Nachdem Mercedes am Donnerstag bereits einen neuen Frontflügel getestet hatte, gesellte sich am Freitag eine weitere Entwicklung am F1 W04 hinzu. Diesmal war die Innovation allerdings im Heckbereich des Boliden zu finden. Nachdem das Verbot des aktiven Doppel-DRS im vergangenen Jahr beschlossen war, konzentrierten sich Lotus und Mercedes auf die Entwicklung eines passiven Systems.

Am Lotus sind die Lufteinlässe neben der Airbox noch nicht offen, Foto: Sutton
Am Lotus sind die Lufteinlässe neben der Airbox noch nicht offen, Foto: Sutton

Rückblick: Mercedes präsentierte vor einem Jahr ein System, das bei der Aktivierung des DRS zwei kleine Löcher zum Vorschein kommen lies. Das obere Blatt des Heckflügels klappte nach oben und die Luft strömte zwischen den beiden Elementen hindurch - und in die beiden mysteriösen Löcher. Von dort wurde die Luft durch das gesamte Auto bis zum Frontflügel geführt, wo sich an der Unterseite ein Auslass befand, der die Strömungen an entsprechende Stellen am Unterboden leitete. Das bedeutete einen Zusätzlichen Gewinn der Höchstgeschwindigkeit bei aktiviertem DRS.

Schon beim Großen Preis von Deutschland präsentierte Lotus eine alternative Variante. Das als passives Doppel-DRS bezeichnete System baut jedoch nicht mehr auf das Umklappen des oberen Flügelelements auf. Je nach Variante gibt es hinter oder neben der Airbox eine oder zwei zusätzliche Öffnungen, in die Luft einströmt. Diese einströmende Luft wird dann an zwei verschiedenen Stellen wieder ausgeblasen.

Bei hohen Geschwindigkeiten zwischen den beiden Elementen des Heckflügels - um den Luftwiderstand zu reduzieren, bei niedrigen Geschwindigkeiten mittig hinter der Motorabdeckung. Ein Staudruckmesser sorgt dafür, dass die Luft an richtiger Stelle wieder abgelassen wird. Für die Leitung zur Unterseite des Heckflügels ist ein vertikaler Steg vom Fahrzeugheck nötig, weshalb schnell zu sehen ist, ob ein solches System installiert ist.

Schon auf den ersten Bildern waren die Einlässe des E21 zu sehen, Foto: Lotus
Schon auf den ersten Bildern waren die Einlässe des E21 zu sehen, Foto: Lotus

Die Kalibrierung des Systems ist äußerst diffizil. Vor allem auf Strecken mit schnellen Kurven kann es schnell gefährlich werden. Denn wird die Luft in einer schnellen Kurve fälschlicherweise am Heckflügel ausgeblasen, fehlt plötzlich Anpressdruck auf der Hinterachse und ein Hochgeschwindigkeitsunfall kann die Folge sein.

Auf Strecken mit schnellen Kurven bietet die Vorrichtung also eher geringere Vorteile, weil es so konfiguriert werden muss, dass in schnellen Kurven der volle Abtrieb sichergestellt sein muss und deshalb erst bei noch höheren Geschwindigkeiten einen Vorteil bringt. Auf Strecken mit ausschließlich langsameren Kurven - denn eine einzige schnelle Kurve sorgt schon dafür, dass eine andere Einstellung gewählt werden muss - ist der Vorteil schon relevanter.

Bislang testete in Jerez nur Mercedes das passive Doppel-DRS, das inzwischen auch als DRD (Drag Reduction Device) bezeichnet wird, um eine deutlichere Abgrenzung zum eigentlichen DRS sicherzustellen, mit dessen Aktivierung es nicht zusammenhängt. Lotus zeigte bei der Präsentation des E21 schon 'Ohren' neben der Airbox, die ebenfalls für eine entsprechende Vorrichtung gedacht sind. Bislang fuhren die Briten allerdings noch mit 'Ohropax' und ohne Steg zum Heckflügel. Auch andere Teams haben verkündet an einer ähnlichen Vorrichtung zu arbeiten.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Nachdem Mercedes nach der Präsentation des F1 W04 und den ersten beiden Testtagen Hohn und Spott über sich ergehen lassen musste, schlagen die Silberpfeile jetzt zurück: 148 Runden an einem Tag, ein komplett neuer Frontflügel und das erste Team mit passivem Doppel-DRS am neuen Boliden. Diese Fakten machen den Fans Mut.

Doch auch im letzten Jahr sah die Mannschaft von Teamchef Ross Brawn nach den Testfahrten gut aus. Der Saisonverlauf zeigte jedoch, dass sich Mercedes mit dem komplizierten Doppel-DRS verzettelt hatte. Das neue System ist gewiss nicht minder kompliziert, die Stuttgarter sollten ihre Lehren aus dem Vorjahr ziehen. Wie groß der Vorteil einer funktionierenden Vorrichtung ist, ist umstritten. Lotus Technikdirektor James Allison geht jedenfalls nicht davon aus, dass es sich dabei um eine 'Patentlösung' handelt.