Das Auto

Sauber lässt sich mittlerweile mit Fug und Recht zu den Traditionsteams der Formel 1 zählen, denn lediglich Ferrari, McLaren und Williams sind länger als der schweizerische Privatrennstall in der Königsklasse engagiert. In diesem Jahr tritt die Mannschaft aus Hinwil so stark wie vielleicht noch nie auf, sodass nach elf Rennen bereits 80 Punkte gesammelt wurden, womit man in der Konstrukteurs-Wertung den sechsten Platz belegt und in Schlagdistanz zu Mercedes steht.

Bereits beim Saisonauftakt in Australien offenbarte sich das große Potenzial des C31, als Kamui Kobayashi und Sergio Perez die Ränge sechs und acht belegten - und das, obwohl der Mexikaner wegen eines Getriebewechsels als Letzter starten musste. An der Entwicklung des Wagens wirkte unter anderem James Key entscheidend mit, der technische Direktor verließ das Team jedoch kurz vor der Präsentation.

"Wir haben das beste Auto, seit wir in der Formel 1 sind", jubelte Teamchef Peter Sauber angesichts der Ergebnisse, die ihm seine jungen Piloten bescherten. Perez belegte in Malaysia den zweiten Platz und lieferte dem Team damit das beste Resultat seiner Historie, wenn man die BMW-Ära ausklammert. Besonders auf Kursen mit schnellen Kurven kann der C31 seine Stärken ausspielen, der zudem mit den Reifen äußerst sparsam umgeht, was in vielen Rennen den Schlüssel zum Erfolg darstellte. Luft nach oben gibt es hingegen im Qualifying, denn Kobayashi und Perez mussten sich im Rennen oftmals erst aus dem dichten Mittelfeld den Weg nach vorne bahnen.

Team und Fahrer

Neben Peter Sauber hält Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn die Zügel in der Hand. Die Wienerin ist die designierte Nachfolgerin des Teamchefs und verfügt seit Mai über ein Drittel der Anteile des Rennstalls. Ein genaues Datum für die Machtübergabe existiert jedoch nicht, Sauber bekräftigte nur mehrmals, dass er im Alter von 70 Jahren nicht mehr an der Boxenmauer stehen möchte. Eins von Kaltenborns größten Anliegen ist die Durchsetzung einer Budgetobergrenze in der Formel 1, da damit jedes Team seine besonderen Stärken ausspielen könnte. Für Schlagzeilen sorgte die Partnerschaft Saubers mit dem Fußballclub Chelsea, dessen Emblem nun auf dem Chassis prangt. Synergien sollen hier vor allem im Bereich der Nachwuchsförderung entstehen.

In Valencia schlug Kamui Kobayashi über die Stränge, Foto: Sutton
In Valencia schlug Kamui Kobayashi über die Stränge, Foto: Sutton

Wie im Vorjahr vertraut Sauber auf die jungen Piloten Sergio Perez und Kamui Kobayashi. Mittlerweile verfügen beide über ausreichend Erfahrung, was sich auch in den Resultaten widerspiegelt. Der Mexikaner und der Japaner rangieren in der Weltmeisterschaft auf den Plätzen neun und zehn, wobei Kobayashi im Qualifying-Duell die Nase knapp vorne hat. Perez' große Stunde hätte beinahe in Malaysia geschlagen, als er den in Führung liegenden Fernando Alonso gehörig unter Druck setzte, aufgrund eines Fahrfehlers jedoch nicht an ihm vorbeigehen konnte. Dennoch reichte es als Zweiter zum Sprung auf das Podium und auch in Kanada durfte sich der 22-Jährige nach Rang drei über einen Pokal freuen. Kobayashi gilt indessen als einer der besten Überholer im Feld, sorgte zuletzt aber vermehrt für negative Schlagzeilen, da er in Silverstone seine Boxencrew über den Haufen fuhr und in Valencia mit Bruno Senna und Felipe Massa kollidierte.

