Kopfüber in "Down under": Der australische Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft unterstrich auch in diesem Jahr wieder, dass er zu den schwierigsten Aufgaben für die virtuosen Lenkrad-Artisten gehört. Feine Schotterkugeln sorgen für ein extrem rutschiges Geläuf, das angesichts der dicht am Straßenrand weilenden Eukalyptus-Bäume bereits den kleinsten Fehler bitter bestraft. Eine Erfahrung, die in diesem Jahr sogar Titelkandidat Marcus Grönholm machen musste.

Gerademal fünf Kilometer nach dem Start zur ersten echten Wertungsprüfung, der 15,92 Kilometer langen "Murray Nord", feuerte der zweifache Champion seinen Ford Focus RS ins Unterholz. "Ich habe auf der Innenseite einer zweite-Gang-Rechtskurve einen Stein getroffen, der uns aushebelte", seufzte der Finne, der als einziger Teilnehmer im Fahrerfeld dem Tabellenführer Sébastien Loeb noch die Weltmeisterschaft hätte streitig machen können. "Wir überschlugen uns langsam und landeten auf dem Dach. Dank der Hilfe von einigen Zuschauern konnten wir das Auto wieder auf die Räder stellen, doch dabei kam es auf einem Baumstumpf zu liegen - bis wir den Wagen frei hatten, vergingen mehr als zehn Minuten…"

Damit war Grönholm - der auf den nächsten Prüfungen angesichts fehlender Scheiben unter dichtem Staub im Cockpit litt - nicht nur im Kampf um den Sieg aus dem Rennen und fiel bis auf den 56. Platz zurück. Die Ausfall- und Unfallorgie hatte damit aber erst so richtig begonnen. Dani Sordo, das spanische Nachwuchstalent in Citroën-Diensten, musste seinen BFGoodrich-bereiften Xsara nach nur wenigen Metern mit einem Getriebeschaden abstellen. Matthew Wilson zerbröselte am gleichen Stein, der bereits Grönholm zum Verhängnis geworden war, die Lenkung seines Focus RS. Luis Perez Companc - im zweiten 2006er Turbo-Allradler des VK Stobart-Teams unterwegs - wollte da nicht zurückstehen und schmiss seinen Ford auf der nächsten Prüfung nach einer Rolle gegen einen Baum, um das Desaster für Ford zu komplettieren. Aber auch andere blieben nicht verschont: Henning Solberg zerstörte seinen Peugeot 307 CC WRC durch einen heftigen Abflug auf der WP 6, die auch dem jungen Subaru-Piloten Chris Atkinson zum Verhängnis wurde. Der Australier hatte die Rallye vor eigenem Publikum angeführt, als er mit seinem Impreza von der Strecke rutschte und auf einer Sandbank viel Zeit einbüßte.

Nur einer hatte am Freitagabend im Etappenziel gut lachen: Ford-Junior Mikko Hirvonen. "Ich habe mir keine Fehler erlaubt, Probleme traten auch nicht auf - das ist der Grund, warum wir in Führung liegen", so der BFGoodrich-Partner vergnügt. Noch nie zuvor hatte er am Ende des ersten Tages bei einem WM-Lauf auf dem ersten Platz gelegen. "Aber mir fehlen die Worte um zu beschreiben, wie rutschig diese Schotterpisten sind", so der Finne, dessen Führung 26,2 Sekunden betrug. "Das ist wie Fahren auf Eis, aber du darfst dir auch nicht den kleinsten Patzer erlauben."

"Die Prüfungen erwiesen sich selbst dann noch als extrem rutschig, als sie zum zweiten Mal befahren wurden", analysierte Patrick Letor, der Rallye-Cheftechniker von BFGoodrich. "Hier kommt es extrem darauf an, das Laufflächenprofil durch gezieltes Nachschneiden per Hand etwas zu öffnen, um die vielen kleinen Steine aus dem Weg zu räumen und Halt im griffigeren harten Untergrund zu finden."

BFGoodrich-Partner Manfred Stohl gewinnt Duell um Rang drei

Hinter Hirvonen startete Petter Solberg in den zweiten Tag. Doch der Versuch, auf den Focus-Piloten Druck auszuüben, misslang dem Norweger: Cool legte der Ford-Mann auf den ersten fünf Prüfungen drei Bestzeiten vor und distanzierte den Norweger weiter. Noch krasser ließ es nur noch Marcus Grönholm fliegen: Der 38-Jährige gewann fünf weitere WP und arbeitete sich beharrlich nach vorn. Bis zum Samstagabend lag er bereits wieder auf Platz sieben. "Ich will noch bis auf Rang fünf nach vorn, mehr können wir aus eigenen Kräften nicht mehr erreichen", so der Finne.

