Als Ford Ende 2012 seinen Rückzug aus der WRC bekannt gab, flossen bei M-Sport die Tränen. Denn auf den ersten Blick sah es danach aus, als hätte auch für sie das letzte Stündlein geschlagen. Doch schon bald zeigte sich, dass das Unternehmen aus dem britischen Cumbria noch lange nicht am Ende ist. Unter eigenem Namen setzen sie Ford Fiesta RS WRCs für talentierte junge Fahrer wie Mads Östberg, Thierry Neuville und Evgeny Novikov ein. Hinzu kommt mit Nasser Al-Attiyah ein Dakar-Sieger, der allerdings nicht immer Zeit für WRC-Einsätze hat. Doch auch für diese Fälle hat M-Sport Talente wie Elfyn Evans in petto.

"Wir sind einfach nur froh, dass wir noch in der WRC sind, dank der Unterstützung von Nasser und Qatar", gestand Malcolm Wilson gegenüber MotorsportMonday. Wilson vermutete, dass Al-Attiyah bereits vor der Bekanntgabe wusste, dass Citroen ab der Saison 2013 von Abu Dhabi unterstützt wird, und er und sein Heimatland damit nicht mehr mithalten können. Zudem hatte er bereits in der Vergangenheit mit M-Sport zusammengearbeitet, weshalb der Deal leicht zustande kam.

Mehr Tiefen als Höhen

"Ich bin auch zufrieden, dass wir die meiner Meinung nach vielversprechendsten jungen Fahrer haben, die es im Moment gibt. Sie alle haben Bestzeiten erzielt, und sie scheinen das zu haben, was man braucht, um es bis an die Spitze zu schaffen", streute er seinen Fahrern Rosen. Dennoch räumte er ein, dass man mit jungen Fahrern mehr Tiefen als Höhen erlebt, zeigte sich jedoch mit den Fortschritten zufrieden.

Mads Östberg etwa habe sich in den vergangenen Jahren als sehr konstanter, fleißiger Punktesammler und sehr vernünftiger Fahrer erwiesen. In diesem Jahr habe er in Bezug auf die Pace noch einen Zahn zugelegt. "Ich glaube, er ist möglicherweise der einzige Fahrer, der Sebastien Ogier herausfordern kann", meinte Wilson. "Wenn man mich fragt, welcher meiner drei Fahrer als Erster auf die oberste Stufe des Podests klettern wird, dann hat Mads, aufgrund der Weise, in der er sich tatsächlich verbessert hat, die besten Chancen."

Doch auch von Evgeny Novkikov hält Wilson viel. Er habe "unglaubliche natürliche Fähigkeiten" und seine Pace in Griechenland sei "elektrisierend" gewesen. "Leider glaube ich nicht, dass er noch einmal in der gleichen Lage wie in der Anfangsphase der Akropolis sein wird, nämlich ein Event nach drei Prüfungen mit 39 Sekunden Vorsprung anzuführen." Während der Russe in Griechenland eine Chance vergab, weiß Thierry Neuville seine Möglichkeiten immer besser zu nutzen. "Ehrlich gesagt erwarten wir bei den Asphaltrallyes ein paar wirklich starke Ergebnisse von ihm."

Ford Fiesta R5 Chance und Verpflichtung

Abgesehen von den Piloten ist für die Mannschaft von Malcolm Wilson die Schaffung der R5-Regularien eine große Chance. Die Verkaufszahlen bei den S2000-Boliden sinken und RRC-Modelle sind aufgrund dessen, dass sie praktisch genauso viel kosten wie ein WRC-Fahrzeug, nicht sehr gefragt. Daher vereinbarten die Hersteller und der Internationale Automobilverband FIA, dass eine neue Kategorie mit konkurrenzfähigen, aber bezahlbaren Boliden geschaffen werden muss. Das R5-Konzept war geboren.

M-Sport stellte nun als erster Hersteller den Ford Fiesta R5 vor. Peugeot, Citroen und Skoda sollen folgen. Fords Rückzug habe den Fokus umso mehr auf dieses, auf den Kundensport ausgelegte Modell gelegt, erklärte Malcolm Wilson. "Im gesamten letzten Jahr sind die Verkaufszahlen der alten, mit zwei-Liter-Saugmotoren versehenen S2000-Autos fast auf null gesunken, und der R5 wurde umso wichtiger, als es darum ging, unsere Position im Geschäft zu halten", erläuterte er. "Natürlich müssen wir aus wirtschaftlicher Sicht viele dieser Autos verkaufen, damit wir das Level an Erlösen, das wir in der Vergangenheit durch die WRC erzielt haben, erreichen können."

M-Sport stellte als erster Hersteller seinen R5-Boliden vor., Foto: M-Sport
M-Sport stellte als erster Hersteller seinen R5-Boliden vor., Foto: M-Sport

Warum M-Sport so sehr auf die Verkaufszahlen angewiesen ist, zeigt sich daran, dass die FIA die Kosten für Teile der Boliden bis Ende 2015 eingefroren hat - ohne Rücksicht auf Inflation und damit steigende Preise bei den Zulieferern. Damit liegt das Risiko bei M-Sport und den anderen Herstellern, während die Kunden ihre Kosten besser planen können.

Die Verkaufsargumente sind da: Wilson hält den R5 überall für schneller als den S2000 und auf den meisten Prüfungen auch schneller als die RRC-Boliden. Einziger Nachteil gegenüber Letzteren seien die begrenzten Kühlmöglichkeiten. "Aufgrund der Daten, die wir bislang gesehen haben, sind wir zuversichtlich, dass es ein sehr konkurrenzfähiges Paket sein wird. In den Händen von Top-Piloten wird es viele Leute überraschen", prognostizierte er.