Drei Wochen nach dem Saisonauftakt der Langstrecken-WM in Silverstone geht es für die Sportwagen-Pioniere nun nach Belgien. In Spa-Francorchamps will Audi nach dem Schock der Disqualifikation zurückschlagen und auch offiziell den ersten Saisonsieg einfahren. Porsche dagegen reist mit dem geerbten Sieg in die Ardennen und strebt einen erneuten Erfolg an. Den Anschluss an die beiden deutschen Hersteller sucht immer noch Toyota. Die Japaner haben den Abstand verglichen mit 2015 zwar deutlich verringert, doch im Rennen war Toyota erneut nur dritte Kraft. Wird sich das Bild in Belgien verändern?

LMP1-Rückblick: Saisonauftakt in Silverstone

Gleich im ersten Qualifying der neuen Saison gab es eine Überraschung. Porsche, als klarer Favorit in die Saison gestartet, musste Audi die Pole überlassen. Mehr noch: Die Ingolstädter belegten die komplette erste Reihe und distanzierten das Weltmeister-Auto mit Webber/Hartley/Bernhard um fast eine Sekunde. Toyota konnte auch aufgrund technischer Probleme nichts ausrichten.

Im Rennen entwickelte sich schnell ein Zweikampf zwischen Audi und Porsche. Die Weltmeister kämpften sich an die Spitze, ehe ein schwerer Crash beim Überrunden alle Träume des Autos mit der Startnummer 1 beendete. Fast zeitgleich musste Lucas di Grassi seinen Audi abstellen, da er den Boliden überhitzte. Zwei LMP1-Renner waren damit ausgeschieden. Nachdem das Rennen wieder freigegeben wurde, überholte der #7 Audi den verbliebenen Porsche und setzte sich an die Spitze. Sah es lange nach einem spektakulären Schlagabtauch aus, war es wieder eine Überrundung, die Porsche entscheidend zurückwarf. Nach einer Kollision mit dem Ford #67 drehte sich der 919 Hybrid, wodurch sich Audi absetzen konnte. Keine Chance auf den Sieg hatte Toyota. Der drittplatzierte TS050 erreichte mit einer Runde Rückstand das Ziel.

Wenige Stunden nach dem Rennen platzte dann die Bombe. Wegen einer zu dünnen Bodenplatte wurde das Siegerauto disqualifiziert, Porsche erbte kampflos den Sieg. Ein schwerer Schlag für Audi, die damit mit einem Doppelausfall und nur einem Pünktchen für die Pole-Position Silverstone verließen.

Audi vor den 6h von Spa

Mund abputzen und weitermachen - so lautet das Motto für Audi. In Silverstone zeigten sich die Ingolstädter schnell, im Rennen fuhr man auf der Strecke den Sieg ein. Erst am grünen Tisch musste Audi den Traum vom Auftaktsieg wieder begraben. Trotz dieses Rückschlages weiß man nun, dass der R18 ganz vorne mitfahren kann. Spa ist für Audi bekanntermaßen ein gutes Pflaster - seit 2012 gab es drei Siege.

Porsche vor den 6h von Spa

Unverhofft kommt oft, auch in der WEC. Im Rennen nach Zwischenfällen mit beiden Autos eigentlich geschlagen, reist Porsche nun mit breiter Brust und 25 Punkten auf dem Konto nach Belgien. Dumas/Lieb/Jani bekamen den Sieg aufgrund der Audi-Disqualifikation zugesprochen. Marc Lieb freut sich daher noch mehr auf das zweite Saisonrennen. "In Spa zu fahren, ist immer klasse. Die Strecke ist ein Knaller und für mich nach Le Mans das Saisonhighlight. Außerdem ist die deutsche Grenze sehr nah, und ich freue mich auf viele Zuschauer aus der Heimat", so der Deutsche.