Da die Formel 1 ein äußerst schnelllebiges Geschäft ist, wurde Perez rasch als möglicher Nachfolgekandidat für den schwächelnden Massa bei Ferrari genannt und sogar ein Wechsel noch in der laufenden Saison schien nicht ausgeschlossen. Diesen Gerüchten schob Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo jedoch bald einen Riegel vor. "Perez ist ein guter Fahrer, aber er braucht noch mehr Erfahrung", sagte der Italiener. "Ich denke, er ist einer der potenziell besten Fahrer für die Zukunft, aber bevor man einen jungen Fahrer in einen Ferrari setzt, braucht er mehr Erfahrung und Resultate."

Aufgrund seiner ungestümen Manöver wurde zuletzt auch medial an Kobayashis Stuhl gesägt - unter anderem sollen Heikki Kovalainen und Jaime Alguersuari Kandidaten für die Nachfolge des Japaners sein. Kaltenborn betonte allerdings, dass Sauber in der Piloten-Frage nicht unter Druck stehe. "Im Moment interessieren mich nur zwei Fahrer, und zwar die, die in unseren Autos sitzen", sagte die 41-Jährige. "Wir können in dieser Saison noch viel erreichen, die Fahrer spielen dabei eine Schlüsselrolle."

Ausblick auf die zweite Saisonhälfte

Legt man das Ergebnis des letzten Rennens am Hungaroring zu Grunde, müsste sich Sauber gehörige Sorgen machen, denn Perez und Kobayashi kamen nicht über die Plätze 14 und 18 hinaus. Dass dies jedoch nicht die generelle Performance des Teams widerspiegelte, zeigten die zahlreichen starken Leistungen im Saisonverlauf, weshalb Monisha Kaltenborn zuversichtlich in die Zukunft blickt. "Ich bin sehr entspannt, vielleicht auch etwas enttäuscht, aber das hält sich in Grenzen, denn ich weiß, dass wir ein konkurrenzfähiges Auto haben", erklärte sie nach dem Grand Prix im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Sauber möchte nach Mercedes greifen, Foto: Sutton
Sauber möchte nach Mercedes greifen, Foto: Sutton

In der Fahrerwertung scheinen weder für Perez noch Kobayashi große Sprünge möglich, da Romain Grosjean auf Platz acht liegend bereits über einen komfortablen Punktepolster verfügt. Angesichts der zuletzt dürftigen Performance von Mercedes mutet es bei lediglich 26 Punkten Rückstand aber nicht utopisch an, das deutsche Team noch abzufangen, was für die Privatiers aus Hinwil freilich besonderen Anlass zum Jubeln bedeuten würde. "Einerseits möchte ich meinen ersten Podiumsplatz in der Formel 1 holen, denn das ist mit diesem Auto definitiv möglich. Andererseits hat unsere Position in der Teamwertung Priorität, und dafür müssen wir vor allem regelmäßig punkten", formulierte Kobayashi, der in Hockenheim mit Platz vier das beste Ergebnis seiner Karriere erreichte, seine Ziele für die zweite Saisonhälfte.

Auch finanziell scheint Sauber gut aufgestellt zu sein - nicht zuletzt aufgrund des mexikanischen Industriellen Carlos Slim, der dem Team über seinen Telefonkonzern Telmex üppige Sponsorengelder zukommen lässt. Sollte Perez das Team jedoch verlassen, muss das nicht zwangsläufig das Ende der Partnerschaft bedeuten, denn mit Esteban Gutiérrez stammt auch der Testpilot aus Mexiko und zudem verlautbarte Slim vor einigen Wochen, dass er und seine Firma sich dem Projekt Sauber generell verpflichtet sehen würden. Die Zeiten, in denen Sauber ohne jeglichen Sponsorenaufdruck unterwegs war, sind definitiv vorbei.