Die Abstände der einzelnen Fahrer auf der Power Stage durch zehn teilen und somit für ultimative Spannung sorgen und neue TV-Sender anlocken - das war zumindest die Idee hinter dem geplanten Shootout ab 2015. Bereits bevor diese neue Herangehensweise auch nur einmal getestet wurde, ist sie schon wieder vom Tisch. Während Hersteller und Promoter ernüchtert auf diese Nachricht reagierten, fielen die Meinungen der Fahrer unterschiedlich aus.

"Man muss das von zwei Seiten sehen", erklärte Thierry Neuville im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Einerseits wäre es traurig, die Rallye grob zu verändern und dann immer noch keine Garantie zu haben, dass sich die Promotion und die Zuschauerzahlen verbessern." Auf der anderen Seite würden laut Neuville aber viele andere Sportarten den Schritt wagen und sich TV-dienlich verändern - teilweise mit Erfolg. "Vielleicht muss auch der Rallye-Sport diesen Weg gehen, aber es ist schwierig, in diesem Fall eine Entscheidung zu treffen."

Sebastien Ogier ist der Ernst der Lage bewusst, Foto: Volkswagen Motorsport
Sebastien Ogier ist der Ernst der Lage bewusst, Foto: Volkswagen Motorsport

Eingriff in die DNA des Sports

Weltmeister Sebastien Ogier war ebenfalls geteilter Meinung. Für ihn hätte eine derartige Regelung in der aktuellen Saison einige knifflige Momente bedeutet. So wäre sein Vorsprung in Australien auf 0,8 oder in Portugal auf 4,3 Sekunden vor der finalen Prüfung zusammengeschrumpft. Auch seinen WM-Titel in Spanien hätte er nicht im Schongang gegen Latvala einfahren können, denn durch das geplante System hätte sein Vorsprung nur noch 1,4 Sekunden betragen. "Die Idee dahinter war gut, aber als Fahrer bist du immer ein bisschen besorgt, wenn die DNA des Sports verändert wird", erklärte der Volkswagen-Pilot gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Allerdings erkennt auch der Weltmeister die Zeichen der Zeit und weiß, dass sein Sport frischen Wind benötigt. "Ich stimme der Idee zu, eine Show am Sonntag zu machen, die eine Fortsetzung der Rallye darstellt. Somit gibt es Spannung am Ende, um das Interesse zu wecken und neue Fans zu gewinnen."

Medieninteresse auf Kosten der Fahrer?

Teamkollege Andreas Mikkelsen sieht ebenfalls Handlungsbedarf, um die WRC wieder in die Köpfe der Menschen zu bringen. Der Norweger ist offen für eine Weiterentwicklung, wirklich traurig ist er aber nicht, dass das geplante Shootout nicht in die Tat umgesetzt wird. "Ich bin mir sicher, dass es gut hätte sein können, aber gleichzeitig schwierig für die Fahrer. Du kämpfst zwei Tage lang wie Hölle, gewinnst viele Sekunden und verlierst dann alles wieder auf der letzten Prüfung. Das wäre nicht schön, allerdings sicherlich interessant für das Fernsehen", erklärte Mikkelsen gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Mads Östberg konnte sich nicht mit den Shootout-Plänen anfreunden, Foto: Citroen
Mads Östberg konnte sich nicht mit den Shootout-Plänen anfreunden, Foto: Citroen

Fernsehen hin oder her. Ein Pilot ist heilfroh, dass die Shootout-Pläne verworfen wurden: Mads Östberg. Der Norweger sah im 'Faktor 10' eine komplette Verfälschung des Ergebnisses und erkannte keinen Sinn in den geplanten Regeln. "Es wäre wie in einem Fußballspiel, in dem eine Mannschaft mit 4:0 führt und in den letzten zehn Minuten würde diese Führung auf ein halbes Tor reduziert", erklärte er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Auf eine derartige Weise den Rallye-Sport zu verändern, wäre für den Citroen-Piloten der falsche Ansatz. "Das wäre nicht der richtige Weg gewesen, um Unterstützung für den Sport zu bekommen. Das sollte auf andere Weise passieren, als komplett merkwürdige Regeln für einen Sport zu erfinden, der aktuell gut ist, wie er ist", legte der Norweger nach.