Der Rallye-Sport in Deutschland gewinnt wieder langsam an Popularität. Doch lange Zeit sah es nicht gut aus. "In Deutschland kam halt nach meiner Zeit nichts mehr. Deswegen hat sich auch keine deutsche Firma mehr zum Rallye-Sport bekannt. Es gab auch keinen Deutschen, der so gut war, dass sich ein ausländisches Werk für ihn interessiert hätte", nennt Walter Röhrl die Gründe für die Rallye-Flaute in Deutschland. Allerdings sieht der Regensburger einen positiven Trend: "Da ist das Angebot von Skoda natürlich ein Signal. Der Sepp Wiegand hat da jetzt das große Los gezogen."

Das große Los für Wiegand könnte das WRC-Engagement von Volkswagen sein. Doch Jost Capito, Motorsportchef der Wolfsburger, erteilte den WRC-Hoffnungen des 22-Jährigen aus dem Erzgebirge einen Dämpfer. "Allzu lange sollte man aber nicht warten. Der Loeb ist eine Saison Super 1600 gefahren, dann haben sie ihn in ein World Rallye Car gesetzt - und er ist Zweiter bei der Monte geworden", erinnert Röhrl an die Anfänge des erfolgreichsten Rallye-Piloten aller Zeiten.

Generell glaubt Röhrl, dass bei den Karrieren von Nachwuchsfahrern zu konservativ agiert wird. "Vielleicht war es auch ein Fehler, dass man in den vergangenen Jahren viel junge Leute viel zu lange hat rumdümpeln lassen. Wenn ich beispielswiese Matthias Kahle sehe: Was bringt dir das, wenn du fünfmal deutscher Meister wirst?", stellt er rhetorisch in den Raum und gibt die Antwort sogleich: "Gar nichts. Also: Ruhig mal in ein schnelles Auto. Wenn es einer kann, dann hat er das ganz schnell raus."

Einen entscheidenden Tipp hat der 66-jährige Bayer für Wiegand auch: "Er muss jetzt möglichst viel Auto fahren. Das ist ein ganz wichtiger Punkt." Was sich auf den ersten Blick selbstverständlich anhört, erläutert das Rallye-Urgestein. "Bei den Rallyes heute darf er zweimal im Schritttempo und im Serienauto trainieren und fährt hinterher 1300 Kilometer." Ein gravierender Unterschied zu Röhrls Trainingspensum, wie er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verriet. "Ich bin 300.000 Kilometer im Wettbewerbsauto im Jahr gefahren. Das fährt Sepp [Wiegand] in seinem ganzen Leben nicht. Ich bin jeden Tag 1000 Kilometer gefahren. Das ist unglaublich."

Vergleiche sind totaler Blödsinn

Wiegand, der manchmal schon als legitimer Nachfolger Röhrls bezeichnet wird, tritt auf die Euphoriebremse. "Klar, das ist eine Riesenehre, wenn jemand zu mir sagt: Vielleicht bist du der neue Walter Röhrl. Aber das sehe ich noch aus einer sehr großen Entfernung." Auch Walter Röhrl ist mit Vergleichen vorsichtig. "Diese ganze Vergleicherei und auch diese Sprüche von wegen bester Rallye-Fahrer des Millenniums - das ist alles totaler Blödsinn. Man kann diese Epochen im Rallye-Sport nicht vergleichen", warnt der Bayer, der froh ist, zu seiner Zeit gefahren zu sein. "Weil man nie diese Emotionen erleben kann wie in einem dieser Gruppe-B-Autos."

Röhrl glaubt, dass es zu seiner Zeit leichter war, mit Talent zu bestechen. "Heute ist es ja ziemlich einfach die modernen Rallye-Autos zu fahren. Mit so einem Auto schnell sein, das können viele. In unserer Zeit war es so schwierig, diese Autos zu fahren, dass sich der Gute ganz schnell zehn Minuten von den anderen abgesetzt hat. Heute muss der Sepp auf der letzten Rille fahren, um sich von den anderen ein bisschen abzusetzen." Die Anforderungen an den Fahrer sind stark zurückgegangen, wie Röhrl erklärt. "Sepp muss ja nicht mehr schalten. Er muss keine Kondition für vierzig Stunden im Auto haben, er muss bei Nebel und in der Nacht nicht besonders gut sehen können."

Ein Unterschied zwischen Röhrl und Wiegand wird vor allem bei der Art und Weise, wie sie sich auf den Rallye-Pisten zurechtfinden - respektive zurechtfanden - offensichtlich. "Wenn sie glauben, sie können in einem Gruppe-B-Auto mit 535 PS nach dem fahren, was Ihnen der Beifahrer erzählt - das geht schon, aber halt nur langsam." Röhrls Erfolgsgeheimnis: ein fotografisches Gedächtnis. Darauf kann Wiegand nicht bauen. "Ich muss nach der Ansage meines Beifahrers fahren. Für mich war bis jetzt beinahe jede Rallye neu."