Das Tal der Tränen scheint überwunden: Das Audi Sport Team Joest ist wieder zurück im WEC-Geschäft: Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer triumphierten beim Saisonauftakt in Silverstone. Selbst eine Stop&Go-Strafe kurz vor Ende, eine verpasste Gelegenheit zum Boxenstopp bei der ersten Gelbphase, und anhaltende Telemetrie-Probleme konnten die Weltmeister von 2012 nicht stoppen. Zweite wurden Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb für Porsche, gefolgt von den Weltmeistern Anthony Davidson, Sebastien Buemi und Kazuki Nakajima für Toyota.

Porsche dominiert Anfangsphase

Beide Porsche behielten ihre Positionen beim Start, Mark Webber bog als Führender vor Romain Dumas in den Arena-Komplex ein. Dahinter bekämpften sich Lucas di Grassi und Sebastien Buemi, nach mehreren Überholmanövern nistete sich der Weltmeister auf P3 ein. Eine kleine Schrecksekunde erlebte Benoit Treluyer im zweiten Audi, der beim Start nicht beschleunigen konnte. Zuvor war schon die Telemetrie ausgefallen. Nach einigen Sekunden lief das Auto aber, und der R18 war bald wieder im Geschäft. Di Grassi flog beinahe in Turn 1 ab und fiel auf Rang sechs zurück, holte sich die Plätze aber noch im ersten Stint zurück.

Bitteres Aus für Timo Bernhard, Mark Webber und Brendon Hartley, Foto: Adrenal Media
Bitteres Aus für Timo Bernhard, Mark Webber und Brendon Hartley, Foto: Adrenal Media

Ein virtuelles Safety Car (Full Course Yellow) wurde von einem Unfall des Alpine ausgelöst. Paul-Loup Chatin hatte ein Rad verloren und war in Copse Corner abgeflogen, als Toyota blitzschnell auf die Full Course Yellow reagierte und Buemi an die Box beorderte, Audi verpasste die Gelegenheit und verlor daher etwas an Boden. Daraufhin ließ das Joest-Team die R18 von der Leine: Lucas di Grassi und Benoit Treluyer flogen um den Kurs, fuhren rund zwei Sekunden schneller als der Toyota und waren dran, als eine zweite Full Course Yellow zur Reparatur einer Bande ausgelöst wurde. Beim Restart überrumpelten beide Audi Sebastien Buemi, dessen Hybridsystem nicht geladen war.

Mark Webbers Freude währte keine zwei Stints lang: Der Porsche musste an die Box geschoben werden und war raus aus dem Rennen. Nun führte der zweite Porsche von Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb, doch die beiden Audi fuhren eine 30-sekündige Lücke auf den 919 Hybrid zu. Bevor es zu einer Attacke seitens di Grassi kommen konnte, musste dieser an die Box kommen, da er mit einem Fahrzeug beim Überrunden zusammengestoßen war. Das kostete eine Runde, somit lautete der Kampf nun: Ein Porsche gegen einen Audi.

Titanischer Zweikampf zwischen Fässler und Jani

Was folgte, war das wohl größte Kino der WEC-Geschichte: Der 1000 PS starke Porsche war auf der Geraden dem Audi klar überlegen, der dafür in schnellen Kurven besser war. Immer wieder schob sich Marcel Fässler an Neel Jani in den Kurven vorbei, doch der Porsche schlug immer wieder auf der Geraden zurück. Einen ganzen Stint ging es Rad an Rad zur Sache. Das machte Spaß, kostete aber Zeit, was den Toyota von Davidson wieder in Schlagdistanz brachte.

Toyota fehlte nicht viel auf einer Strecke, die dem TS040 Hybrid nicht liegen soll, Foto: Toyota
Toyota fehlte nicht viel auf einer Strecke, die dem TS040 Hybrid nicht liegen soll, Foto: Toyota

Toyota wagte ein Risiko und fuhr einen Doppelstint zur Hälfte des Rennens. Das spülte Anthony Davidson an die Spitze vor dem Duell im VW-Konzern. Lotterer schaffte es endlich, Romain Dumas zu knacken, indem er ihn leicht neben die Strecke drängte. Daraufhin setzte er sich sofort ab und kam nun an Anthony Davidson heran. Dieser hatte auf den alten Reifen dem heranstürmenden Audi nichts entgegenzusetzen. Während der R18 e-tron quattro über einen Stint brauchte, um am Porsche vorbeizugehen, schnappte sich Lotterer den Toyota gleich im ersten Anlauf.