Bei der Siegerehrung in Silverstone dachten Lieb/Dumas/Jani noch nicht an den Sieg, Foto: Porsche
Bei der Siegerehrung in Silverstone dachten Lieb/Dumas/Jani noch nicht an den Sieg, Foto: Porsche

Ähnlich zuversichtlich klingt Brendon Hartley, der in Silverstone den schweren Unfall hatte. "Ich freue mich sehr auf Spa. Erstens, weil ich die Strecke mag, zweitens weil sie unserem 919 liegt und drittens, weil ich dort die Chance habe, mit einer guten Leistung den Silverstone-Unfall abzuhaken."

Toyota vor den 6h von Spa

Schnell genug war Toyota in Großbritannien nicht, um aus eigener Kraft auf das Podium zu fahren. Doch im Langstreckensport geht es bekanntermaßen auch um Zuverlässigkeit. Und während Audi und Porsche mit Tragik und Pech zu kämpfen hatten, kam Toyota durch - wobei es auch hier nur einer der Boliden war. Zu dem Trio gehört auch Kamui Kobayashi, der gleich bei seinem ersten LMP1-Rennen auf das Podium fuhr. "Spa ist eine weitere Strecke, die ich gut aus der Formel 1 und der GP2 kenne, daher freue ich mich darauf, den TS050 Hybrid dort zu fahren. Ich habe mein erstes LMP1-Rennen genossen und viel über das Fahren im Verkehr gelernt", erklärt der Japaner.

WEC Spa: Kräfteverhältnis im Vorjahr

Im vergangenen Jahr setzte sich Audi dank gelungener Strategie gegen Porsche durch. Trotz langer Führung der drei angetretenen 919 Hybrid sorgten Unfälle und ein reifenschonender Audi schließlich für den Sieg der Ingolstädter; Audi konnte gleich zwei Doppelstints fahren, während Porsche daran scheiterte. Toyota war hoffnungslos unterlegen und konnte gegen die Konkurrenten nichts ausrichten.

Die Aussagen der Verantwortlichen vor den 6h von Spa

Dr. Wolfgang Ullrich, Motorsportchef Audi: "Wir kommen nicht nur aufgrund unserer Erfolge immer wieder gerne nach Spa. Der Kurs ist anspruchsvoll, deshalb lieben ihn die Fahrer. Außerdem hat Audi viele belgische Fans."

Andreas Seidl, Teamchef Porsche: "Die Fahrzeugauslegung für die gut sieben Kilometer lange Berg- und Talbahn in Spa ist immer ein Abwägen zwischen ausreichend Anpressdruck in den schnellen Kurven und geringem Luftwiderstand auf den langen Vollgasabschnitten. Bei unserem Dauertest im spanischen Aragon haben wir vergangene Woche erstmals die Aerodynamik für Le Mans ausprobiert und werden nun in Spa Komponenten davon einsetzen. Hinsichtlich Zuverlässigkeit und Mannschaftstraining verlief der 30-Stunden-Test positiv, sodass wir uns auch für den zweiten WM-Lauf gerüstet fühlen."

Toshio Sato, Team Präsident Toyota: "Spa ist eines unserer Heimrennen, da es nahe an Toyota Motorsport GmbH in Köln sowie Toyota Motor Europe in Brüssel liegt. Daher freuen wir uns auf viele Unterstützer auf den Tribünen und wir wollen ihnen einen Grund zum Feiern geben. Auch wenn das Resultat in Silverstone ziemlich gut war, wissen wir, dass wir mehr zeigen müssen, um in dieser Saison unsere Ziele zu erreichen. Das Team hat hart gearbeitet, um Verbesserungen zu finden, nicht zuletzt bei unseren Testfahrten in Spanien. Ich möchte ihnen für ihren großen Einsatz danken und ich hoffe, dass wir das Ergebnis an diesem Wochenende in Spa sehen werden. Es ist ein weiterer wichtiger Schritt für uns auf dem Weg nach Le Mans."