Nun ist meine erste suzuki-gelbe Saison also vorbei, doch wer denkt, damit verabschiede ich mich in den Winterschlaf, der liegt falsch. Wie bei vielen anderen Sportlern gilt auch bei uns Rallyefahrern: Nach der Saison ist vor der Saison und so wird auch aus dem wagemutigsten Rallyefahrer ein irgendwie doch ganz normaler Schreibtischtäter sobald die Tage kürzer werden.

Da ich mich aber doch nicht so ganz mit der normalen Schreibtischarbeit zufrieden geben will, habe ich die Zeit genutzt, um noch einmal auf die letzten beiden, doch sehr ereignisreichen Rallyes zurückzublicken. Und weil das Gedächtnis der Rallyefahrer an den Kurzzeit-Modus gewöhnt ist (was nicht bedeutet, dass wir nur von einer Kurve zur nächsten denken können...!) beginne ich natürlich mit dem letzten Einsatz: Der Rallye GB.

Nach langem Hin und Her, mit Zu- und Absagen, stornierten Flügen und Hotels sah es tatsächlich so aus, als ob wir die Rallye Wales mit einem WRC fahren könnten. Auch wenn ich am Ende ganz schön genervt war von der ganzen Prozedur, die in den Monaten zuvor damit zusammen hing, hatte alles doch wie so oft auch eine gute Seite: Meine Erwartungshaltung war relativ niedrig. So konnte mich weder das Gewicht des Autos (75 kg mehr als das Loeb- Auto) oder die über die Rallye deutlich nachlassende Leistung (erst Turboschaden dann Motorschaden), noch die Vibrationen im Auto davon abhalten mit einem breiten Grinsen das ganze Wochenende unterwegs zu sein. Schließlich wurde immerhin ein lang gehegter Traum von mir wahr!

Was die Traktion und den Schub anbelangt, den so ein Bolide mit sich bringt, da fällt mir nur ein Wort ein: Berauschend! Die Schwierigkeit bestand darin, die Geschwindigkeit bei den vorherrschenden Witterungsbedingungen RECHTZEITIG vor den Kurven wieder anständig abzubauen. Das gelang uns meistens ganz gut, manchmal aber auch nicht ;) und jetzt weiß ich: Nicht nur beim Beschleunigen, sondern vor allem beim Bremsen macht sich der Gewichtsunterschied zum Super 1600 deutlich bemerkbar!

Bei der Rallye Großbritannien erlebte Aaron Burkart sein WRC-Debüt., Foto: Sutton
Bei der Rallye Großbritannien erlebte Aaron Burkart sein WRC-Debüt., Foto: Sutton

Alles in allem war es dennoch ein gutes Wochenende. Wir konnten uns stetig steigern und das trotz der wenigen Metern, die wir vorher mit dem Auto fahren durften. Teilweise waren wir schneller als unser Teamgefährte (nein, ich meine nicht den Franzosen), der das Auto schon seit über zwei Jahren kennt! Ärgerlich war ganz klar der Zeitverlust auf der zweitletzten Prüfung. Wir sind auf Sebastièn Ogier aufgelaufen, nachdem sich dieser mit einer Rolle das Auto verbogen hatte. Seine Rückspiegel sind bei der Rolle drauf gegangen und so mussten wir 2,5 km hinter ihm herfahren, bis er merkte, dass wir hinter ihm waren. Leider verging dann auch etwas Zeit bis ich die nächsten Pacenotes meines Beifahrers wieder richtig wahrnahm. Das Resultat davon war eine zu schnell gefahrene Kurve, in der wir am äußeren Rand im Matsch stecken blieben...immerhin konnten wir einen matschigen Overall (natürlich der des Beifahrers), mehrere schmutzige Zuschauer und runde 4,5 Minuten später die Fahrt fortsetzen. So wurde aus einem 9. Platz leider dann der 12.

Ich könnte mich jetzt maßlos darüber ärgern oder ich kann mich freuen, dass es trotz allem eine Wahnsinns-Erfahrung war und mir am Ende sogar die Wangen vom Grinsen schmerzten. Ich habe mich für die zweite Version entschieden und grinse auch jetzt beim Schreiben gerade wieder und das ist auch gut so, denn beim JWRC-Finale in Spanien hatte ich weitaus weniger zu lachen.

