Im Rückblick verblüffend, wie viel Zukunft das Forschungsfahrzeug Mercedes-Benz F 100 bereits im Jahr 1991 an Bord hat. Ob Telefonbedienung mit Lenkradtasten, Abstandsregeltempomat oder elektronische Reifendruckkontrolle sowie viele Attribute des vernetzten Automobils: Was vor drei Jahrzehnten utopisch anmutet, gehört heute zum gewohnten Ausstattungsumfang von Personenwagen und Nutzfahrzeugen.

Vorgestellt wird das Forschungsfahrzeug am 12. Januar 1991 auf der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit, USA, einer bereits seit 1907 ausgerichteten Fachmesse. Im F 100 haben Ingenieure und Designer mehr wegweisende Technik untergebracht als in jedem Forschungsfahrzeug der Marke vor ihm.

Visionäre Forschungsfahrzeuge sind ein Versprechen an die Zukunft. Ob diese Versprechen auch eingelöst werden, zeigt sich in den Jahren nach der Präsentation. Von den Systemen des Mercedes-Benz F 100 haben besonders viele den Weg in die Serie gefunden: Telefonbedienung mit Lenkradtasten - umgesetzt 1998 in der S-Klasse (Baureihe 220); Gasentladungsleuchten - eingeführt 1995 als Xenonscheinwerfer in der E-Klasse (Baureihe 210); Telefonspracherkennung - vorgestellt 1996 unter dem Namen LINGUATRONIC in der S-Klasse (Baureihe 140); elektronische Reifendruckkontrolle - präsentiert 1999 im Luxuscoupé CL (C 215); Keyless-Go - die Chipkarte statt Autoschlüssel ist 1999 eine Ausstattungsoption der S-Klasse (Baureihe 220); Regensensor - serienmäßig 1996 im CL-Coupé (C 140); Sandwichboden - Konstruktionsprinzip in der A-Klasse (W 168).

Weil der Fahrer stets an Bord ist, steht ihm der sicherste Platz im Wagen zu - mittig in der Fahrgastzelle. Es ist in den meisten der denkbaren Crashsituationen die am wenigsten gefährdete Position im Fahrzeug. Neuartige Drehschwenktüren nehmen beim Öffnen einen Teil von Fahrzeugboden sowie Dach mit. So kann der Fahrer mühelos ein- oder aussteigen - und dies auf der jeweils dem Verkehr abgewandten Seite. Zwei Passagiere sitzen rechts wie links versetzt hinter dem Fahrer. Die Distanz zum Armaturenbrett erhöht ihre Sicherheit. Die Sitze der Mitfahrer in der hinteren Reihe sind zur Mitte hin versetzt und von stabilen hinteren Radhäusern geschützt. Weil es keine B-Säule gibt und sich die platzsparenden Schwenk- und Schiebetüren weit öffnen, gestaltet sich auch das Platznehmen auf den hinteren Sitzen komfortabel.

Zum Pionier des vernetzten Automobils wird der F 100 durch zahlreiche Innovationen, die sich ebenfalls erst Jahrzehnte später durchsetzen. Ein Zentralbildschirm hinter dem Lenkrad liefert nach Prioritäten gestaffelte Informationen ins Blickfeld des Fahrers. Zahlreiche Elektronikkomponenten wie Abstandsregeltempomat (Serieneinführung in der S-Klasse der Baureihe 220 unter dem Namen DISTRONIC, 1998), Totwinkelassistent (2007) und die Rückfahrkamera (2005 in der S-Klasse der Baureihe 221) stellen Daten und Bilder für die sichere Fahrt bereit. Sogar die automatische Spurhaltung ist schon vor drei Jahrzehnten möglich. Zur weiteren Ausstattung gehört ein Mobilfax ebenso wie ein fest installierter Personal Computer. Solarzellen nehmen zwei Quadratmeter der Dachfläche ein und tragen bis zu 100 Watt Leistung zur Energieversorgung bei.

Ungewohnt ist der Frontantrieb. Er gelangt erstmals 1997 in der A-Klasse (W 168) in ein Serienfahrzeug der Marke. Als Antriebsquelle werden im F 100 diverse Motorenkonzepte untersucht. Darunter auch ein Verbrennungsmotor, der mit Wasserstoff betrieben wird. Schon vor 30 Jahren strebt Mercedes-Benz so das Fahren mit lokal emissionsfreien Automobilen an.

Der Mercedes-Benz F 100 begründet die Tradition einer ganzen Reihe von Forschungsfahrzeugen der Marke, die sich durch ein "F" im Namen auszeichnen. Dazu gehören F 200 Imagination (1996), F 300 Life Jet (1997), F 400 Carving (2002), F 500 Mind (2003), F 600 HYGENIUS (2005), F 700 (2007), F 800 Style (2010), F 125! (2011) und F 015 Luxury in Motion (2015). Zur Familie der Forschungsfahrzeuge zählen viele weitere Fahrzeuge von Mercedes-Benz. Als erster Vertreter kann der 1886 zum Patent angemeldete dreirädrige Motorwagen von Carl Benz gelten, denn er ist die Umsetzung eines von Grund auf neu gedachten Fahrzeugs.

Der jüngste Vertreter ist das im Jahr 2020 vorgestellte Konzeptfahrzeug "VISION AVTR". Der Name steht nicht nur für eine intensive Zusammenarbeit mit dem Filmteam AVATAR, sondern auch für ADVANCED VEHICLE TRANSFORMATION. So verkörpert das Fahrzeug eine weitere Vision von Mercedes-Benz für die Mobilität der Zukunft.