DTM-Champion Rene Rast hat seine beeindruckende Aufholjagd mit einem weiteren Rekord beim Saisonfinale in Hockenheim gekrönt. Nach der Maximalpunktzahl 56, die er am Nürburgring mit zwei Pole Positions und zwei Rennsiegen erzielte und damit eine neue Bestleistung aufstellte, folgte nun sein nächster Coup: Fünf Siege in Serie sind bisher noch keinem anderen Fahrer in 484 DTM/ITC-Rennen seit 1984 gelungen!

Rast halbierte damit den 30-Punkte-Rückstand, mit dem er nach Hockenheim gereist war. Vor dem letzten von insgesamt 20 Saisonrennen liegt der gebürtige Mindener, der für den sechsten Audi-Sieg in Folge sorgte, nur noch 15 Zähler hinter Spitzenreiter Gary Paffett und lediglich 9 hinter dessen Mercedes-Teamkollegen Paul Di Resta.

Zum Vergleich: Nach dem neunten Saisonlauf in Zandvoort lag Titelverteidiger Rast nur auf einem enttäuschenden 15. Gesamtrang. Der Audi-Pilot hatte zu diesem Zeitpunkt erst 23 Punkte eingefahren. Paffett (127) und Di Resta (106) waren an der Spitze bereits weit enteilt.

Bereits nach sieben Rennen hatte Audi-Motorsportchef Dieter Gass die Titelverteidigungen in der Fahrer-, Marken- und Teamwertung quasi ausgeschlossen: "Diesen Rückstand kann man realistisch so schnell nicht aufholen, um noch Meister zu werden."

Was ist seitdem passiert?

Inzwischen hat Audi Performance gefunden, und zwar viel mehr, als der Konkurrenz lieb sein kann. Drei Details spielen dabei offenbar eine entscheidende Rolle. Zunächst das Setup der Autos, nachdem Audi zu Saisonbeginn größtenteils mit den Einstellungen aus der Vor-Saison begonnen hatte - was der falsche Weg war.

"Wir haben Anfang des Jahres die Philosophie des Setup vom letzten Jahr übernommen", erklärte Rast am Nürburgring-Wochenende. "Das ist jetzt natürlich eine ganz andere Aero, das kann man nicht 1-zu-1 übernehmen. Wir haben relativ früh in der Saison bemerkt, dass das nicht funktioniert und dann andere Wege probiert."

So könnte es im Verlauf der Saison Änderungen am Fahrwerk des Audi RS 5 gegeben haben. Dass die Ingenieure versuchen, jede Grauzone im Reglement auszuloten, ist ein offenes Geheimnis: Alle drei Hersteller haben nach Informationen von Motorsport-Magazin.com seit Jahresbeginn 2018 zusammen insgesamt 164 (!) Anfragen an den DMSB bezüglich möglicher Schlupflöcher gestellt. Experten sind sich einig, dass das Setup am Audi sukzessive verbessert worden ist.

Ebenfalls in die Karten gespielt haben dürfte Audi der seit Misano vorgeschriebene Mindest-Kaltluftdruck in den Slick-Reifen von Reifenlieferant Hankook. Dieser beträgt in Hockenheim wie schon zuvor am Nürburgring und in Spielberg 1,3 bar. Im Gegensatz zu Audi hat Rivale Mercedes ein Problem damit, dass die vorherige Empfehlung (1,1 bar) um 0,2 bar erhöht und zur Vorschrift wurde - womit sich Mercedes offensichtlich einen erheblichen Nachteil eingehandelt hat.

Drittes Detail: der älteste und angeblich schwächste Motor in der DTM. Vier Tage vor dem Rennwochenende in Zandvoort (13. bis 15. Juli 2018) stellte Audi beim Deutschen Motor Sport Bund bezüglich des Homologations-Reglements der DTM 2018 (Art. 6.3.7) einen Antrag auf Bauteiländerung (Zündkerze).

Wörtlich heißt es unter 'Änderungen an hinterlegten Bauteilen': "Sollten einzelne Hersteller im Rahmen der Motorentwicklung ein Laufzeit- und/oder Haltbarkeits-Problem mit homologierten Bauteilen erkennen, kann ein Antrag für eine Änderung des betreffenden Teils (Zündkerze; d.Red) an den DMSB gestellt werden."

Diesen Antrag leitete der DMSB an BMW und Mercedes weiter. Die beiden Wettbewerber aus München und Stuttgart segneten den Antrag ab. Ob sie das auch heute noch tun würden, darf bezweifelt werden.

Die neuen Zündkerzen allein sind nicht der springende Punkt, sondern die damit verbundenen Motor-Inspektionen, die sukzessive vor den Rennen auf dem Nürburg-, Red-Bull- und Hockenheimring unter Aufsicht des DMSB bei Neil Brown Engineering Ltd in Großbritannien an insgesamt sechs Audi-Motoren vorgenommen wurden.

"Während der bei NBE durchgeführten Inspektionen wurden ausschließlich Arbeiten vorgenommen, die im Rahmen einer Standard-Motor-Inspektion durchgeführt werden dürfen (siehe Artikel 5.17 Technisches Reglement DTM 2018)", heißt es in einer Stellungnahme seitens Audi Sport.

Der DMSB bestätigte gegenüber Motorsport-Magazin.com die Motor-Inspektionen: "Wie in jeder Saison sind auch 2018 an verschiedenen Motoren (aller drei Hersteller; d.Red.) die Plomben geöffnet worden. Dies geschieht grundsätzlich nach Terminabsprache und unter Aufsicht, etwa zur Inspektion der Motoren, und ist in Art. 5.17 des Technischen Reglements der DTM geregelt."

Außerdem weist der DMSB darauf hin, dass "die Motoren einem Hersteller und nicht einem bestimmten Fahrzeug zugeteilt sind".

Inwiefern auch die Motor-Inspektionen zu Audis verblüffender Performance-Verbesserung beigetragen haben, ist schwer zu belegen. Welche Teile im Detail bearbeitet wurden, wird nämlich laut DMSB aus Wettbewerbsgründen nicht kommuniziert. Im Fahrerlager kursiert das Zauberwort 'Verbrennungsoptimierung'...

Der DMSB betont abschließend: "Alle uns bekannten Veränderungen, die im Rahmen von Inspektionen bei allen drei Herstellern im Laufe der Saison 2018 vorgenommen wurden, entsprechen den Vorgaben des Technischen Reglements."