Mücke Motorsport hat vielen privaten Rennställen im Motorsport eines voraus: Auch den Nicht-Insider der Szene ist der Traditionsstall aus Berlin bestens bekannt. Das liegt vor allem an zwei Faktoren: Zum einen hatte das Team um Chef Peter Mücke großen Anteil am Werdegang von Sebastian Vettel, zum anderen ist da das seit 2005 bestehende Engagement in der DTM. Doch Mücke Motorsport ist viel mehr als nur Vettel und DTM. Die Kaderschmiede bringt seit ihrem Bestehen 1998 Motorsport-Talente am laufenden Band hervor. Das derzeitige Ergebnis: sechs ehemalige und aktuelle Formel-1- sowie fünf DTM-Piloten schafften den Sprung von Mücke nach ganz oben.

So ziemlich jeder kennt die Geschichte, als Vettel 2004 mit Mücke Motorsport in der damaligen Formel BMW zu 18 Siegen aus 20 Rennen fuhr und damit den Weg für seine drei F1-Weltmeisterschaften ebnete. Dass der Red-Bull-Star im Folgejahr in der Formel 3 Euro Serie nicht einen einzigen Sieg einfahren konnte und nur Gesamtfünfter wurde, wissen hingegen die wenigsten. Peter Mücke musste dem Jungspund aus Heppenheim erst einmal erklären, dass die Welt in der Formel 3 anders tickt. "Ich würde nicht sagen, dass sie immer wissen, was auf sie zukommt", sagt Mücke im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Das liegt in der Natur der Sache: Die Fahrer sind jung und entwickeln sich noch. Der Schritt in die Formel 3 ist riesengroß."

Vettel 2004 bei Mücke Motorsport, Foto: Sutton
Vettel 2004 bei Mücke Motorsport, Foto: Sutton

Mücke Motorsport hat sich zum Ziel gesetzt, junge Talente konsequent an den Sport heran zu führen und für höhere Aufgaben auszubilden. Der Mücke-Weg: nach Möglichkeit ein Testjahr, dann der Einstieg ins ADAC Formel Masters, anschließend in die Formel 3. Von dort aus geht es idealerweise in die Formel 1, DTM oder eine andere Weltmeisterschaft. "Mücke Motorsport kann den Talenten diese Basis bieten", so Mücke. "Die Jungs sehen, dass wir Erfolge vorweisen und eine Perspektive bieten können." Den Luxus, ein eigenes DTM-Team zu betreiben, sieht Mücke nicht als zusätzlichen Anreiz für ambitionierte Talente: "Das glaube ich weniger. Der Anreiz besteht vielmehr darin, dass sie bei uns einen geradlinigen Weg einschlagen können."

Vettel, Kubica, Buemi, Winkelhock, Perez und Co. - der Name Mücke Motorsport fährt in der Formel 1 seit vielen Jahren mit. Nun könnte man sich fragen, ob Peter Mücke einfach ein glückliches Händchen hatte und sich im Verlauf der Jahre die Sahnestücke des Motorsports herauspickte. Piloten, die allein wegen ihres schieren Talents den Weg an die Spitze schafften. Doch der Teamchef will das so nicht stehen lassen. "Es gibt durchaus talentierte Fahrer, die mit der richtigen Ausbildung nach vorn kommen können", erklärt er. "Das war bei uns beispielsweise mit Sebastian Vettel, Robert Kubica und Sebastien Buemi der Fall - den Superhelden, der sofort alles kann, gibt es jedoch nicht."

Die Helden des Motorsports mussten erst einmal geformt werden, bei Mücke zählten dazu in der jüngeren Vergangenheit etwa die DTM-Piloten Marco Wittmann, Christian Vietoris und Roberto Merhi, die in der Formel 3 Euro Serie mit starken Leistungen für Aufsehen sorgten. Die Formel 3 - das ist Mücke-Land. Eine Fahrermeisterschaft konnte die Truppe seit dem Einstieg in die Euro Serie 2003 noch nicht einfahren, doch Mücke-Männer waren bei der starken Konkurrenz stets vorn mit dabei und das Team legte oftmals die Basis. Vettel wechselte 2006 etwa zu ASM und wurde Vize-Meister, Merhi wurde nach seinem Mücke-Jahr 2010 anschließend Champion mit Prema.

Peter Mückes Erfolgsformel: Er kennt den Sport selbst aus der Cockpit-Perspektive. Der 66-Jährige feiert 2013 sein 40-jähriges Jubiläum im Motorsport, seine Anfänge liegen im Tourenwagen- und Autocross- Sport. "Ich bin seit vielen Jahren selbst im Motorsport unterwegs und wegen dieser Basis weiß ich genau, was in unseren Jungs vorgeht", begründet Mücke sein Erfolgsrezept. "Ich kann den Druck nachvollziehen, wenn die Ampel auf Grün schaltet. Deshalb kann ich den Jungs gut helfen und ihnen erklären, was richtig und was falsch ist."

Stefan Mücke 2005 im Persson-Mercedes, Foto: xpb.cc
Stefan Mücke 2005 im Persson-Mercedes, Foto: xpb.cc

Inzwischen der größte deutsche Privat-Rennstall, hatte auch bei Mücke Motorsport alles im Kleinen begonnen. Mit einem gekauften Formel BMW-Boliden und Sohn Stefan am Steuer startete Mücke 1999 erstmals in der Deutschen Formel 3. Im dritten Jahr setzte die damals noch sehr überschaubare Truppe mit Markus Winkelhock erstmals einen zweiten Fahrer ein. Als Stefan 2002 in die DTM aufstieg, gab Mücke stattdessen Sven Heidfeld, Nicks jüngerem Bruder, eine Chance.

2004 hieß das F3-Gespann von Mücke Robert Kubica und Bruno Spengler - deren weiterer Karriereweg ist bestens bekannt. Die beiden Herren sind sicherlich mit einer gehörigen Portion Talent gesegnet, doch dieses musste erst einmal geformt werden. "Jeder Fahrer muss über ein gewisses Grundtalent verfügen, der Rest ergibt sich über die Motorsport-Ausbildung", bringt es Mücke auf den Punkt. "Darauf müssen die Jungs den Fokus legen, dazu gehören etwa Engineering, Datenanalyse und eine bestimmte Anzahl an Kilometern auf der Strecke. Das ist ganz ohne Glanz und Glamour, aber so läuft es eben und darüber führt der Weg nach oben."

Vettel, Kubica, Winkelhock und Co. fahren schon lange nicht mehr für Mücke Motorsport, doch der ehemalige Ausbilder behält seine früheren Schützlinge weiter im Blick. "Ich schaue mir an jedem Rennwochenende die Ergebnisse an, denn ich möchte ja wissen, ob das gut war, was wir in der Vergangenheit geleistet haben", sagt Mücke. "Selbst Sebastian Vettel reagiert immer noch auf jede SMS und jeden Anruf und das ist ein Zeichen dafür, dass das alles ganz gut war." Vettel bedankte sich nach seinem ersten F1-Sieg mit Toro Rosso in Monza sogar im Fernsehen bei Mücke für die Ausbildung und die Grundlagen, die er dort erlernt hatte. "Das macht mich schon stolz", sagt Mücke mit einem Lächeln.