Seit Wochen werden laut Radio Fahrerlager etliche Kundenteams gehandelt, die sich angeblich mit der DTM beschäftigen. Das ist aber offensichtlich nur die halbe Wahrheit. Motorsport-Magazin.com klärt auf.

Fakt ist: Mögliche und interessierte Kundenteams stehen, wie von einigen Medien berichtet, keineswegs Schlange. Die Zeiten, als Geld von Sponsoren noch sprichwörtlich auf der Straße lag, sind längst vorbei - und damit beginnt das Problem: Die Summen, die ein professionelles Team für ein DTM-Engagement benötigt, sind offenbar viel höher als bisher bekannt. Ein Teamchef, der nicht genannt werden möchte, spricht von einem Gesamtbudget, das man für zwei DTM-Fahrzeuge aufbringen muss, von fünf bis sechs Millionen Euro pro Saison!

Teams winken ab

Bekannte Teams, wie die Berliner Mannschaft Mücke Motorsport, hat ihr ursprünglich geplantes DTM-Projekt bereits zu den Akten gelegt. Die ebenfalls ins Gespräch gebrachte Project 1 Motorsport GmbH ist ebenfalls kein Thema. "Mit mir hat dazu bis heute kein Mensch gesprochen", versicherte Geschäftsführer Hans-Bernd Kamps auf der Essen Motorshow im Gespräch mit Motosport-Magazin.com. "Ich lese hier und da, dass unser Team mit der DTM in Verbindung gebracht wird, ich kann das aber leider nicht bestätigen."

Diese Tatsache ist erstaunlich, denn in der DTM-Szene gilt 'HBK' als ein Mann mit einem exzellenten Netzwerk, der zudem seit 19 Jahren die motorsportlichen Aktivitäten der Deutschen Post unterstützt und der aktuell mit dem gelben Posthorn auf seinen Rennfahrzeugen wirbt.

Das steckt hinter den ROWE-Gerüchten

Auch ROWE Racing gehört nicht zu den Kandidaten, wie Hans-Peter Naundorf, Vorstand der Motorsport Competence Group AG (MCG) gegenüber MSM versichert. "Ich habe damals (vor zehn Wochen; d. Red.) auf Anfrage lediglich mitgeteilt, dass man uns zukünftig in der DTM sehen könnte und die Chancen auf 50:50 beziffert. Von ROWE war dabei aber nie die Rede!"

Zur Erklärung: Die MCG AG versteht sich als moderner Dienstleister und industrieller Entwicklungspartner für die Bereiche Automotive, Motorsport und Marketing. Das Projekt ROWE Racing in Zusammenarbeit mit Hauptsponsor ROWE sowie BMW Motorsport als Technologie-Partner bildete in der abgelaufenen Saison das Kerngeschäft der MCG AG.

ROWE: Nordschleife statt DTM

Herausragendes Ergebnis für ROWE Racing war 2018 der zweite Gesamtrang beim 24h-Rennen in Spa-Francorchamps. Zum zweiten Gesamtsieg in den Ardennen nach 2016 fehlten der Mannschaft von Michael Zehe nach 511 Runden (3.579,05 km) lediglich 10,4 Sekunden auf das BMW-Team Walkenhorst Motorsport.

Im kommenden Jahr will ROWE Racing mit Unterstützung von Rekordsieger BMW endlich für den 20. Gesamtsieg des Münchner Autobauers beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring sorgen. Der werksunterstützte Einsatz wurde bereits von BMW Motorsport bestätigt.

Vision trifft auf Finanzierungslücke

Dagegen wird es ein mögliches DTM-Engagement nicht geben. "Wir haben mit DTM-Chef Gerhard Berger und BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt Gespräche geführt", sagt Naundorf, für den sich das Thema DTM und Kundensport als Vision zunächst gut angehört hat. "Ich habe für uns ein Business Case gesehen und dafür auch einen aus unserer Sicht nicht unbedeutenden Geldbetrag gefunden. Schlussendlich haben wir aber leider feststellen müssen, dass es eine große Finanzierungslücke von 50 Prozent gibt."