Sein Teamkollege zeigte sich zum gleichen Zeitpunkt ungleich zufriedener: "Für mich lief es heute fantastisch, ich habe richtig Spaß", strahlte Hirvonen im Etappenziel. "Ich richte mein Tempo auf die Zwischenzeiten von Petter Solberg aus, die ich im Cockpit ablesen kann. An den Sieg denke ich noch nicht, für Ford sind die Punkte in der Teamwertung noch wichtiger."

Weit aus weniger taktisch ging es hinter Solberg im Kampf um die dritte Position zu: "Austro-Express" Manfred Stohl hatte zu Beginn des Samstags das Fahrverhalten seines BFGoodrich-bereiften Peugeot 307 CC WRC zur eigenen Zufriedenheit modifiziert und blies zur Attacke auf den Citroën Xsara von Xavier Pons. In Windeseile konnte er den 9,2-Sekunden-Vorsprung des Spaniers egalisieren und zog in WP 13 um 0,1 Sekunden vorbei. Pons revanchierte sich gleich auf der nächsten Prüfung zwar noch einmal, ab WP 15 jedoch war der Österreicher vorbei. Am Ende des Tages lag der 31-Jährige aus der Nähe von Wien bereits mit mehr als 20 Sekunden vorn und sollte schlussendlich zum zweiten Mal in Folge bei dieser anspruchsvollen Rallye den Sprung aufs Podest schaffen.

Mikko Hirvonen machte den Sieg mit weiteren Bestzeiten klar

Alle Hoffnungen von Solberg, Hirvonen auf den sechs verbliebenen Tests am Sonntag mit drei Bestzeiten noch abzufangen, erwiesen sich als Trugschluss: Der Finne verteidigte seinen Vorsprung unbeeindruckt bis ins Ziel und gewann seinerseits die übrigen drei Prüfungen. "Das ist fantastisch", jubelte der 26-Jährige anschließend. "Der Druck, der auf mir lastete, war enorm. Petter hat mich ziemlich gejagt, aber ich konnte ihn unter Kontrolle halten. Ich kann es kaum glauben, dass ich endlich meinen ersten Sieg geschafft habe! Meine BFGoodrich-Reifen haben großen Anteil an diesem Erfolg. Speziell am Samstagmorgen wählte ich genau die richtigen Pneus aus, nämlich die etwas härtere ,9+'-Mischung des g-Force Gravel. Damit lag der Focus besonders bei hohem Tempo sehr stabil. Auch das Nachschneiden des Profils zahlte sich aus."

BFGoodrich-Rallye-Cheftechniker Patrick Letort: "Von der mittelweichen ,9-' Mischung bis hin zum ,9+' kamen hier in Australien alle Laufflächenmischungen des g-Force Gravel zum Einsatz, die wir dabei hatten."

Der neue und alte Weltmeister heißt damit Sébastien Loeb

Während Mikko Hirvonen seinen ersten WM-Laufsieg feiern darf, konnte Tabellenführer Sébastien Loeb in der heimatlichen Schweiz die Korken knallen lassen: Mit einem Vorsprung von 21 Punkten ist dem Franzosen die dritte Fahrer-Weltmeisterschaft in Folge bei den noch ausstehenden zwei Saison-Rallyes nicht mehr zu nehmen. "Eine einzigartige Leistung", lobte Aimé Chatard, der Leiter des Rallye-WM-Einsatzes von BFGoodrich. "Als Reifenhersteller sind wir besonders stolz, Sébastien auf dem Weg zu diesem tollen Erfolg begleiten zu dürfen. Mit acht Laufsiegen und zwölf Podiumsplatzierungen bei den zwölf Rallyes, an denen er bis zu seiner Verletzung teilnehmen konnte, hat er sich als würdiger Champion gezeigt. Er war auf jedem Straßenbelag, unter allen Bedingungen und bei jedem Wetter konkurrenzfähig. Meine Gratulation an Sébastien, seinen Beifahrer Daniel Elena, das Kronos Citroën Team und auch die BFGoodrich-Techniker, die ihren Anteil an diesem Erfolg geleistet haben."

Notiz am Rande: Sébastien Loeb ist nicht der erste Rallyefahrer, der einen WM-Titel in Abwesenheit erringen konnte. 1998 befand sich Tommi Mäkinen nach einem Unfall beim Saisonfinale - der RAC-Rallye England - bereits auf dem Weg zum Flughafen, als sein Titelrivale Carlos Sainz in Sichtweite des Ziel der letzten Prüfung mit einem Motorschaden ausrollte und dem Spanier der längst sicher geglaubte Erfolg noch aus den Händen glitt.