Porsche, Audi oder doch Toyota? Die Hersteller der LMP1-Klasse präsentierten unmittelbar vor dem WEC-Prolog in Le Castellet ihre Boliden für die kommende Saison in der Langstrecken-WM. Nach wie vor setzen die Big Player auf unterschiedliche Konzepte, auch wenn sich die LMP1-Geschosse in anderen Bereichen etwas angeglichen haben. Motorsport-Magazin.com hat die neue Auto-Generation genau unter die Lupe genommen:

Porsche, Audi & Toyota im Vergleich

KategoriePorsche 919 HybridAudi R18Toyota TS050 Hybrid
Verbrennungsmotor2,0l V4 Turbo4,0l V6 Turbodiesel2,4l V6 Twinturbo
HybridsystemMGU an der Vorderachse
ERS zur Rückgewinnung von Abgasenergie
MGU an der VorderachseMGU an Vorder- & Hinterachse
Leistung900 PS (davon 400 Hybrid)990 PS (davon 476 Hybrid)1.000 PS (davon 500 Hybrid)
Megajoule-Klasse8 MJ6 MJ8 MJ
EnergiespeicherLithium-Ionen-BatterieLithium-Ionen-BatterieLithium-Ionen-Batterie
Tankinhalt62,5 Liter49,9 Liter62,5 Liter
Abmessungen4,65x1,9x1,05 Meter4,65x1,9x1,05 Meter 4,65x1,9x1,05 Meter

Verbrennungsmotor

Toyota legte den alten 3,7 Liter V8 nach nur zwei Jahren wieder auf Eis. Stattdessen entwickelte man für die WEC-Saison 2016 einen etwas schlankeren 2,4 Liter V6-Twinturbo. Im Vorjahr hatte man als einziger Hersteller auf Turboaufladung verzichtet und vor allem bei Rennen auf großer Seehöhe einen Leistungsnachteil festgestellt. "Wir glauben, dass der V6 Twinturbo mit Direkteinspritzung unter dem aktuellen Reglement die beste Balance auf Kraft und Effizienz auf die Strecke bekommt", sagt Hisatake Murata, General Manager von Toyotas Entwicklungsteam.

Porsche und Audi ließen ihre Konzepte beim Verbrennungsmotor unverändert. Die Ingolstädter setzen nach wie vor den bewährten Vierliter-Sechszylinder-Diesel mit 120 Grad Zylinderwinkel ein, der zusätzlich über einen VTG-Turbo geladen wird. In Stuttgart setzt man auch weiterhin auf den Zweiliter-V4 mit 90 Grad Bankwinkel und Turboaufladung. Die Leistung aller drei Motoren unterscheidet sich kaum voneinander. Porsche und Toyota sprechen jeweils von etwa 500 PS, Audi kommuniziert aktuell 378 kW (514 PS).

Hybrid-Konzept

Den größten Unterschied machen in dieser Saison die unterschiedlichen Konzepte bei den Energierückgewinnungssystemen aus. Audi arbeitet nach wie vor nur mit der kinetischen Energie beim Bremsen an der Vorderachse, weshalb auch die Hybrid-Power von rund 476 PS von der MGU nur an die Vorderräder abgegeben wird. Das Heck wird ohnehin vom Turbodiesel angetrieben. Toyota sammelt die Bremsenergie hingegen sowohl an der Vorder- als auch der Hinterachse und gibt diese durch zwei separate MGU - die zusammen eine Leistung von rund 500 PS aufbringen sollen - auch wieder an beide ab.

Porsche setzt zusätzlich zum KERS an der Vorderachse auch ein Energierückgewinnungssystem im Abgastrakt ein, wo der Abgasstrom eine zweite Turbine neben dem Turbolader antreibt. Beide Systeme geben ihre Energie (Porsche spricht offiziell von zusammen 400 PS) gemeinsam an die Vorderräder ab, wodurch der heckgetrieben 919 Hybrid beim Beschleunigen zum Allrad wird.

Um den Abstand zwischen den unterschiedlichen Herstellern zu verringern, wird 2016 die maximal pro Runde verbrauchbare Energie um 10 Megajoule gekürzt, was einem Minus von 7,5 Prozent entspricht. Um diesen Prozentsatz wird auch die maximal zulässige Spritdurchflussmenge verringert. Für Le Mans gilt eine gesonderte Regelung: Hier wird die gesamte Hybridpower auf eine Maximalleistung von 300 Kilowatt begrenzt.

Energiespeicher

2015 setzten die Hersteller noch auf drei verschiedene Systeme. Audi speicherte seine gewonnene kinetische Energie via Schwungrad, während Toyota auf einen Superkondensator setzte. Porsche nutzte schon im Vorjahr Lithium-Ionen-Batterien, die in dieser Saison von allen drei LMP1-Herstellern eingesetzt werden und sich nun als Standard durchgesetzt hat.

Megajoule-Klassen

2015 waren die drei Hersteller in unterschiedlichen Megajoule-Klassen unterwegs, kamen also auf drei unterschiedliche Mengen an zurückgewonnener elektrischer Energie, was sich wiederum auf den erlaubten Spritverbrauch auswirkte Porsche war schon im Vorjahr in der größten Kategorie (8 MJ) unterwegs und bekommt dort 2016 Gesellschaft von Toyota. "Unser Wechsel in die 8 MJ Klasse wird uns - gemeinsam mit den Eigenschaften des neuen Verbrennungsmotors - im Vergleich zum letztjährigen Auto mehr Drehmoment verschaffen. Das war ein Hauptziel für diese Saison", führt Toyotas Entwicklungschef Murata aus.

Auch Audi entschied sich für einen Aufstieg und tritt 2016 nach 6 MJ-Regeln an. Das hat auf den Spritverbrauch des Verbrenners die Auswirkung, dass pro Runde in Le Mans 3,47 Liter Diesel verbraucht werden dürfen (für die anderen Rennen wird dieser Wert auf die entsprechende Streckenlänge umgerechnet). Im Vergleich zum ersten TDI-Motor, den Audi 2006 einsetzte, sank der Spritverbrauch um 46,4 Prozent, während die Rundenzeiten im gleichen Zeitraum um zehn bis 15 Sekunden sanken. Porsche und Toyota in der 8 MJ-Klasse dürfen in Le Mans pro Runde 4,31 Liter Benzin verbrauchen.

Aerodynamik

Alle Hersteller verpassten ihren Boliden ein Facelifting. Bei Toyota musste der neue Antriebsstrang in ein komplett neues Chassiskonzept verpackt werden, da unter anderem die Kühlung des neuen Hybridsystems neue Anforderungen an die Verkleidung stellt. "Das Aerodynamikkonzept hat vor allem drastische Änderungen an der Frontpartie zur Folge. Wir leiten aber auch den gesamten Luftstrom hinter den Downforce-Elementen an der Front komplett anders", erklärt Technikdirektor Pascal Vasselon.

Auch bei Audi ist die Änderung an der Frontpartie am augenscheinlichsten. Die markante Nase des R18 wurde um einiges schlanker, ist aber nach wie vor höher als jene von Porsche oder Toyota angesetzt. Champion Porsche hat überhaupt bereits drei komplett unterschiedliche Bodyworks entwickelt, um den Ansprüchen der verschiedenen Strecken zu genügen. Drei unterschiedliche Konfigurationen sind 2016 das von FIA und ACO erlaubte Maximum, weshalb wohl auch Toyota und Audi bereits zusätzliche Chassis-Varianten in der Hinterhand haben. Auch wenn das noch nicht offiziell kommuniziert wurde.