In wenigen Wochen werden die Boliden für 2017 homologiert. Daher laufen die Teams seit Monaten auf Hochtouren und spulen fleißig Testkilometer ab. Motorsport-Magazin.com verschafft euch einen Überblick, wer was getestet hat und wo es Nachholbedarf gibt.

Bevor wir einen Blick auf Volkswagen, Hyundai, Citroen, M-Sport und Toyota werfen, führen wir uns vor Augen, was sich für 2017 ändert. Im Vergleich zu den Boliden, die seit 2011 zum Einsatz kamen soll die neue Generation breiter, schneller und lauter werden.

Das Chassis darf aerodynamisch freier gestaltet werden als zuvor und ist etwa 50 Millimeter breiter. Unter der Motorhaube werkelt ein 1,6-Liter-Turbo-Motor mit Direkteinspritzung und etwa 380 PS. Das Mindestgewicht wurde um 25 Kilogramm reduziert. Ein Mitteldifferential soll für bessere Traktion sorgen.

Die Teams begannen in der Regel mit einem Testträger, sprich einem älteren Modell, an das 2017er Teile montiert wurden. Seit April wurde es jedoch ernst - die ersten Prototypen wurden auf Herz und Nieren geprüft.

Volkswagen

Der Dominator der vergangenen Jahre lässt sich kaum in die Karten blicken. Fest steht, dass Testpilot Dieter Depping im Juni auf dem Truppenübungsplatz Baumholder 150 Kilometer abspulte. Auch die Stammpiloten Jari-Matti Latvala, Sebastien Ogier und Andreas Mikkelsen sowie Testpilot Marcus Grönholm haben den Polo getestet - unter anderem in Portugal und Finnland.

"Es liegt noch viel Arbeit vor uns, es geht sicherlich nicht nur noch ums Feintuning", betonte Mikkelsen am Rande der Rallye Deutschland gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Wir müssen in vielen Bereichen noch überlegen, in welche Richtung wir mit dem Setup gehen. Wir müssen in den nächsten Wochen noch einige Dinge definieren."

Da den Teams in dieser Saison nur 42 Testtage zustehen, in denen sie sich sowohl auf die diesjährigen Events als auch die nächste Saison vorbereiten können, hat Volkswagen eine radikale Herangehensweise gewählt, wie Technikdirektor Francois-Xavier Demaison gegenüber Autosport verrät. "Deshalb bestreiten wir dieses Jahr alle Tests vor den Events mit dem 2017er Auto", erklärte er.

Das habe natürlich Nachteile und die Fahrer hätten ihn schon mehrfach angefleht, sich mit dem aktuellen Auto auf die Events vorbereiten zu dürfen. "Aber ich sage ihnen: 'Nein, ich bin ein Bastard und das wisst ihr!'", nahm Demaison kein Blatt vor den Mund. "Ich muss ihnen das sagen, denn sonst wird es für uns nächstes Jahr sehr viel schwieriger. Es ist wichtiger für uns, den Fokus auf 2017 zu legen."

Seit Ende August testet Volkswagen sein finales Modell für 2017, das sich seit dem Test auf dem Truppenübungsplatz Baumholder deutlich verändert hat. Front- und Heckschürze, Diffusor, Kotflügel, Lufteinlässe, Heckflügel, Motorhaube und sogar die Türen sind neu. Fotos des Boliden sind zur Erleichterung von Volkswagen noch nicht aufgetaucht.

Hyundai

Bei den Koreanern läuft die Vorbereitung auf die Saison 2017 nicht ganz rund. "Ich denke, es ist kein Geheimnis, dass wir etwas hinter den anderen Teams sind", sagte Hayden Paddon gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Aber gleichzeitig arbeiten wir wahrscheinlich härter und schneller als jeder andere. Das Auto macht gute Fortschritte und jeder ist motiviert. Ich habe keine Zweifel, dass wir nächstes Jahr konkurrenzfähig sein werden."

Hyundai absolviert in dieser Woche viertägige Testfahrten mit der finalen Spezifikation des 2017er Boliden in Spanien. Seit April wurde ein Testträger genutzt, ab Juni kam eine Evolution dessen bei Testfahrten zum Einsatz. Hauptsächlich greift Testpilot Kevin Abbring ins Lenkrad. Neben Paddon bekam aber auch Dani Sordo nach der Rallye Deutschland einen Vorgeschmack auf das neue Arbeitsgerät. Lediglich Thierry Neuville, dessen Vertrag ausläuft, ist von den Testfahrten ausgeschlossen.

