Dramatisches Debüt der Rallye-Weltmeisterschaft in Norwegen: Die anspruchsvollen Schneepisten rund um Hamar und Lillehammer sorgten für einen Rallye-Krimi sondergleichen. Ford-Werkspilot Mikko Hirvonen ließ sich jedoch nicht beirren und fuhr einen wohlverdienten Start-Ziel-Sieg nach Hause - sein bislang zweiter Erfolg bei einem WM-Lauf. Dabei verwies der 28-jährige Youngster seinen Teamkollegen Marcus Grönholm auf Rang zwei, während sich Titelverteidiger Sébastien Loeb nach Fahrfehlern mit einem enttäuschenden Platz 13 zufrieden geben musste. In den WM-Tabellen haben BP Ford und Grönholm nach dem dritten von 16 Saisonläufen die Führung übernommen.

Die "Nordische Kombination" bestehend aus den Winter-Rallyes in Schweden und Norwegen hat eindeutig Ford für sich entschieden: Nach dem Sieg von Marcus Grönholm vor gut einer Woche in Schweden war es nun sein junger Teamkollege Mikko Hirvonen, der das WM-Debüt der Rallye Norwegen gewinnen konnte. Obwohl der 26-jährige Finne nur auf vier der insgesamt 18 Wertungsprüfungen die Bestzeit setzte, konnte er seine Führung mit einem 14-Sekunden-Vorsprung vor Grönholm ins Ziel bringen.

Als großer Verlierer des Wochenendes steht der amtierende Weltmeister Sébastien Loeb fest. Der Citroën-Xsara-Pilot wollte sich rund um Hamar für seinen dritten Rang bei der Rallye Schweden revanchieren, doch der Schuss ging für den 32-Jährigen auf der zwölften Wertungsprüfung nach hinten los: Der Franzose verbremste sich an einem Abzweig und rutschte mit seinem Turbo-Allradler in eine Schneewehe, aus der er sich trotz massiver Hilfe der anwesenden Zuschauer erst nach acht Minuten wieder befreien konnte. Der Versuch, den Rückstand mit bedingungsloser Attacke möglichst gering zu halten, endete auf der folgenden WP erneut in einer weißen Wand. Loeb fiel bis auf die 18. Position zurück und musste sich am Ende mit Rang 13 zufrieden geben - obwohl er mit acht Bestzeiten seine Schnelligkeit mehr als eindeutig unter Beweis gestellt hatte.

Hirvonen von Anfang an vorne

Neue Wertungsprüfungen, neuer Aufschrieb, neue Herausforderung: Die Rallye Norwegen führte die weltbesten Driftkünstler auf unbekanntes Parkett - das sich zudem als ausgesprochen fordernd erweisen sollte. Hirvonen verwandelte die Steilvorlage direkt: Er setzte gleich auf der ersten, immerhin 30,03 Kilometer langen WP eine deutliche Bestzeit und verwies seinen Teamkollegen Marcus Grönholm um 11,1 Sekunden auf Rang zwei. Damit nicht genug: Auch den zweiten Durchgang über diese Prüfung entschied der Youngster für sich. Im Etappenziel lag er 15,5 Sekunden vor seinem Landsmann. "Der bislang beste Tag meiner Rallye-Karriere", grinste Hirvonen. "Bereits beim Aufwachen heute morgen wusste ich, dass alles möglich ist. Mein Griff zu den ganz langen Spikes von BFGoodrich erwies sich als goldrichtig. Ich musste wirklich hart kämpfen, aber es ist ein tolles Gefühl, mich mit einem Sébastien Loeb oder Marcus Grönholm duellieren zu können."

Dem zweiten Ford-Werkspilot war etwas weniger zum Lachen zumute. "Ich komme nicht in den richtigen Rhythmus", befand "Magic Marcus", der sich am Morgen für mittellange Spikes entschieden hatte. "Unser Aufschrieb ist etwas optimistisch ausgefallen, ich musste ihn bereits mehrmals korrigieren." Auch Loeb zeigte sich unzufrieden mit seiner Vorstellung - obwohl er fünf der acht Wertungsprüfungen für sich entschieden hatte: "Ich fahre nicht sehr gut. Allerdings ist auch unsere Startposition ein Handicap, denn wir müssen als erste auf die Strecke. Das wird sich morgen gottlob ändern."

