Die schlimmen Boxengassen-Unfälle bei der DTM in Budapest überschatteten den kuriosen BMW-Breifachsieg am Sonntag komplett. Das hatte es in der Geschichte der Tourenwagenserie noch nie gegeben: Gleich drei Fahrer verloren auf regennasser Fahrbahn in der Box die Kontrolle über ihre Autos und kollidierten mit Personal.

Ein ungarischer Sportwart wurde mit schweren Beinverletzungen ins Krankenhaus geflogen, zwei weitere Feuerwehrmänner aus Ungarn werden ebenfalls stationär behandelt. Drei Mercedes-AMG-Mechaniker erlitten leichte Verletzungen. Es soll bei allen Unfallopfern zu keinem Zeitpunkt Lebensgefahr bestanden haben.

"Nach dem, was heute geschehen ist, rückt das Sportliche natürlich in den Hintergrund", sagte DTM-Boss Gerhard Berger. "Ich wünsche den verletzten Helfern und Mechanikern eine schnelle Genesung."

Paffett: Viel zu gefährlich

Nach Rennende stellten einige Fahrer die Sicherheit der Boxengasse bei regnerischen Bedingungen in Frage. Mercedes-Pilot Gary Paffett fand klare Worte über die Zustände auf dem Hungaroring. "Ehrlich gesagt ist die Boxengasse hier viel zu gefährlich", warnte der Mercedes-Pilot. "Die ist über dem Limit. Im Nassen kann man hier keinen Stopp absolvieren. Die Boxengasse ist verrückt."

In die Unfälle verwickelte Fahrer bestätigten, wie schwer sie sich bei der Einfahrt an den jeweiligen Boxenplatz taten. Lucas Auer lenkte zwar ein, war aber nur noch Passagier. Der Mercedes-Fahrer erwischte Streckenpersonal und klemmte sie zwischen der Betonmauer der Garage und der Front seines Autos ein.

Auer nach Unfall geschockt

Kurz nach dem Unfall war Auer sichtlich geschockt und wollte das unterbrochene Rennen eigentlich gar nicht fortsetzen. Später sagte der Österreicher: "Es gibt zwei verschiedene Asphalttypen in der Boxengasse und ich bin schon so langsam wie möglich reingefahren. Aber ich konnte nirgends mehr hin und bin einfach geradeaus gerutscht und eingeschlagen. Ich war nur noch Passagier im Auto. So etwas darf nicht mehr passieren."

Ähnlich erging es wenig später Auers Mercedes-Kollegen Edo Mortara. Der Italo-Schweizer bog kurz nach Auer in die Boxengasse ab, um von Slicks auf Regenreifen zu wechseln. Dabei verpasste Mortara, der das Auto nicht mehr kontrollieren konnte, den Boxenplatz und fuhr die Boxenanlage um. Auch er erwischte umstehendes Personal.

Die Verletzten in Budapest:

  • Ungarischer Sportwart mit schwerer Beinverletzung im Krankenhaus
  • Zwei Feuerwehrmänner aus Ungarn ebenfalls im Krankenhaus
  • Drei Mercedes-Mechaniker mit leichten Verletzungen
  • Ein BMW-Mechaniker mit leichter Blessur am Fuß

"Als ich in die Box kam, stand die Boxengasse unter Wasser und es waren ein Krankenwagen und Streckenposten überall", schilderte Mortara die Situation. "Sobald ich nur ganz leicht auf das Bremspedal gestiegen bin, haben die Räder blockiert und ich fuhr einfach geradeaus in die Mechaniker und die Boxenanlage."

Und weiter: "Ich habe vorhin zu meinen Mechanikern gesagt, dass ich in diesem Moment beim Boxenstopp echt riesiges Glück im Unglück hatte. Ich habe die Boxenstoppanlage mit vielleicht 40 oder 50 km/h getroffen und zum Glück wurde dabei niemand verletzt. Darüber bin ich froh, denn das hätte heute sehr böse ausgehen können und ich hätte nichts dagegen unternehmen können. Ich bin nur froh, dass meinen Mechanikern bei dem Zwischenfall nichts passiert ist und es tut mir sehr leid, dass es bei dem Streckenposten mit dem gebrochenen Bein nicht so gut ausgegangen ist."

Mercedes-Teamchef Uli Fritz nahm seine beiden Fahrer in Schutz und erklärte, wie schwierig es bei diesen Bedingungen in der Boxengasse zuging: "Man kann keinem Fahrer einen Vorwurf machen. Es war rutschig wie Schmierseife. Edo ist in Zeitlupe hier vorbeigerutscht. Am Schluss ist Rennsport eben Rennsport und da ist immer Risiko dabei. Wir hoffen, dass es den Kollegen gut geht."

Edo Mortara fährt die Boxenanlage um, Foto: Youtube/Screenshot
Edo Mortara fährt die Boxenanlage um, Foto: Youtube/Screenshot

Spengler: Man macht sich echt Sorgen

Neben Auer und Mortara erwischte es auch Bruno Spengler. Der BMW-Pilot traf bei der Einfahrt an seine Box gleich drei Mechaniker, die sich für den Reifenwechsel bereitgehalten hatten. In diesem Fall blieben größere Verletzungen aus. Spengler versicherte, dass er auf seinem mit Slicks bereiftem BMW langsam in die Boxengasse gefahren sei, dann hätten die Räder blockiert.

Spengler weiter: "Wir sind mit Slicks angekommen und ich war sehr langsam unterwegs. Mein Ingenieur hat gesagt, dass ich aufpassen soll. Ich habe gut Tempo rausgenommen, das hat aber nicht gereicht. Wenn die Räder mal blockieren, hast du keine Chance mehr, das Auto zu stoppen. Ich habe schon die Info bekommen, dass alle okay sind. Als Fahrer machst du dir da echt Sorgen."

BMW-Markenkollege Timo Glock bestätigte Spenglers Aussagen über die schwierigen Verhältnisse - selbst bei langsamer Einfahrt in die Boxengasse: "Die Betonfläche hier bietet keine Bodenhaftung bei stehendem Wasser. Die Autos sind schon langsamer reingefahren, aber das ist besonders schwierig."

Hier rutscht Bruno Spengler in seine Mechaniker, Foto: Youtube/Screenshot
Hier rutscht Bruno Spengler in seine Mechaniker, Foto: Youtube/Screenshot

Wittmann: Beinahe Mechaniker umgefahren

Als ob die Unfälle nicht schon schlimm genug wären, hätte es noch ärger kommen können. Wie Rennsieger Marco Wittmann später mitteilte, entging er selbst nur knapp einem Unfall. "Ich bin selbst auch in der Pitlane weit gefahren und hätte beinahe meine Mechaniker umgefahren", sagte der zweifache DTM-Champion. "Es war extrem rutschig. Ich hoffe, dass es den Jungs den Umständen entsprechend gut geht. Die Bilder sahen heftig aus."

Den Umständen entsprechend gingen sämtliche Unfälle mehr oder weniger glimpflich aus. Alle sind sich einig: Es hätte viel schlimmer enden können, wenn Menschen ungeschützt in derartige Unfälle involviert sind. Meinte auch Audi-Motorsportchef Dieter Gass: "Am wichtigsten ist, dass die Unfälle in der Boxengasse zum Glück offenbar nicht ganz so schlimm ausgegangen sind, wie man es zunächst befürchten musste."