Citroen

Der C3 feierte im April sein Testdebüt und zunächst wurde auf Schotter seine Zuverlässigkeit geprüft. Erst drei Monate später ging es erstmals auf Asphalt. Nach einem Shakedown in der Nähe des Firmensitzes von Citroen fanden in Chateau de Lastours und Fontjoncouse die ersten Testfahrten statt, bei denen Kris Meeke die Ehre der Jungfernfahrt gebührte. Der Nordire schwärmte: "Es war wie ein Traum!" Nach ihm kam Craig Breen zum Einsatz. Der Test soll ohne Probleme verlaufen und sehr ausgiebig gewesen sein.

Drei Wochen später ging es für den zweiten Test an die Algarve, die beinahe die komplette Bandbreite an Wetterphänomenen bereithielt. Neben Meeke kam diesmal Stephane Lefebvre zum Einsatz. Danach ging es nach Finnland, wo sich der C3 auf den Achterbahn-ähnlichen Schotterpisten noch als recht fluguntauglich erwies. An den fahrerischen Fähigkeiten von Meeke und Breen kann es kaum gelegen haben, denn sie fuhren bei der Rallye Finnland aufs Podest.

Der vierte Test des Citroen C3 fand wieder in Portugal statt. Neben Meeke und Breen feierte Khalid Al Qassimi sein Debüt. Eine Premiere gab es auch beim fünften Test in Südfrankreich, denn dort durfte sich der 2017er Bolide erstmals auf Asphalt beweisen. Die Testarbeit teilten sich Meeke und Lefebvre. Der Fokus lag auf dem neuen Mitteldifferential, den Dämpfern und Stabilisatoren.

"Citroen Racing hat immer wirklich gute Autos für diesen Belag gebaut und ich denke, dass dieses keine Ausnahme sein wird!", sagte Meeke. "Auf Asphalt kann man die Änderungen, die in Folge des neuen Reglements eingeführt wurden, wirklich spüren - etwa die höhere Leistung, größere Breite und die Kraft der Bremsen..." Der jüngste Test auf Asphalt fand unlängst im italienischen Sanremo statt.

M-Sport

Bei M-Sport ist die Entwicklung des neuen Boliden Chefsache. Malcolm Wilson leitet nicht nur die Firma und überwacht alle Arbeitsschritte, sondern nimmt sogar selbst hinter dem Lenkrad Platz. Zunächst testete er vor der Rallye Finnland auf dem Gelände von M-Sport in Cumbria. Dann übergab er die Testarbeit an seinen Sohn Matthew, die Privatfahrer Martin Prokop und Ott Tänak sowie Stammpilot Eric Camilli. Die Testfahrten fanden unter anderem in Fontjoncouse statt.

M-Sport setzt erneut auf den Fiesta als Basis, begann jedoch mit einem leeren Blatt Papier. Der erste Prototyp wurde vor allem im Hinblick auf die mechanischen Komponenten Aufhängung, Antrieb, Kraftübertragung und Motor entwickelt. Die Aerodynamik soll erst später ins Spiel kommen.

"Dies ist nur der erste Prototyp, aber der Speed ist wirklich unglaublich", schwärmte Wilson. "Wir sind gerade noch dabei, zusammen mit Ford das Aero-Paket feinzutunen, aber wir konnten alle mechanischen Komponenten in der Rohkarosse einsetzen und die ersten Tests haben mein Vertrauen in unsere Fähigkeit bestärkt, ein siegfähiges Auto zu produzieren."

Toyota

Mit besonderer Spannung wurde das Testdebüt von Toyota erwartet, denn der Zeitplan ist für die Rückkehrer besonders eng. Im April war es soweit: Teamchef Tommi Mäkinen nahm persönlich am Steuer des Yaris WRC Platz und spulte in Finnland knapp 1.000 Kilometer ab. Toyota verteilt die Testarbeit auf mehrere Schultern, unter anderem kommen Ex-WRC-Pilot Mikko Hirvonen, Juho Hänninen und Youngster Jarkko Nikara zum Einsatz.

Dass während der vergangenen Monate laut Autosport drei Teammitglieder, darunter Technikdirektor Michael Zotos, das Handtuch geworfen haben, wertet Sportdirektor Jarmo Lehtinen nicht als Rückschlag. Vielmehr glaubt Toyota, die Konkurrenz mit einem vollkommen anderen Konzept überraschen zu können.