In einem bärenstarken Dreifachstint erarbeitete sich Lotterer ein kommodes Polster. Porsche stellte währenddessen die Strategie um und versuchte, einen Stopp zu sparen. Tatsächlich konnte das Porsche Team die Strategie durchziehen, doch der Audi war einfach zu schnell. Selbst eine umstrittene Strafe gegen den führenden Audi wegen Überrundens neben der Strecke konnte den R18 e-tron quattro nicht mehr stoppen. Jani konnte Buemi auf Distanz halten und fuhr Platz zwei für Porsche nach Hause.

G-Drive Racing dominiert LMP2

Nick Tandy schnappte sich im KCMG-Oreca die Spitze am Start, konnte jedoch den beiden Ligier aus dem von Oak Racing betreuten G-Drive-Rennstall nichts entgegensetzen. Über die Distanz erwies sich der JS P2 von Roman Rusinov, Julien Canal und Sam Bird als schneller als das Schwesterfahrzeug von Gustavo Yacaman , Pipo Derani und Ricardo Gonzales. Zwei Runden Vorsprung fuhren die beiden Ligier auf den HPD ARX-03b von Scott Sharp, Ryan Dalziel und David Heinemeier Hansson heraus.

Die Ligier JS P2 von G-Drive Racing waren eine Klasse für sich, Foto: Adrenal Media
Die Ligier JS P2 von G-Drive Racing waren eine Klasse für sich, Foto: Adrenal Media

Obwohl er in der ersten Kurve noch im Kiesbett stand, lieferte der Strakka-Dome ein solides verspätetes Renndebüt ab: Nick Leventis, Danny Watts und Jonny Kane kamen auf die vierte Position. Der Oreca 05 von KCMG (Howson/Bradley/Tandy) kämpfte noch mit Kinderkrankheiten und wurde Fünfter, gefolgt von der Rentnertruppe von Oak Racing (Nicolet/Merlin/Maris).

Ferrari schlägt Porsche, Aston Martin sich selbst

Aston Martin Racing hielt die Dreifachführung in der ersten Stunde, doch die Full Course Yellow brachte alles durcheinander. Einige Teams stoppten, andere nicht. Aston Martin fiel in der Mitte des Rennens deutlich zurück und konnte das Tempo von Porsche und Ferrari nicht mehr gehen. Patrick Pilet und Fred Makowiecki setzten sich an die Spitze, bis ein defekter Dämpfer den Porsche 911 RSR an die Box zwang - zwei Runden und alle Klassenränge waren verloren. Zwischenzeitlich kämpften die beiden AF-Corse-Ferrari um die Spitze gegeneinander, letztlich zog Gimmi Bruni einen Schussstrich unter die teaminterne Rebellion und stellte in einem starken Stint klar, wer der Chef bei den Roten ist.

Gimmi Bruni und Toni Vilander zeigten, warum sie die Champions sind, Foto: Adrenal Media
Gimmi Bruni und Toni Vilander zeigten, warum sie die Champions sind, Foto: Adrenal Media

Zu diesem Zeitpunkt schloss der Manthey-Porsche von Richard Lietz und Michael Christensen immer weiter auf die beiden Ferrari auf. Promt ging bei AF Corse der letzte Stopp bei Rigon und Calado in die Hose, der Porsche war durch. Für Bruni reichte es jedoch nicht mehr, Bruni und Vilander holten wieder einmal einen Sieg.

In der GTE Am lieferte die Larbre-Corvette ein starkes Debüt ab, bis sie von Oliver Jarvis in den Kies geschickt wurde. Wenig überraschend setzte sich der Aston Martin von Paul Dalla Lana, Pedro Lamy und Mathias Lauda am Ende durch. Einen starken zweiten Platz fuhren Francois Perrodo, Emmanuel Collard und Rui Aguas für AF Corse ein, auf Rang drei kam der ebenfalls von AF Corse betreute SMP-Ferrari von Viktor Shaitar, Alexey Basov und Andrea Bertolini ins Ziel.