Trotz der großen Zuwächse in den Prototypen-Klassen ist die GTE Am nahezu ungeschoren davongekommen: Für 2015 sind sieben Teams mit Pro-Am-Lineups genannt, die sich die Chance nicht nehmen lassen, das GT-Feld zu ergänzen und selbst eine große Show zu liefern. Häufig schieben sich die Amateur-Fahrzeuge, sobald ein professioneller Fahrer am Steuer sitzt, mitten in das Pro-Feld hinein und können dort teilweise ins Renngeschehen eingreifen. Beim Prolog kam die GT-Bestzeit von einem GTE-Am-Fahrzeug. Die Reihenfolge im Ziel wird wie auch in den Vorjahren von der Performance der Amateurfahrer abhängen.

Und da war in den beiden letzten Jahren Aston Martin Racing unschlagbar. Nach der noch fragwürdigen Meisterschaft 2013, als Roald Goethe mehr zusah als mitfuhr, fuhren David Heinemeier Hansson und Kristian Poulsen im Vorjahr einen blitzsauberen Titel ein. Doch die Erfolgspaarung ist nicht mehr mit von der Partie: Der dänische Programmierer ist in die LMP2 zurückgekehrt, Poulsen hat sich Larbre Competition angeschlossen. Und Jan Struve wagt nach zwei erfolgreichen Jahren mit seinem Team Young Driver AMR nun den großen Auftritt in der GTE Pro.

Abgewandert: Der Dane-Train von Young Driver AMR ist in die GTE Pro gewechselt, Foto: Adrenal Media
Abgewandert: Der Dane-Train von Young Driver AMR ist in die GTE Pro gewechselt, Foto: Adrenal Media

Die Jagd auf Aston Martin Racing

Die Karten sind also neu gemischt, oder sind sie ist nicht? Fakt ist, dass Aston Martin auch in diesem die Rolle des Gejagten einnehmen wird. Der weggefallene Young-Driver-Vantage wird durch ein zweites Fahrzeug von Aston Martin Racing kompensiert. Paul Dalla Lana, Pedro Lamy und Mathias Lauda sind von der Papierform her die schlagkräftigste GTE-Am-Truppe. Stuart Hall fuhr beim Prolog im zweiten Aston Martin die Bestzeit aller GT-Fahrzeuge inklusive neuem GTE-Rundenrekord. Die Performance dieses Fahrzeugs wird in erster Linie von Roald Goethe abhängen - Francesco Castellacci ist als ehemaliger GT3-Europameister über alle Zweifel erhaben.

Aston Martin Racing wird also weiterhin die Favoritenrolle besetzen, alles andere als der dritte Amateurtitel in Folge wäre eine Enttäuschung für die Engländer. Wer könnte zur Gefahr werden? Zwei Porsche, zwei Ferrari und die zurückkehrende Corvette werden versuchen, die britische Dominanz zu brechen. Doch es wird schwer werden. Mit Larbre Competition kehren zwar die Meister der Eröffnungssaison 2012 zurück, doch von den damaligen Fahrern ist niemand mehr übrig geblieben. Der von Aston Martin Racing abgewanderte Kristian Poulsen stößt auf Gianluca Roda und Paolo Ruberti, die im Vorjahr für 8 Star Motorsport unterwegs gewesen waren.

Topmaterial: Larbre Competition übernimmt eine Corvette des Werksteams, Foto: IMSA
Topmaterial: Larbre Competition übernimmt eine Corvette des Werksteams, Foto: IMSA

Die Jäger: Porsche, Ferrari, Corvette

Den Fans wird es herzlich egal sein, wer in der Corvette fährt, denn das Muscle Car hat sich längst einen Platz in den Herzen der Zuseher erfahren. Inmitten des Porsche-Ferrari-Aston-Cups wird die C7.R eine nette Abwechslung darstellen. Porsche wird nach dem Weggang von Prospeed Competition nun durch zwei Fahrzeuge des Teams Proton Competition vertreten. Patrick Dempsey wird sich erstmals in der Weltmeisterschaft versuchen - sofern es sein Grey´s-Anatomy-Drehplan zulässt. Mit Patrick Long und Marco Seefried hat er zwei äußerst talentierte Teamkollegen an Bord, die im Qualifying für die eine oder andere Überraschung sorgen könnten. Den zweiten Proton-Porsche steuern wie im Vorjahr Christian Ried, Khaled Al Qubaisi und Porsche-Junior Klaus Bachler.

AF Corse hat sein eigenes Programm in der GTE Am auf einen einzelnen Ferrari 458 Italia reduziert. Die früheren Prospeed-Fahrer Emmanuel Collard und Francois Perrodo haben hier eine neue Heimat gefunden und werden von Rui Aguas verstärkt. Collard, früherer Meister des Porsche Supercups, wird erstmals in seiner Karriere einen GT-Ferrari steuern. Ein weiterer 458 geht unter der Bezeichnung SMP Racing an den Start, wird aber auch von AF Corse betreut. Nach dem Ausstieg aus der LMP2 der WEC ist der Ferrari von Alexey Basov, Viktor Shaitar und Andrea Bertolini das einzige gemeldete SMP-Fahrzeug und könnte am ehesten einen Angriff auf die Aston Martin wagen.

Für die Jäger wird es kein leichtes Unterfangen, das werksunterstützte Aston-Martin-Team mit seinen riesigen finanziellen Ressourcen herauszufordern. Doch bei Problemen werden sie bereitstehen. Einen nicht unwesentlichen Teil des GTE-Am-Rennens werden die Überrundungen ausmachen. Sollte es zu einer SC-Phase kommen, könnten ebenfalls entscheidende Lücken gerissen werden.