und gesehen habe, dass Mark nicht glücklich war, und ganz kurz mit ihm geredet habe, hat er es ziemlich direkt auf den Punkt gebracht. Dann schlägt es ein wie ein Blitz."

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Was war heute mit Sebastian Vettel los? Ist sein Ehrgeiz mit ihm durchgegangen? Hat er den Blick für das Ganze verloren und schaut nur noch auf die Fahrerwertung? Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich das aus seinen Antworten nicht herauslesen, vielleicht werden wir es auch nie erfahren. Ebenso wird wohl unklar bleiben, was Vettel meinte, als er sagte, er sei sich nicht bewusst gewesen, was er tat und es sei ihm erst nach dem Rennen klar geworden. Denn bislang war er eher als ein "verkopfter" Fahrer bekannt, der im Rennen sogar historische Ereignisse rekapitulieren kann. War das heute nur ein Aussetzer? Hoffentlich, kann man nur sagen, denn anderenfalls hat es sich auch ein dreifacher Champion mit seinem Team gründlich verscherzt und hat auch bei anderen Teams einen schweren Stand. Denn dass Ferrari - mit denen Vettel ja immer wieder in Verbindung gebracht wird - irgendwann einen Piloten verpflichten würde, der sich nicht an Teamorder hält, halte ich für ebenso wahrscheinlich wie dass Vettel und Webber dieses Jahr zusammen Weihnachten feiern. (Annika Kläsener)