Die "Kings of Speed": Jari-Matti Latvala und sein Beifahrer Miikka Anttila haben mit Volkswagen den schnellsten Rallye-WM-Lauf aller Zeiten gewonnen. Bei ihrem Heimspiel bei der Rallye Finnland, dem achten Saisonlauf zur FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC), schlugen sie ihre Teamkollegen Sebastien Ogier/Julien Ingrassia mit einem Durchschnitt von 125.44 km/h um 13,7 Sekunden und verbesserten sich damit auf die zweite Position der WM-Gesamtwertung.

Beim 13. Doppelsieg von Volkswagen seitdem die Marke mit dem Polo R WRC am Start steht, zählen auch Ogier/Ingrassia zu den Gewinnern: Beim kommenden Lauf in Deutschland haben sie den ersten Matchball, den dritten WM-Titel in Folge zu gewinnen. In der Markenwertung baute Volkswagen - auch vor den Augen von Dr. Heinz-Jakob Neußer, Volkswagen Markenvorstand für Technische Entwicklung - seinerseits den Vorsprung auf 116 Punkte aus und hat damit ein komfortables Polster für die fünf ausstehenden Läufe in Deutschland, Australien, Frankreich, Spanien und Großbritannien.

Volkswagen hatte in Finnland jedoch auch einen Rückschlag zu verkraften: Auf der fünften von 20 Wertungsprüfungen kamen Andreas Mikkelsen/Ola Floene bei hohem Tempo von der Strecke ab und überschlugen sich mehrfach. Sie entstiegen ihrem Polo R WRC unverletzt, doch der Schaden war zu groß, um ihn vor Ort zu reparieren und unter Rallye-2-Reglement zurückzukehren. Das Chassis, dessen Sicherheitskäfig den enormen Kräften unbeschadet standhielt, wird bereits für die Rallye Australien vorbereitet.

Der Sieg.

Zweiter Saisonsieg für Latvala/Anttila, ihr dritter gemeinsamer bei der Rallye Finnland war ein Sieg enormer Willenskraft. Nach einem bisher durchwachsenen Rallye-Jahr 2015 rief das Duo ihre stärkste Saisonleistung ab, setzte auf der Hälfte der 20 Wertungsprüfungen die Bestzeit und siegte mit einem für die Rallye Finnland großen Vorsprung vor ihren Teamkollegen. Latvala/Anttila dürfen nach ihrem 14. Karriereerfolg nun getrost als die Spezialisten für extreme Geschwindigkeiten gelten - 2015 in Finnland entschieden sie die schnellste Schotter-, 2014 in Frankreich die schnellste Asphalt-Rallye aller Zeiten für sich. Für Beifahrer Miikka Anttila bildete der WM-Lauf in Finnland den 162. Start seiner Karriere - damit übertraf er sein großes Vorbild Luis Moya, der ebenfalls zum Volkswagen Team zählt und 161 Starts auf dem Konto hat.

Die Superlative.

125,44 Kilometer in der Stunde - eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit hat es in der Geschichte der Rallye-WM noch nicht gegeben. Die Rallye Finnland übertraf damit ihren eigenen Bestwert aus dem Jahr 2012, als 122,89 km/h erreicht wurden, deutlich. Unter den zehn schnellsten Rallyes aller Zeiten nimmt die Rallye Finnland nun neun Positionen ein - darunter die ersten vier.

Das Auto.

Der Polo R WRC ist nicht nur "Das Auto." der vergangenen zweieinhalb Saisons, sondern auch "Das Auto." für hohes Tempo. 29 von 34 möglichen Siegen und 56 von 97 möglichen Podiumsplatzierungen gingen bisher an das World Rally Car aus Wolfsburg. Bei den Tempo-Festivals von Polen und Finnland bleibt der 318 PS starke Allradler weiter ungeschlagen. Dabei geht der Erfolg des Polo R WRC nicht nur auf die fahrerische Klasse und die Ingenieursleistung der Motoren-, sondern auch auf jene der Chassis-Abteilung zurück. Bei den zahlreichen weiten und hohen Sprüngen bei der Rallye Finnland ist das perfekte Zusammenspiel aller Fachbereiche mit den Fahrern gefragt.

Die "Ouninpohja".

Sie ist die Ikone der Rallye-WM: die Wertungsprüfung "Ouninpohja". Im Rundstrecken-Sport gilt die Nürburgring-Nordschleife als größter Herausforderung für Mensch und Material, im Rallye-Sport ist es diese Vollgas-Prüfung durch die finnischen Wälder rund um Jyväskylä. Jari-Matti Latvala und Miikka Anntila sorgten bei der 2015er-Ausgabe für eine Vorentscheidung. Mit der 400. WP-Bestzeit für "JML" übernahmen sie die Führung und setzten mit 132,18 km/h obendrein den Tempo-Rekord auf der 2015 absolvierten Variante.

Für Andreas Mikkelsen endete die Rallye Finnland früh, Foto: Sutton
Für Andreas Mikkelsen endete die Rallye Finnland früh, Foto: Sutton

Die "Myhinpää".