Extreme Bedingungen sorgen für Überraschungen

Auch der Samstag begann mit einem Knalleffekt: der 44,28 Kilometer langen Wertungsprüfung "Eiverum 1". "Ich wusste, dass meine Kontrahenten genau hier attackieren würden", erläuterte Hirvonen später. "Also habe ich auch angegriffen. Auf dem frischem Neuschnee funktionierten die normal-langen Nägel in meinen BFGoodrich Pneus perfekt." Ergebnis: Der Ford-Junior gewann erneut und konnte auch auf der nächsten Schlüssel-WP - der restlos verschneiten "Mountain 1" mit 24,36 Kilometern Länge - dominieren. "Das war wirklich schwierig, denn dort tobten Schneestürme, ich konnte kaum etwas sehen - so eine Prüfung habe ich noch nie erlebt!"

Die Konkurrenz des jungen Manns aus der finnischen Rallye-Hochburg Jyväskylä begann indes an sich zu zweifeln. "Ich kann ihm einfach nicht folgen", rätselte sein Teamkollege Grönholm. "Die Bedingungen sind wirklich hart: so viel Schnee!" Dass sich der 39-Jährige gedanklich bereits mit der zweiten Position anfreunden konnte, wurde ihm von einem anderen Umstand einfacher gemacht: dem Untergang seines WM-Rivalen Sébastien Loeb. "Auf WP 11 habe ich den Luftfilter meines Citroën mit Schnee verstopft, das hat Leistung gekostet", rapportierte der Franzose. "Auf der folgenden WP bin ich auf Eis ausgerutscht und habe eine Schneewand getroffen. Das hat acht Minuten gekostet. Danach wollten wir maximal angreifen, um noch Punkte für die Konstrukteurs-Wertung zu retten, sind aber erneut abgeflogen." Citroën-Teamchef Guy Fréquelin, der zuvor bereits den Ausfall seines zweiten Piloten Dani Sordo zur Kenntnis nehmen musste: "Wir hatten auch schon bessere Tage..."

Spannender Schluss-Akkord

Das Duell um die Spitze war zu Beginn der dritten Etappe bereits entschieden: BP-Ford-Teamchef Malcolm Wilson hatte bereits am Samstag - seinem 51. Geburtstag - um die Einstellung der Kampfhandlung gebeten, um das fantastische Ergebnis für die Marke mit dem blauen Oval nicht noch zu gefährden. Dafür sorgten zwei Lokalhelden für Begeisterung unter den Zuschauermassen entlang der letzten vier Wertungsprüfungen: Stobart-Ford-Pilot Henning Solberg hatte seinem kaum zwei Jahre jüngeren Bruder - Ex-Weltmeister und Subaru-Star Petter Solberg - auf der ersten Prüfung des Sonntags den dritten Rang in der Gesamtwertung abgeluchst und verteidigte den Platz auf dem Podest mit Händen und Füßen.

Allerdings profitierte Henning von einem Reifen-Vorteil: Petter hatte im Vorfeld der Rallye zu wenig BFGoodrich Pneus mit extra langen Spikes nominiert und seinen Bestand bereits aufgebraucht. 16 Sekunden trennten die Brüder aus Spydeberg - in ihrer Heimat fast noch populärer als die Schumacher-Brüder in Deutschland – vor der letzten, noch einmal 44,28 Kilometer langen Abschlussprüfung. Und gerade so, als wolle er den Zweikampf extra anheizen, würgte der Ford-Mann sein World Rally Car am Start auch noch ab. Dennoch erreichte er das Ziel mit einem Vorsprung von 0,5 Sekunden (!) vor Petter - der Kuchen war gegessen.