Kaum ein anderer Hersteller engagiert sich im Sportwagensport derart intensiv wie Nissan. Trotzdem wird es beim Comeback 14 Jahre her sein, seit das letzte Mal ein Bolide aus Yokohama in der Topkategorie an den Start gegangen ist. Zwischen 1986 und 1999 gehörte Nissan zum festen Inventar an der Sarthe, der große Wurf blieb jedoch aus. Genau das soll mit dem neuen LMP1-Modell nachgeholt werden. Warum Nachholbedarf besteht, zeigt unser Rückblick.

Guter Einstieg, tiefer Fall

Vielverprechend: Der R85V kam im ersten Anlauf ins Ziel, Foto: Sutton
Vielverprechend: Der R85V kam im ersten Anlauf ins Ziel, Foto: Sutton

Die Geschichte beginnt im Jahr 1986. Nissan hatte bereits im Vorjahr einen Prototypen auf Gruppe-C-Basis in Japan getestet. Das Chassis stammte von March, auf Motorenseite kam ein 3l-V6 mit Biturbo-Aufladung zum Einsatz, der im Renntrimm zwischen 650 und 700 PS leistete. Beim Debüt wurden zwei Fahrzeuge unterschiedlicher Generationen an den Start gerollt: Der ältere R85V kam auf den 16. Platz, während das weiterentwickelte Modell R86V ausfiel. Dennoch war der erste Auftritt der unbekannten Marke Nismo ein Erfolg, denn eine Zielankunft war zu Gruppe-C-Zeiten in Le Mans im ersten Anlauf keine Selbstverständlichkeit.

Dem vielversprechenden Auftakt folgte jedoch eine große Ernüchterung im Jahr darauf. Nissan konnte die gestiegenen Erwartungen nicht erfüllen und beide R87E fielen mit technischen Problemen aus. Die Zuverlässigkeitsprobleme des Vorgängers konnten zwar beim R88C mit neuem 3l-V8-Turbomotor behoben werden, doch wegen der immer schneller voranschreitenden Entwicklung in der Gruppe C war das March-Chassis nicht mehr konkurrenzfähig. Der 14. Platz war nicht das erklärte Ziel. Allerdings erlebte die 88er-Baureihe noch einen starken Abschluss beim Auftaktrennen der Sportwagen-Weltmeisterschaft 1989 in Suzuka mit einem überraschenden vierten Rang.

Pole Position beim Mammuteinsatz

Während March sich Ende der 80er-Jahre auf die Formel 1 konzentrierte, wechselte Nissan auf Lola-Chassis für die nächste Fahrzeuggeneration. Die von Lola aufgebauten Modelle R89C und R90CK vertrauten auf den weiterentwickelten 3,5l-V8-Motor mit Biturbo. Abhängig vom Ladedruck konnte das Aggregat weit über 1000 PS mobilisieren und hatte auch im Renntrimm mit 800 PS mehr Leistung als die zur gleichen Zeit auf Saugmotoren umgestellte Formel 1. Die große Euphorie konnte aber nicht in gute Resultate umgesetzt werden. Alle drei Fahrzeuge fielen 1989 aus, konnten aber auch von der Pace her nicht mit den High-Tech-Boliden von Mercedes und Jaguar mithalten.

Brachial: Der RC90CK erreichte im Qualifying 1200 PS, Foto: Sutton
Brachial: Der RC90CK erreichte im Qualifying 1200 PS, Foto: Sutton

Ein Jahr später wagte Nismo den absoluten Großangriff: Mit fünf Boliden sollte nach dem Rückzug von Sauber-Mercedes die Gunst der Stunde genutzt werden. Man zog alle Register und Mark Blundell feuerte den etwa 1200 PS starken C90CK auf die Pole Position. Doch im Renntrimm schlug Jaguar zurück und Nissan musste sich außerdem zwei privaten Porsche beugen. Trotzdem war der fünfte Platz das mit Abstand beste Ergebnis von Nissan während der Gruppe-C-Periode. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten musste danach das Le-Mans-Projekt beendet werden, obwohl bereits ein Testträger mit neuem 3,5l-Saugmotor bereitstand.

