1. Mattias Ekström, Audi - 172 Punkte

Der Audi-Veteran kann schon im ersten Hockenheimrennen Historisches schaffen. Holt er am Samstag vorzeitig den Titel, wäre es auf den Tag genau der dritte Meisterschaftsgewinn nach 2007. Damit würde Ekström nach Bernd Schneider und Klaus Ludwig als dritter Fahrer in die DTM-Geschichte eingehen, der mehr als zwei Titel gewonnen hat. Ekström bestach in dieser Saison mit extremer Konstanz - etwas, was ihm in den vergangenen Jahren fehlte. Erst in Spielberg gewann er sein erstes Rennen, das 23. in der DTM, war aber seit Jahresbeginn in der Spitzengruppe zu finden.

Seine Qualifying-Schwäche konnte der 39-Jährige noch immer nicht ganz ablegen, doch in den Rennen zeigte er einmal mehr seine unglaubliche Fähigkeit, Reifen am Leben zu halten. Ein wichtiger Faktor in diesem Jahr angesichts der Hankooks, die schneller abbauen. Ekström konnte regelmäßig nach frühen Boxenstopps in die Top-3 vorfahren. Sechsmal stand er 2017 auf dem Podest.

Verbale Scharmützel sparte sich Ekström diesmal größtenteils, stattdessen konzentrierte er sich nur aufs Rennfahren. Eine heikle Situation gab es aber in dieser Saison. Beim Sonntagsrennen am Lausitzring stand lange auf der Kippe, ob Ekström seinen zweiten Platz behalten darf. Er hatte seinen Audi nach der letzten Runde am Streckenrand abgestellt statt in den Parc Fermé zurückzukehren. Ein genialer Trick, weil er zu wenig Restbenzin an Bord hatte? Der Vorfall sorgte sogar für eine Regeländerung.

Sollte nichts Außergewöhnliches passieren, dürfte Ekström der Titel kaum zu nehmen sein. 21 Punkte Vorsprung auf Rene Rast sind eine Hausnummer. Nur die Technik oder unterirdische Qualifyings könnten ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Ekströms Bilanz in Hockenheim ist riesig: In 36 Rennen fuhr er 13 Mal aufs Podest, siegte viermal und holte sechs Poles.

Mattias Ekström steht vor seinem 3. DTM-Titelsieg nach 2004 und 2007, Foto: DTM
Mattias Ekström steht vor seinem 3. DTM-Titelsieg nach 2004 und 2007, Foto: DTM

2. Rene Rast, Audi - 151 Punkte

Neben Ekström hat ausgerechnet Rookie Rene Rast die größten Titelchancen. Gelingt der Coup am Ende doch noch, wäre es ein Meilenstein. Der letzte Rookie-Meister war Nicola Larini vor 24 Jahren. Rast gelang ein Bombenstart in der DTM, in der sich Neueinsteiger traditionell schwer tun. Schon beim zweiten Rennwochenende in der Lausitz fuhr er erstmals aufs Podium.

Nicht wenige Experten glaubten zu Beginn, dass der starke Audi-Rennwagen einen guten Anteil am Erfolg gehabt hätte - doch Rast belehrte die Kritiker eines Besseren und ließ drei Siege und vier schnellste Runden folgen.

Rast sicherte sich mit seinem Samstagssieg in Moskau sogar die inoffizielle Halbzeit-Meisterschaft. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass Rast sich wie kaum ein anderer Rookie zuvor extrem schnell an den Umgang mit einem DTM-Auto gewöhnt hatte. Ganz fehlerfrei kam aber selbst Rast nicht durchs Jahr. Am Norisring warf er den vierten Platz weg, nachdem er bei der Boxenausfahrt die Linie überfuhr und eine Durchfahrtsstrafe kassierte. Ein Crash mit Maro Engel in Zandvoort sorgte für ein weiteres Wochenende ohne nennenswerte Punkte.

Mit dem Sieg im Sonntagsrennen von Spielberg meldete sich Rast in letzter Sekunde zurück im Titelrennen. Dabei profitierte er von Jamie Greens spätem Ausfall. Bei seinen vorigen Siegesfahrten in Ungarn und Moskau zeigte er aber aus eigener Kraft, was er draufhat. Druck machen will sich Rast vor dem Finale nicht: "Ich kann nur gewinnen und eigentlich nicht mehr verlieren, daher mache ich mir selbst keinen Druck. Die Chance ist noch da. Ein perfektes Wochenende mit zwei Pole Positions und zwei Siegen würde schon fast ausreichen."

Rene Rast ist die große Überraschung der DTM-Saison 2017, Foto: Audi
Rene Rast ist die große Überraschung der DTM-Saison 2017, Foto: Audi

3. Jamie Green, Audi - 137 Punkte

In jedem Jahr einer der Top-Favoriten auf den Titel - und so oft der große Pechvogel: Jamie Green. Wäre alles normal gelaufen, wäre er mit 10 Punkten Rückstand auf Ekström als Gesamtzweiter zum Finale gereist. Doch am Red Bull Ring verlor Green den sicher geglaubten Sonntagssieg wegen eines technischen Problems. Im Samstagsrennen hatte der doppelte Pole-Setter schon Teamkollege und Sieger Ekström durchwinken müssen.

Am Sonntag hatte auch Ekström Mitleid: "Was hat er mit dem lieben Gott gemacht? Denn so unfair, wie er behandelt wird, so viel Pech wie er hat, das ist unglaublich. Er war der schnellste Fahrer über das gesamte Wochenende. Dass er so ein Pech hat, finde ich ungerecht. Aber Motorsport war noch nie fair." Jetzt at er 35 Punkte Rückstand auf Ekström und nur noch Außenseiterchancen.

