Duell der Giganten, Runde zwölf: Der spannende Zweikampf zwischen den BFGoodrich-Partnern Sébastien Loeb und Marcus Grönholm setzte sich auch auf der unabhängigen Mittelmeer-Insel Zypern fort. Als aktuellem Tabellenführer kam Loeb dabei auf der ersten Etappe am Freitag die undankbare Aufgabe zu, als erster auf die engen, verwinkelten Schotterstrecken gehen zu müssen - die noch von einer dichten Staub- und rolligen Steinchenschicht bedeckt waren. "Diese Situation kennen wir bestens", analysierte der Franzose, der sich in Japan mit 27-WM-Laufsiegen an die Spitze dieser ewigen Bestenliste gesetzt hatte. "Am ersten Tag fegen wir für die anderen Fahrer die Pisten und verlieren dabei viel Zeit, die wir uns anschließend wieder zurück erkämpfen müssen."

Als Profiteur nutzte Ford Focus RS-Pilot Marcus Grönholm diese Ausgangslage für sich: Mit vier Bestzeiten auf den ersten fünf Wertungsprüfungen übernahm der finnische Doppelweltmeister sogleich die Führung - auch wenn sein Titelkonkurrent am Nachmittag noch die letzten drei WP für sich entschied und dadurch seinen Rückstand von 18,5 auf 6,4 Sekunden verringern konnte. "Mein erstes Ziel habe ich erreicht: Ich gehe auf Platz eins in die zweite Etappe", so Grönholm. "Aber mein Vorsprung ist nicht groß genug, um sich darauf ausruhen zu können. Möglicherweise habe ich mich für den zweiten Durchgang bei der Reifenwahl etwas vergriffen - ich hatte schlicht nicht damit gerechnet, dass noch so viel loser Schotter auf der Straße liegen würde. Erst fehlte mir Gripp, dann auch das notwendige Selbstvertrauen."

Kein Grund für den 38-jährigen Skandinavier, nicht auch den Samstag mit schnellen Zeiten zu eröffnen: Er gewann die beiden mit 9,49 beziehungsweise 7,99 Kilometern vergleichsweise kurzen Auftaktprüfungen. Grönholms Abstand vor Loeb kletterte auf 10,2 Sekunden. Doch der Elsäßer, der sich für die schmaleren Schotterpneus von BFGoodrich entschieden hatte, begehrte auf. Er zeigte ausgerechnet auf der Königs-WP, der mit 30,33 Kilometer besonders langen "Goini - Koilinia 1", dass er sich noch lange nicht geschlagen gegeben hatte: Der Citroën-Mann knöpfte seinem Kontrahenten die Bestzeit ab - mit einem Vorsprung von 0,1 Sekunden… Auch die folgende Prüfung (13,33 km) ging an Loeb, den in der Mittagspause nur noch 8,5 Sekunden von Grönholm trennten.

Am Nachmittag standen die gleichen vier Wertungsprüfungen vom Morgen an - und die Wettervorhersagen prophezeiten nochmals höhere Temperaturen als die 38 Grad Celsius, die die Luft zum Flirren und die Kondition der Rallye-Besatzungen mit 60 Grad an Bord der World Rally Cars zum Kochen brachten. Loeb ließ BFGoodrich "H1"-Reifen aufziehen, die sich durch eine etwas breitere Auflagefläche auszeichnen und damit auf den mittlerweile ausgefahrenen Eselpfaden mehr Traktion versprachen. "Das war genau die richtige Entscheidung", freute sich der amtierende Weltmeister später. "Mit diesen Pneus haben wir uns bei den hier herrschenden Bedingungen genau den entscheidenden Vorteil gesichert."

Loeb - wie gewohnt praktisch ohne erkennbaren Fehler unterwegs - sorgte für klare Verhältnisse: Vier Bestzeiten ließ er seinem Konto gutschreiben. Statt mit einem Rückstand kehrte er als neuer Führender und mit einem Vorsprung von 21,8 Sekunden in den Servicepark der Hafenstadt Limassol zurück. "Keine Ahnung, warum wir so viel Zeit verloren haben", schüttelte Grönholm den Kopf. "Ich hatte mich für andere Reifen entschieden als Sébastien, da wir die von ihm genutzten Pneus zuvor nie getestet haben. Aber es lag wohl auch an mir. Ich fand einfach keinen brauchbaren Rhythmus, und dann legte ich auch noch einen Dreher aufs Parkett, der weitere acht Sekunden gekostet hat."

Damit war die Vorentscheidung gefallen, denn der Xsara WRC-Drifter behielt auch auf den letzten sechs WP, die am Sonntag noch auf dem Programm standen, die Nerven - und verbesserte mit WM-Laufsieg Nummer 28 seinen eigenen Rekord. Zugleich stellte Loeb mit diesem Ergebnis endgültig die Weichen in Richtung dritter Weltmeistertitel: Mit 112 Punkten liegt er vier Rallyes vor Saisonende bereits 35 Zähler vor Grönholm, der maximal noch 40 Punkte aufholen kann.

Das Duell um den Weltmeistertitel der Teams gewinnt an Dramatik

Ist die Frage nach dem neuen (und alten) Champion damit praktisch entschieden, spitzt sich die Lage in der Teamwertung weiter zu - mit einer Ausnahme: Wer auch immer diese Wertung für sich entscheidet, wird aller Voraussicht nach auf Rallye-Pneus von WM-Neuling BFGoodrich rollen. Durch den dritten Rang von Mikko Hirvonen im zweiten Focus RS WRC des BP-Ford-Werksteams verkürzte die Mannschaft von Sportdirektor Jost Capito ihren Rückstand auf Kronos-Citroën von elf auf nunmehr noch sieben WM-Zähler. Hirvonen und Beifahrer Jarmo Lehtinen lieferten auf Zypern erneut eine tadellose Vorstellung ab und hielten den von hinten drängelnden "Austro-Express" in Form der Peugeot 307 CC WRC-Besatzung Manfred Stohl / Ilka Minor sicher auf Distanz. Junior-Weltmeister Dani Sordo am Steuer des zweiten Citroën Xsara WRC des Kronos-Teams hatte seinen Turbo-Allradler bereits am Freitag mit einem Motorproblem abstellen müssen. Der junge Spanier konnte zwar nach SupeRallye-Reglement zur zweiten Etappe wieder starten, kam aber über den elften Rang nicht mehr heraus, nachdem er auf der abschließenden - längst annullierten - Zuschauerprüfung auch noch mit einer Mauer kollidierte.

Eine Rallye zum Vergessen erlebte das Red Bull Skoda-Team von Armin Schwarz und Raimund Baumschlager: Sowohl Harri Rovanperä als auch Nachwuchstalent Andreas Aigner mussten ihre BFGoodrich-bereiften Fabia WRC bereits auf der ersten Wertungsprüfung abstellen - die enorme Hitze hatte die Elektronik kollabieren lassen.