Zweiter Anlauf in den 90er-Jahren

Mitte der 90er-Jahre wurden wieder Gelder frei, um nach Le Mans zurückzukehren. Nach dem Ende der Gruppe-C-Ära war zunächst unklar, ob Prototypen oder GT-Fahrzeuge die Zukunft für das 24-Stunden-Rennen darstellen würden. Nissan entschloss sich zum Einsatz zweier Nissan Skyline GT-R LM. Doch der von einem früheren Tourenwagen abgeleitete Bolide war reinrassigen GT1-Fahrzeugen wie dem McLaren F1 GTR nicht gewachsen und war auch den weiterhin zugelassen Sportprototypen und sogar den schnellsten GT2-Fahrzeugen unterlegen. Nach den Plätzen 10 (1995) und 15 (1996) war klar, dass ein neues Fahrzeug her musste, das die GT1-Regeln voll ausnutzte.

Die neue Generation wurde 1997 vorgestellt. Nismo wandte sich an Tom Walkinshaw Racing für den Aufbau des neuen Fahrzeugs. Mit der Erfahrung aus den Siegen mit Jaguar schien TWR auch Nissan auf Trab zu bringen. Beim Vortest für die 97er-Auflage des Klassikers dominierten die Nissan R390 GT1 mit 3,5l-V8-Biturbo und gingen als Topfavoriten in das Rennen. Doch nicht nur das wärmere Wetter, sondern auch die verbesserte Evo-Version des Porsche 911 GT1 überraschte Nismo. Die GT1-Boliden hetzten sich mit einer wahnwitzigen Pace gegenseitig ins Verderben. Porsche und Nissan wurden komplett eliminiert, Joest staubte mit einem Prototypen ab.

Skurril: Der DeltaWing setzte neue Maßstäbe, Foto: ALMS
Skurril: Der DeltaWing setzte neue Maßstäbe, Foto: ALMS

1998 war die Konkurrenz weiter gewachsen. Nissan entwickelte den R390 zwar radikal weiter, war aber gegen die kompletten Neuentwicklungen von Mercedes und Toyota chancenlos, auch Porsche erreichte einen größeren Sprung. So war Nissan vom Speed her nicht mehr konkurrenzfähig, aber wenigstens zuverlässig. Während die GT1- und die neuen GTP-Boliden sich wiederum in einer Materialschlacht in den Tod hetzten, fuhren die R390 problemlos durch. Allerdings war Porsche mittlerweile ebenfalls zuverlässig geworden und so blieb nur der dritte Platz übrig. Bis heute ist dies aber der größte Erfolg, den Nissan jemals an der Sarthe erzielt hat.

Lange Abstinenz und Comeback

Ein letzter Anlauf wurde 1999 gestartet. Im Zuge des Zusammenschlusses mit Renault war klar, dass dies Nissans letzter Anlauf auf die Krone in Le Mans sein würde. Man entschied sich wie BMW zum Bau eines LMP1 und gegen die GTP-Klasse, ein neu entwickelter V8-Saugmotor mit fünf Litern Hubraum kam zum Einsatz. Doch das Rennen, an dem sieben Hersteller beteiligt waren, lief nicht nach Plan: Ein R391 wurde bereits im Qualifying zerstört, das zweite Fahrzeug musste mit Motorproblemen an die Box. Besonders bitter: Der als Backup werkseingesetzte Courage-Nissan mit dem älteren Turbomotor musste sich einem baugleichen, aber privat eingesetzten Fahrzeug beugen.

Während der Neuorganisation war Nissan nicht mehr werksseitig in Le Mans vertreten. Gerne wäre Nismo 2011 mit dem GT1-Modell des Nissan GT-R in der GT1-Klasse an den Start gegangen, doch diese Klasse wurde just vom ACO eliminiert. So kam Nissan 2011 mit einem Semi-Werkseinsatz in der LMP2 zurück. Besonders viel Aufsehen erregte ein Jahr später der außer Konkurrenz fahrende DeltaWing, der durch eine tragische Kollision ausschied. 2014 wird der ZEOD RC wiederum als Garage-56-Projekt an den Start gehen, allerdings läuft hier noch ein Rechtsstreit mit Don Panoz wegen des DeltaWing-Designs. Ab 2015 hat Nissan in der LMP1 dann die Chance, den fehlenden Gesamtsieg endlich nachzuholen.