Dass Titelverteidiger Sébastien Loeb auf Korsika klarer Favorit ist, dies hat sich der sympathische Elsäßer selbst zuzuschreiben: Der Citroën Xsara-Pilot gehört auf asphaltierten Wertungsprüfungen seit geraumer Zeit als nahezu unschlagbar. Im Vorjahr noch gelang ihm zum Beispiel das einzigartige Kunststück, auf sämtlichen WP die Bestzeit zu setzen - damals noch mit Rallye-Pneus von Michelin.

Seit dem vergangenen Jahr hat sich jedoch einiges geändert: Die französische Reifenmarke hat den Staffelstab nach einem mehr als 30-jährigen Engagement in der Rallye-Weltmeisterschaft an die Konzernschwester BFGoodrich weitergereicht. Mit Erfolg, wie das erste Saisonviertel bislang bewies: Vier von vier Veranstaltungen konnte die Mannschaft von BFGoodrich-Manager Aimé Chatard bislang souverän für sich entscheiden - darunter neben Schotter-, Winter- und Schnee-Rallyes auch die Asphalt-Hatz von Spanien. Beste Vorzeichen für die Kurven-Orgie auf der Mittelmeer-Insel Korsika also?

Nicht nur Sébastien Loeb, auch sein diesjähriger Titelrivale Marcus Grönholm und viele andere BFGoodrich-Partner beeilten sich, diese Prognose zu bestätigen. Gleich auf der ersten Wertungsprüfung, der 32,89 Kilometer langen und für die Rallye-Slicks besonders strapaziösen "Ampaza - Col St. Eustache", riss Loeb die Führung an sich. Und wie: Im Vergleich zu 2005 verbesserte der Xsara WRC-Fahrer den bisherigen Streckenrekord gleich um 17 Sekunden. Noch verwunderlicher: Dem amtierenden Weltmeister gelang diese Leistung sogar mit einem beschädigten Reifen! "Aber das pannenresistente ,Mousse'-System innerhalb des Pneus funktionierte perfekt, ich musste das Rad nicht einmal für die nächste Prüfung wechseln", so Loeb, der mit der mittleren Mischung die beiden morgendlichen WP bestritt, bevor er für den Nachmittag auf eine etwas härtere Lauffläche wechselte.

Dass es für den Lokalmatadoren kein Kinderspiel werden würde, dafür sorgte Ford-Pilot Marcus Grönholm, ebenfalls auf BFGoodrich unterwegs. "Mein Auto fühlt sich nicht so präzise an wie noch in Spanien", analysierte der Zweitplatzierte das Zwischenergebnis am Ende der ersten Etappe. "Gegen Ende der Prüfungen verlieren wir Zeit, weil dann der Luftdruck in den hinteren Reifen zu hoch ist. Dies könnte daran liegen, dass ich auf den welligen Pisten viel mit dem linken Fuß bremse." Auf den folgenden sieben Rängen: Alex Bengué (Peugeot), Mikko Hirvonen (Ford), Dani Sordo, Xavi Pons (beide Citroën), Jari-Matti Latvala (Ford), Nicolas Vouilloz und Manfred Stohl (beide Peugeot) - allesamt Partner von BFGoodrich.

Der Samstag gehörte im Kampf um Platz drei dem jungen Dani Sordo

Den Rallye-Samstag begann Loeb so wie bereits die erste Etappe: mit einer neuerlichen Bestzeit. "Ich habe attackiert, um vor einer Attacke von Marcus gewappnet zu sein", so der Franzose, der sich für etwas weichere Reifen entschieden hatte als sein Rivale. "Danach konnte ich mein Tempo auf ihn ausrichten und die Sache kontrollieren." Grönholm haderte indes ein wenig mit dem Set-up seines Focus RS, aber auch mit seiner eigenen Vorstellung: "Ich bin mit mir selbst nicht zufrieden", so der 38-Jährige. "Die Prüfungen sind sehr schwierig, aber ich habe einfach nicht hart genug angegriffen. Gestern abend änderten wir die Dämpfer-Einstellungen, das zahlte sich nicht aus. Also haben wir am Service-Punkt wieder zurückgebaut."

Dani Sordo, Loebs junger Teamkollege im werksunterstützten Hause Kronos-Citroën, feierte ein beeindruckendes Comeback. Am Freitag noch hatte er mit einem elektronischen Problem Zeit eingebüßt und war bis auf den fünften Rang zurückgefallen, die zweite Etappe nutzte er zu einer grandiosen Aufholjagd, die ihm auf der siebten Prüfung sogar die erste von zwei Bestzeiten einbrachte. Lohn der Mühe vor dem Schlusstag: Rang drei vor Mikko Hirvonen im zweiten Werks-Ford Focus RS, der sich auf WP 6 die schnellste Zeit hatte notieren lassen.

Vier Prüfungen standen auch am Sonntag auf dem Programm, erneut legte Loeb mit einer Bestzeit vor. Wie eng es in der Rallye-WM zugeht, dafür legte die immerhin 31,81 Kilometer lange WP 8 "Pont de Calzola - Agosta" Zeugnis ab: Dani Sordo blieb mit 18.57,7 Minuten schnellster - doch Marcus Grönholm und Sébastien Loeb fuhren beide kaum 0,5 Sekunden (!) langsamer.

Am Endergebnis sollte dies nichts mehr ändern: Der Vorjahressieger blieb auch bei der diesjährigen Ausgabe der Rallye Korsika ungeschlagen und sicherte sich damit den dritten Erfolg beim fünften Saisonlauf. "Das war für uns alles andere als ein Kinderspiel", so Loeb im Ziel. "Ich musste hart angreifen, um Marcus Grönholm hinter mir zu halten. Dazu musste ich das Reifenmaterial, das mir an diesem Wochenende zur Verfügung stand, genau einteilen - wir hatten im Vorfeld mit schlechteren Wetterbedingungen gerechnet. Doch die Pneus von BFGoodrich erwiesen sich einmal mehr als schnell und ausdauernd zugleich."

Aimé Chatard, bei BFGoodrich zuständig für den Rallye-Sport: "Wir haben der ,Tour de Corse' mit Spannung entgegen geblickt, denn keine andere Asphalt-Veranstaltung setzt die Reifen solchen Torturen aus wie dieser Saisonlauf. Am Ende der mit 34 Kilometern längsten Wertungsprüfung konnte man den erschöpften Gesichtern der Fahrer ansehen, welche Leistung sie vollbracht haben - den Pneus ergeht es nicht anders. Anhand der Temperatur- und Druckindikatoren lässt sich erkennen, welchen enormen Belastungen sie ausgesetzt sind." BFGoodrich bereifte auf Korsika die sieben Erstplatzierten des Gesamtklassements.

Sébastien Loeb baute mit diesem Erfolg seinen Vorsprung in der Fahrerwertung auf Grönholm um weitere zwei Zähler auf elf Punkte aus. In der Konstrukteurs-Tabelle geht es enger zu: Hier belegt Kronos-Citroën mit lediglich drei Zählern Abstand den ersten Rang vor BP-Ford. BFGoodrich stattet beide Teams mit Reifen aus.