Weil das noch fehlende Geld nicht aufzutreiben war, hat Naundorf das DTM-Projekt im November für beendet erklärt. Dabei spielte auch der Terminkalender 2019 eine Rolle. Die neuen Strecken in Assen und Zolder waren nicht nach dem Geschmack eines möglichen MCG-Partners.

So sieht der Turbo-BMW für die DTM-Saison 2019 aus, Foto: BMW Motorsport
So sieht der Turbo-BMW für die DTM-Saison 2019 aus, Foto: BMW Motorsport

Walkenhorst: DTM käme zu früh

Und noch ein weiteres mögliches BMW-Kundenteam hat abgewinkt. "Für uns ist die DTM kein Kundensport. Das kommt für uns noch zu früh", sagt Niclas Königbauer, Teammanager von Walkenhorst Motorsport, zu Motorsport-Magazin.com. Die Mannschaft rund um Teamchef Henry Walkenhorst, die Ende Juli dieses Jahres sensationell das 24h-Rennen in Spa gewonnen hat, konzentriert sich stattdessen 2019 auf die Intercontinental GT Challenge (IGTC) mit den 24h Spa, die VLN und das 24h-Rennen auf dem Nürburgring.

DTM 2019: Motopark im Gespräch

Statt ROWE und Walkenhorst gehört nach Informationen von Motorsport-Magazin.com das Team Motopark zu den "zwei möglichen Kundenteams", die laut Motorsportdirektor Jens Marquardt Gespräche mit BMW Motorsport führen.

"Kein Kommentar", sagt dazu Motopark-Teamchef Timo Rumpfkeil, dessen Truppe aus Oschersleben vor allem im Formelsport beachtliche Erfolge erzielt hat. Zuletzt mit Daniel Ticktum als Gesamtzweiter in der Formel-3-Europameisterschaft hinter Mick Schumacher sowie dem erneuten Triumph in Macau, den Ticktum dort als Titelverteidiger in einem Volkswagen-Dallara wiederholte.

Timo Rumpfkeil gewann den Macau GP zuletzt zweimal in Folge mit Motopark, Foto: LAT Images
Timo Rumpfkeil gewann den Macau GP zuletzt zweimal in Folge mit Motopark, Foto: LAT Images

Teamchef Rumpfkeil auf BMW-Besuch

Beim Young Driver Test in dieser Woche im spanischen Jerez war Rumpfkeil vor Ort, aber sicher nicht nur, um mit einem der zahlreichen Formel-Talente Gespräche über ein Engagement 2019 in der japanischen Super Formula oder der Nachfolgeserie der Formel-3-EM, dem Formula European Masters, zu führen. Rumpfkeil deutete immerhin an, dass er plant, sein 2019er Rennprogramm noch in diesem Jahr verkünden zu wollen.

Der Fall Habsburg

Das hat Vincent Vosse, Teamchef des W Racing Teams, bereits getan. Als erstes und bisher einziges Kundenteam plant WRT, zwei Audi RS 5 in der DTM 2019 einzusetzen. Aber auch Vosse hat Probleme, denn einer seiner auserkorenen Fahrer, der Österreicher Ferdinand Habsburg hat sich kurzfristig für ein anderes Angebot entschieden, was nach Informationen von Motorsport-Magazin.com aktuell juristisch geprüft wird.

Fazit: Rund um die gewünschten Kundenteams in der DTM-Saison 2019 gibt es viel mehr Probleme, als den Verantwortlichen lieb sein können. Angesichts von solchen Summen, die offenbar im Gespräch sind, kein Wunder. Kurz vor dem Jahreswechsel sind Budgets in dieser Größenordnung längst vergeben...