Green selbst glaubt nicht mehr an den Titelgewinn, den ihm im DTM-Fahrerlager so viele wünschen würden. "Als Audi-Fahrer ist es mein Job, das Beste für das Team herauszuholen und Mattias zu unterstützen", kündigte er nach dem letzten Rennen bereits an.

Spielberg war dieses Jahr nicht das einzige Mal, dass Green vom Pech verfolgt war. In Ungarn verlor er nachtäglich den siebten Platz und die zwischenzeitliche Gesamtführung, weil Audi unerlaubterweise einen Spalt am Frontdiffusor seines Autos abgedichtet hatte. Zuvor am Lausitzring wurde er vom 1. Qualifying ausgeschlossen, weil an seinem Audi ein Reifen von Rene Rast montiert worden war. So startete er von ganz hinten statt von P12. Mit dem Sieg im Sonntagsrennen revanchierte er sich.

Der Pechvogel 2017: Audi-Pilot Jamie Green, Foto: DTM
Der Pechvogel 2017: Audi-Pilot Jamie Green, Foto: DTM

4. Mike Rockenfeller, Audi - 134 Punkte

Mike Rockenfeller ist der heimliche Held der DTM-Saison 2017. Sein Unfall mit Gary Paffett am Norisring lieferte die spektakulärsten Bilder des Jahres - und Rocky brach sich den Fuß. Der nächste Gänsehaut-Moment folgte nur wenige Wochen später, als der Audi-Pilot in Moskau sensationell auf Platz zwei fuhr und mit Krücken aufs Podium humpelte.

Rockenfeller wurde schon vor Saisonbeginn als Titelanwärter gehandelt. Der Audi-Pilot gilt wie Ekström als Reifen-Spezialist - ein Vorteil angesichts der neuen Hankook-Reifen, die schneller abbauen als ihre Vorgänger. Seine Fähigkeiten stellte Rockenfeller nach zuletzt zwei katastrophalen Jahren endlich wieder unter Beweis. Es fehlten nur die Big Points, um voll ins Titelrennen einzugreifen.

Nach seinem Fußbruch und Problemen mit dem Wadenbein wäre schon ein Finish unter den Top-3 der Gesamtwertung ein großer Erfolg. Nach dem Zwischenfall hatte kaum jemand damit gerechnet, dass Rockenfeller den Anschluss halten würde - doch es gelang ihm, obwohl er mit dem rechten statt dem gewohnten linken Fuß bremsen musste. Rocky ließ sogar noch einen Sieg in Zandvoort folgen, auch, wenn er von Marco Wittmanns Disqualifikation profitierte. Geschieht in Hockenheim ein Wunder und Rockenfeller holt auf der Zielgeraden seinen zweiten DTM-Titel, wäre es wohl die Helden-Geschichte des Jahres.

Nach Fußbrich sensationell zurückgekämpft: Mike Rockenfeller, Foto: Motorsportpics.de
Nach Fußbrich sensationell zurückgekämpft: Mike Rockenfeller, Foto: Motorsportpics.de

5. Marco Wittmann, BMW - 134 Punkte

Der amtierende DTM-Champion muss die Krone nach dem Finale wohl an einen Audi-Fahrer abgeben. Gegen vier Konkurrenten aus Ingolstädt dürfte es für den BMW-Piloten kaum möglich sein, auf der letzten Rille entscheidend ins Titelrennen einzugreifen. Bei 38 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Ekström muss Wittmann schon fast von der Pole in die beiden Rennen starten, um seine kleine Chance zu wahren.

Dabei hätte alles so anders aussehen können. Mit einem halben Liter Sprit mehr im Tank hätte Wittmann seinen Sieg in Zandvoort behalten und nur mehr 13 Zähler Rückstand auf die Spitze. Ein böser Fehler, der sich nun rächt. Dass die Performance-Gewichte kurz vor dem Saisonfinale ausgemerzt wurden, kam Wittmann und seinen BMW-Kollegen sicherlich auch nicht entgegen.

BMW-Star Marco Wittmann muss den DTM-Titel wohl wieder abgeben, Foto: LAT Images
BMW-Star Marco Wittmann muss den DTM-Titel wohl wieder abgeben, Foto: LAT Images

6. Lucas Auer, Mercedes - 131 Punkte

Der Mercedes-Pilot könnte trotz 41 Punkten Rückstand auf Ekström noch ein kleines Wörtchen bei der Titelvergabe mitreden. Beim Saisonauftakt in Hockenheim schnappte sich Auer einen Sieg, eine Pole und insgesamt 40 Punkte. Im Gegensatz zu Wittmann profitiert Auer vom Umstand, dass Mercedes auf dem Hockenheimring traditionell stark aufgestellt ist. Ihm dürfte somit größere Hilfe gewiss sein als Wittmann auf BMW-Seite.

Dass Auer die Big Points einfahren kann, hat er bewiesen. Dreimal in dieser Saison holte er die maximale Tagesausbeute von 28 Punkten, also einen Sieg von der Pole. Das gelang keinem anderen Fahrer häufiger. Auf der Gegenseite stehen sieben Rennen mit null Punkten, darunter ein kostspieliger Fahrfehler auf dem Nürburgring. Dazu passt Auers Motto für das Finale: "All-in, alles riskieren und alles rausholen, was geht."