Nicht weniger als die schnellste Powerstage aller Zeiten - mit 135,25 km/h ging "Myhinpää" an Sebastien Ogier und Julien Ingrassia - und damit die Extra-Punkte 123, 124 und 125 für Volkswagen Fahrer seit 2013. Weitere zwei Zähler steuerten Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila bei - und erhöhten dieses Konto, in dem Volkswagen einsame Spitze ist, auf insgesamt 127. Für Ogier/Ingrassia war es der 23. Powerstage-Erfolg der Karriere, für Volkswagen der insgesamt 26.

Die Meisterschaft.

Die großen Gewinner der Rallye Finnland waren neben Latvala/Anttila auch die WM-Führenden Sebastien Ogier und Julien Ingrassia. Die Doppelweltmeister liegen vor dem Volkswagen Heimspiel in Deutschland mit 89 Punkten Vorsprung in Führung und haben damit in Trier einen ersten Matchball. Nur noch acht Fahrer/Beifahrer-Duos können den dritten Titelgewinn rechnerisch verhindern. Die besten Chancen haben dazu die neuen WM-Zweiten Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila, die WM-Dritten Mads Östberg/Jonas Andersson (Citroën, 98 Punkte zurück), die WM-Vierten Andreas Mikkelsen/Ola Floene (99 Punkte zurück) sowie die WM-Fünften Thierry Neuville/Nicolas Gilsoul (Hyundai, 112 Punkte zurück).

Sebastien Ogier: Es war ein unglaubliches Duell, ich denke wir haben den Fans eine große Show geboten. Gratulation an Jari-Matti und Miikka. Sie haben das gesamte Wochenende eine bärenstarke Leistung gezeigt. Ich habe vor der Rallye gesagt, dass Jari-Matti bei seiner Heim-Rallye der Mann sein wird, den es zu schlagen gilt. Julien und ich haben wie immer alles gegeben, aber wie im Vorjahr waren beide hier in Finnland nicht zu packen. Ich bin trotzdem mehr als zufrieden mit dem zweiten Platz, denn wir haben unseren Vorsprung in der WM-Wertung weiter ausgebaut. Unabhängig vom guten zweiten Platz, war die Rallye Finnland einmal mehr ein großartiges Erlebnis. Nirgendwo verspürst Du als Fahrer mehr Glück und Adrenalin als auf den superschnellen Prüfungen durch die finnischen Wälder.

Jari-Matti Latvala: Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich ich bin! Meine Motivation vor dieser Rallye und mein Willen sie auch zu gewinnen, waren immens. Nach all dem Auf und Ab in dieser Saison bedeutet uns dieser Sieg umso mehr. Ich danke dem ganzen Team für die tolle Arbeit, auch in den Phasen, in denen es nicht so lief, haben sie immer an mich geglaubt. Heute war es die zu erwartende Achterbahn und ein perfektes Finale für die Rallye Finnland 2015. Vielen Dank auch an die Fans für die Unterstützung im Servicepark und an der Strecke. Jetzt will ich diesen Moment einfach nur genießen!

Andreas Mikkelsen: Wir hatten uns für die Rallye Finnland viel vorgenommen und wollten vor allem unseren zweiten Platz in der WM verteidigen, möglichst sogar ausbauen. Doch leider war es nicht unsere Rallye und wir sind vorzeitig ausgeschieden. Auf der fünften Prüfung war mein Aufschrieb etwas zu optimistisch. In einer langgezogenen Linkskurve mit einer leichten Kuppe, die bei perfekten Bedingungen voll geht, habe ich gelupft. Doch das war nicht genug. Uns ist die Straße ausgegangen und wir haben uns mehrfach überschlagen. Glücklicherweise ist der Polo R WRC ein sehr stabiles Auto und uns ist nichts Ernstes passiert. Die Enttäuschung ist natürlich groß, dass der Schaden zu groß war, um ihn hier vor Ort reparieren zu können. Unser Blick geht nach vorn und unsere volle Konzentration ist nun auf das Volkswagen Heimspiel in Deutschland gerichtet.

Jost Capito, Volkswagen Motorsport-Direktor: Was für eine fantastische Rallye von Jari-Matti Latvala, Miikka Anttila, Sebastien Ogier und Julien Ingrassia. Sie waren eine Klasse für sich. Jari-Matti und Miikka sind jetzt ohne jeden Zweifel die 'Kings of Speed', denn ein höheres Tempo hat bisher weder auf Asphalt noch auf Schotter jemand bewiesen. Sebastien Ogier und Julien Ingrassia haben beim kommenden Lauf in Deutschland den ersten WM-Matchball. Wer die beiden kennt, der weiß, dass sie nicht gern Zweite sind und alles geben werden, auch in Deutschland vorn zu sein. Auch wenn Andreas Mikkelsen und Ola Floene nach einem Unfall am Freitag frühzeitig aufgeben mussten, sind wir extrem zufrieden. Wir bleiben in Finnland ungeschlagen - bei der schnellsten Rallye im Kalender.