Es läuft bei Mercedes in der DTM-Saison 2018. Die Marke mit dem Stern führt zur Halbzeit alle drei Wertungen souverän an. Spannend geht es vor allem in der Fahrer-Wertung zu. Gary Paffett führt in der Gesamtwertung mit 148 Punkten. Ärgster Verfolger ist Mercedes-Markenkollege Paul Di Resta mit 121 Zählern.

Mit Edo Mortara (97 Punkte) und Lucas Auer (89) hat Mercedes zwei weitere heiße Eisen auf den Plätzen vier und fünf im Feuer. Aktuell fallen nur Pascal Wehrlein (65) und Daniel Juncadella (27) aus dem Sechser-Kader ab.

Der starke Mercedes weckt natürlich Begehrlichkeiten bei den Fahrern - und sorgte nicht zum ersten Mal in dieser Saison für Kontroversen. So leistete sich zuletzt in Zandvoort Wehrlein einen verbalen Aussetzer und plauderte am Sat.1-Mikro öffentlich aus, dass es im Team die Ansage gebe, Paffett müsse im Qualifying eine freie Runde bekommen.

Worüber man nicht spricht

Sicherlich meinte Wehrlein damit nicht, dass Paffett in Person einen Sonderstatus erhält. Vermutlich gilt bei Mercedes - und auch bei Audi und BMW - eher die Ansage, dass die bestplatzierten Fahrer in der Meisterschaft die Chance bekommen sollen, im Qualifying eine gute Runde fahren zu können. Gang und Gäbe in der DTM - öffentlich darüber gesprochen wird allerdings nicht.

Mercedes-Teamchef Uli Fritz wehrte sich in der Woche nach Zandvoort gegen Gerüchte, dass alle Mercedes-Fahrer für Paffett fahren müssten. "Das ist Quatsch", sagte er. "Es gibt definitiv keine Ansagen in diese Richtung. Bei uns darf jeder gewinnen." Es sei laut Fritz nicht gerade clever, wenn sich Mercedes nach nur zehn Rennen auf einen Fahrer festlegen würde, obwohl fünf Sternfahrer in den Top-8 der Meisterschaft liegen.

Unruhe stiften gehört zum Geschäft

Fritz weiter: "Je mehr Eisen du am Ende noch im Feuer hast, desto besser. Die Vergangenheit hat ja gezeigt, wie schnell es geht, dass ein Fahrer mal zwei, drei Nullrunden einfährt. Dann ist es gut, wenn man mehrere Kandidaten auf den Titel hat. Viele der Kommentare gehören ja auch einfach zum Geschäft und dienen dazu, Unruhe zu stiften oder von anderen Dingen abzulenken. Das sollte man nicht zu ernst nehmen."

Gleichfalls gehört es seit Jahren zum Standard in der DTM, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt Fahrer für die Markenkollegen einspringen müssen. Piloten, die keine realistischen Titelchancen mehr haben, werden im Sinne des Hersteller-Erfolges für ihre Kollegen abgestellt. So wird es vermutlich irgendwann auch bei Mercedes der Fall sein, die die besten Chancen seit Pascal Wehrlein 2015 auf die Meisterschaft haben.

PaffettDi RestaMortaraAuerWehrleinJuncadella
Tabellen-StandP1P2P5P6P8P13
Punkte14812197896527
Siege312
Podestplätze633311
Poles312
Schnellste Runden2114

Mercedes: Noch keine Stallorder

Dass Mercedes bereits Stallorder ausgab, um bestimmte Fahrer im Rennen mit Blick auf den Titel zu bevorteilen, stimmt jedoch nicht. Zwar gibt es interne Absprachen, diese richteten sich aber nach der jeweiligen Renn-Situationen und nicht nach der Gesamtwertung. Dafür gab es in den vergangenen Rennen zahlreiche Beispiele.

Etwa, als Lucas Auer auf dem Weg zum Sieg in Budapest für Hintermann Paul Di Resta freiwillig Platz machte und ihn passieren ließ. Es war die erste große Debatte der Saison. Im Nachhinein ruderten allerdings so ziemlich alle Beteiligten zurück und akzeptierten, dass die Meisterschaft bei dieser Aktion nicht im Fokus stand. Vor allem, weil zu diesem Zeitpunkt Auer in der Wertung besser platziert war als der Schotte.

Will den zweiten DTM-Titel: Gary Paffett, Foto: DTM
Will den zweiten DTM-Titel: Gary Paffett, Foto: DTM

Mortara kann und darf gewinnen

Oder auch am Norisring-Wochenende, wo Edo Mortara in seinem 100. Rennen seinen 10. DTM-Sieg erzielte - vor dem in der Meisterschaft besser platzierten Paffett. Von Stallorder keine Spur bei Mercedes. Paffett versuchte sich mehrfach an Überholmanövern, doch Mortara hielt standhaft dagegen und verteidigte die Führung bis zum Fallen der Zielflagge.

Dabei hätte es nur mit Blick auf die Zahlen durchaus Sinn gemacht, den Briten vorbeizuwinken. So bleibt auch Mortara weiter ein aussichtsreicher Kandidat im Titelkampf, den höchstwahrscheinlich einer der Mercedes-Fahrer für sich entscheiden wird.

BMW hat schon jetzt einen ordentlichen Rückstand aufzuholen, außerdem funktionierte der M4-Rennwagen nicht auf jeder Strecke. Ganz anders Mercedes, die bislang auf jeder der fünf Rennstrecken das stärkste Paket hatten. Da Titelverteidiger Audi nach der Einführung des neuen Aero-Pakets im Winter chancenlos hinterherfährt und schon meilenweit hinten ist, bleibt es beim Duell zwischen Mercedes und BMW.

Fritz: Ein bisschen Genugtuung

Besonders Fritz freut sich über die momentane Situation. Vor dem Saisonbeginn hatten nicht wenige geglaubt - darunter auch DTM-Boss Gerhard Berger - dass die Stuttgarter in ihrer vorerst letzten Saison in der Tourenwagenserie die Ressourcen deutlich runterschrauben. Nach der Saisonhalbzeit steht Mercedes allerdings prächtig da und nimmt Kurs in Richtung aller drei Titel.

"Um ehrlich zu sein, ein bisschen Genugtuung schwingt auch mit", sagt Fritz. "Ich kann mich noch sehr gut an die Kommentare zum Auftakt in Hockenheim erinnern, als uns vorgeworfen wurde, dass wir in diesem Jahr eigentlich nur Teilnehmer wären, aber sportlich keine Rolle spielen würden. Davon ist jetzt nichts mehr zu hören. Aber ich warne auch davor, zu glauben, dass wir die Titel bereits in der Tasche haben. Dem ist sicherlich nicht so."