Hoch motiviert sind wir angereist, um zumindest den zweiten Platz in der Meisterschaft wieder einzufahren. Mit etwas Abstand würde ich behaupten, dass wir wohl etwas zu sehr motiviert waren. Wir sind zu aggressiv an die Rallye herangegangen und wieder stimmte ein alter Spruch: Man kann die Rallye nicht auf der ersten Prüfung gewinnen. Verlieren aber sehr wohl. Wir wussten, dass es in der Nacht geregnet hatte und dass die Strecken teilweise noch feucht waren. Was wir erst in der Prüfung heraus fanden, waren die tatsächlichen Bedingungen: Es war höllisch schmierig! Eine einfache Addition aus diesen Bedingungen und aggressiven Fahrwerkseinstellungen und zwei Piloten im Attacke-Modus ergab zwei Dreher auf WP 1. Laut Datalogger lohnt sich ein etwas detailliertere Betrachtung des zweiten Drehers: Mit 165 km/h rückwärts von der Strasse, über einen Erdwall, zwischen zwei Bäume, dann dank einiger jungen Bäume und Büsche "final parking position". Wir kamen zwar zurück auf die Strecke und retteten uns auch bis in den Service, aber das war kein Zuckerschlecken. Auch wenn ein Suzuki viel verkraftet, das steckte der Kleine nicht so einfach weg. Ich würde sagen, er war sogar ziemlich krumm und dementsprechend instabil.

Was mich freute und vor allem die Ingenieure (die sich das Malheur im Service genauer ansehen konnten) überraschte, war, dass die Zeiten trotzdem ganz in Ordnung waren. Ein optimaler Rallyebeginn sieht anders aus. Wir schleppten uns also mehr oder weniger zurück nach Salou zum Service, um zunächst die groben Schäden reparieren lassen zu können. Doch es blieb genug Arbeit übrig für die kommenden Service-Zeiten....da haben wir ganze Arbeit geleistet. Wir konnten uns trotzdem immerhin wieder auf den vierten Platz nach vorne kämpfen, mit nur noch wenigen Sekunden Rückstand auf den bis dato Drittplazierten Spanier.

Nch ist unklar, wie es weiter geht, doch Aaron Burkart freut sich bereits auf das nächste Jahr., Foto: Suzuki
Nch ist unklar, wie es weiter geht, doch Aaron Burkart freut sich bereits auf das nächste Jahr., Foto: Suzuki

Am frühen Samstagmorgen konnten wir auf der ersten Prüfung Rang 3 erobern, allerdings währte die Freude nur kurz: Auf der nächsten Prüfungen brach die Aufhängung beim Anbremsen vor einer Kurve komplett. Eine heftige Bremsspur zeigte daraufhin geradeaus in die Auslaufzone, in der wir dann standen. Es stellte sich heraus, dass es sehr wahrscheinlich ein Folgedefekt des Drehers am ersten Tag war. Natürlich waren wir alle sehr enttäuscht. Doch es kam noch schlimmer: Martin Prokop hatte sein Auto in die Leitplanke befördert – somit hätten wir auf dem notwenigen zweiten Platz gelegen, der uns den Vizemeistertitel gesichert hätte. Um noch einmal die guten alten Sprüche zu bemühen: Hätte, wenn und könnte zählen aber nicht!

So kurz war also der zweite Tag und damit schnell zum dritten, den wir dank des (noch geltenden) SupeRallye Reglement in Angriff nehmen konnten. Und, oh Wunder, es ging alles glatt. Auf jeder richtigen Prüfung (die Zuschauerprüfung mit ihren 4 km lassen wir mal außen vor), die gefahren und gewertet wurde, haben wir die Bestzeit gesetzt. Ein doch noch versöhnlicher Ausklang für eine Rallye, die mir noch lange in Erinnerung bleiben wird und eine Saison, in der ich unheimlich viel gelernt habe und die ich zusammen mit den Profis von Suzuki Sport Europe sehr genossen habe. Mit viel Kompetenz und noch mehr Einsatz haben mir die Jungs diese Saison gezeigt, was echter Teamgeist ist und wie viel man schaffen kann. Denn auch wenn wir es nicht geschafft haben, unsere Platzierung in der Meisterschaft zu toppen, so haben wir doch unheimlich viel erreicht. Der Suzuki ist inzwischen ein gutes Allround-Auto und ein tatsächlich ernst zu nehmender Konkurrent auf Asphalt. Nun blicke ich auf eine Saison voller wichtiger Ereignisse zurück und damit ich das im kommenden Jahr auch wieder sagen kann, wird es jetzt Zeit, dass ich mich wieder den Rallyedingen auf meinem Schreibtisch widme und mich auf die weitere Sponsorensuche und anstehenden Gespräche mit verschiedenen Teams gut vorbereite.

Ich wünsche euch allen einen schönen Winter und hoffe, dass wir uns baldmöglichst an den Rallyestrecken treffen (denn mal ehrlich – wer tauscht nicht gerne sofort seinen Schreibtischstuhl sofort gegen einen ordentlichen Rallyesitz??)