Maxime, du startest dieses Jahr wieder für ROWE RACING beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Jeder Nordschleifen-Fan erinnert sich noch an deine fantastische Performance 2013 im Regen. Wie siehst du das heute?
Maxime Martin: Das war sicherlich eines meiner besten Rennen und hat geholfen, meine Karriere voranzutreiben. Es ist wirklich eines dieser Rennen, an das sich viele Leute erinnern. In Spa 2012 hatte ich übrigens eine ähnliche Situation. Dort fuhr ich auch sehr gut im Regen. Diese beiden Rennen haben mir einen großen Schritt in meiner Karriere ermöglicht. Auf der Nordschleife hatte ich einige gute Rennen, fuhr stets im bestplatzierten BMW - nur ein Sieg beim 24-Stunden-Rennen fehlt mir noch.

Wie ist das so, als Regen-Gott bezeichnet zu werden?
Maxime Martin: Ich liebe es einfach, im Regen zu fahren. Wenn es nass ist, dann fahre ich. Ich weiß nicht, ob mir das hilft, Vertrauen ins Auto zu finden. Sicherlich gibt es bei Regen auch schwierige Situationen. Es ist einfacher, einen Fehler zu machen. Aber das gehört zum Rennen dazu und das ist uns allen bewusst.

Die meisten Rennfahrer haben lieber viel Grip...
Maxime Martin: Man muss halt einfach schauen, wo bei nassen Bedingungen der beste Grip herrscht. Das ist der Trick dabei: Finde den maximalen Grip auf der nassen Strecke und fahre die Kurven so, dass du die beste Haftung hast.

Woher kommt deine Begeisterung für die Langstrecke?
Maxime Martin: Langstreckenrennen sind einfach mein Ding. Ich habe vor langer Zeit damit angefangen, im Formel-Boliden war ich ja kaum unterwegs. Ich war immer bei den Tourenwagen und GT-Fahrzeugen. Von den GT-Boliden in die DTM zu kommen ist eine Sache, aber die 24-Stunden-Rennen am Nürburgring und natürlich in Spa sind meine Favoriten. Ich bin insgesamt schon mehr als 30 24-Stunden-Rennen auf der ganzen Welt gefahren - dabei habe ich erst vor elf Jahren damit begonnen.

Und das oftmals sehr erfolgreich. Was ist denn dein Geheimnis?
Maxime Martin: Ich weiß nicht, woher das kommt. Aber irgendwas muss da schon sein, würde ich sagen. Wenn ich meine Motorsportkarriere beende, verrate ich es dir!

Regen ist also dein Ding. Wie sieht es mit dem Fahren in der Nacht aus? Hast du Vorlieben, wann du deine Stints fährst?
Maxime Martin: Nicht wirklich. Jeder Teil des Rennens ist wichtig, jeder Stint ist wichtig. Daher habe ich keine wirkliche Präferenz. Am Morgen nach der langen Nacht, wenn es wieder hell wird, ist es ein tolles Gefühl zu fahren. Die Nacht ist mental natürlich anspruchsvoll. Die Konzentration ist höher, weil man eben nicht so viel sieht. Und es fühlt sich viel schneller an, obwohl die Rundenzeiten nachts nicht so schnell sind wie bei Tageslicht.

Foto: Gruppe-C GmbH
Foto: Gruppe-C GmbH

Bedeutet das Fahren im Dunkeln für dich eine große Umstellung?
Maxime Martin: Das ist nie einfach. Besonders auf Strecken wie in Spa oder am Nürburgring, wo es abgesehen von der Start/Ziel-Linie keine Lichter gibt. Man muss sich anpassen, aber man lernt es schnell. Wenn es aber regnerische Bedingungen sind und du nicht siehst, wo es nass ist, wird es richtig schwierig.

Wird es dann ein bisschen zur Lotterie?
Maxime Martin: Es ist natürlich ein wenig Lotterie, denn man kann auf eine nasse Stelle kommen, die man vorher nicht gesehen hat. Daher darf man auch niemanden verurteilen, der auf der Nordschleife einen Unfall baut. Es kann jederzeit jedem passieren. Natürlich hat es aber auch mit den Fähigkeiten als Rennfahrer zu tun. Nicht umsonst sind immer die gleichen Fahrer schnell und die gleichen Fahrer langsam.

Ist es auf der Nordschleife eigentlich möglich, die perfekte Runde zu fahren?
Maxime Martin: Natürlich ist das möglich. Aber: Brauchst du die perfekte Runde überhaupt? Vielleicht im Top-30 Qualifying beim Kampf um die Pole. Aber es ist ja ein 24-Stunden-Rennen. Und da wirst du immer Verkehr haben, also brauchst du im Prinzip diese wirklich perfekte Runde gar nicht.

Foto: Gruppe-C GmbH
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Was sind für dich die größten Herausforderungen am Nürburgring?
Maxime Martin: Am Nürburgring ist es immer schwierig mit dem Verkehr. Das ist das erste, worauf du achten musst. Es gibt viele Unfälle und man verliert schnell Zeit - aber man kann auch Zeit gewinnen. Die zweitgrößte Herausforderung ist das Wetter. Man kann auf den ersten sieben Kilometern Slicks brauchen, dann ist es plötzlich nass für ein paar Kilometer. Es kommt auch schon mal Nebel, starker Regen, Hagel oder sogar Schnee! In diesen Bedingungen ist es aus physischer Sicht nicht schwierig, dafür aber aus mentaler.

Die Erfolge hast du zusammen mit deinen jeweiligen Teamkollegen erzielt. Ist das heute schwieriger für dich als Einzelkämpfer in der DTM?
Maxime Martin: Überhaupt nicht. Es ist sogar ungewohnter für mich, wenn ich alleine im Auto sitze als wenn ich es mit Kollegen teile. Für mich ist das ein Teil dessen, was ich mag. Es geht um Kompromisse, Vorlieben der anderen Fahrer und wie man zusammenarbeitet. Wenn einer von uns einen Unfall hat, ist das Rennen für alle vorbei. Ich mag auch die DTM, darauf liegt heute meine Priorität.

Wo fährst du lieber: Nordschleife oder Spa-Francorchamps?
Maxime Martin: Das sind zwei ziemlich unterschiedliche Ansätze. Die Nordschleife ist auf jeder einzelnen Runde eine Herausforderung. Egal, ob man alleine fährt oder im Verkehr steckt, es ist immer schwierig. Spa ist ebenfalls eine besondere Strecke. Von den normalen Rennstrecken ist es die schönste. Da hast du Auslaufzonen und so weiter. Auf der Nordschleife hängst du nach jedem Fehler sofort in der Leitplanke...