Was wohl als Quintessenz am Ende dieser Saison hängen bleiben wird, ist, dass Privatteams gegen die mächtigen Hybridboliden der Werke kaum eine Chance haben, wenn sie mit in etwa gleichen Waffen an den Start gehen. Der Unterschied zwischen einem Werksteam, das dreistellige Millionenbeträge investiert, und einem privaten Rennstall, der mit einem Zehntel des Werksbudgets haushalten muss, kam 2014 so deutlich zum Vorschein wie noch nie. Zwei Teams nahmen die enorme Herausforderung an, mit ihren eigenen LMP1-Boliden in der Subkategorie LMP1-L (für "Lightweight") anzutreten.

Rebellion Racing gelingt Sensation in Le Mans

Das klar erfolgreichere Unternehmen war der Einsatz zweier R-One durch das schweizerische Team Rebellion Racing. Doch es lief nicht alles nach Plan: Der Bau der Boliden bei Oreca verzögerte sich, so dass der Saisonauftakt in Silverstone noch mit dem Lola B12/60 Coupe gefahren wurde. Die R-One wurden in einem Mammutakt für das Rennen in Spa-Francorchamps fertiggestellt. Groß war die Freude, als einer der Boliden tatsächlich die Zielflagge sah. Auch ohne die komplexe Hybridtechnik ist ein moderner LMP1 technisch noch immer äußerst kompliziert und kaum jemand hatte mit einer Zielankunft gerechnet.

Rebellion Racing machte für die bescheidenen Mittel einen Riesenjob, Foto: Speedpictures
Rebellion Racing machte für die bescheidenen Mittel einen Riesenjob, Foto: Speedpictures

Den Vogel sollte Rebellion dann in Le Mans abschießen: Waren die Hybridboliden der Werks-Konkurrenz über eine Sechs-Stunden-Distanz sehr schnell standfest, rannten sie bei der Hatz zweimal rund um die Uhr reihenweise in Probleme. Rebellion schaffte es erneut, einen Boliden in seinem erst zweiten Rennen ohne nennenswerte Probleme durchzubringen und fuhr einen sensationellen vierten Gesamtrang ein. Es sollte der absolute Höhepunkt der Saison für das Team von Bart Hayden werden; Nicolas Prost, Nick Heidfeld und Mathias Beche durften sich feiern lassen. Die Herzen der Fans hatten die R-One als Soundkönige dank ihrer schreienden Toyota-Motoren zu diesem Zeitpunkt längst gewonnen.

Die Rollenverteilung wurde schnell klar: Prost, Heidfeld und Beche waren meist die klar schnellere Besatzung, vor allem Heidfeld empfahl sich immer wieder für ein Werksengagement. Das zweite Fahrzeug mit Dominik Kraihamer, Andrea Belicchi und Fabio Leimer war meist leicht langsamer und zog zunächst das gesamte Technikpech auf sich. Überhaupt musste Rebellion Racing bis zum Saisonfinale immer wieder Rückschläge wegstecken. Die Kinderkrankheiten, die sich zu Beginn noch zurückgehalten hatten, sollten im Laufe der Saison auch das Top-Fahrzeug befallen. Zu diesem Zeitpunkt hatten Prost, Heidfeld und Beche aber den Titel längst eingefahren.

Lotus: Vielversprechendes Debüt, baldige Ernüchterung

Rebellion Racing fuhr alle Siege der Saison ein (fünf durch Prost/Heidfeld/Beche, drei durch Kraihamer/Belicchi/Leimer), weil Lotus deutlich schlechter aufgestellt war. Der CLM P1/01, bei dem es sich um einen auf LMP1-Maße zugeschnittenen T128-LMP2 aus dem Vorjahr handelte, legte zwar ebenfalls ein eindrucksvolles Debüt in Austin hin und kam über die Distanz, brannte dann aber auf dem Fuji Speedway ab. Zwar gelang es der Crew in einem Wahnsinnsakt, das Auto bis China wieder aufzubauen, doch die Konkurrenzfähigkeit war von da an dahin. Hinzu kam eine unrühmliche Trennung von Christophe Bouchut, der am Steuer des brennenden Lotus saß.

Das Feuer wurde zum Schicksalsmoment in der Saison von Lotus, Foto: Adrenal Media
Das Feuer wurde zum Schicksalsmoment in der Saison von Lotus, Foto: Adrenal Media

Jedenfalls schien das Feuer auch die Zuverlässigkeit aus dem CLM P1/01 mit AER-Motor herausgebrannt zu haben. In Shanghai sah man zwar noch einmal das Ziel, doch das Fahrzeug kam bei den Rundenzeiten nicht über LMP2-Niveau hinaus. Auch die Fahrkünste des erfahrenen Pierre Kaffer konnten nicht kaschieren, dass das Fahrzeug zu schwer war und zu wenig Grip auf der Hinterachse hatte. Zwar steigerte sich Lotus bei der Performance und war in Brasilien in den Trainings gar nicht mehr so weit weg von Rebellion, doch sowohl in Bahrain als auch in Sao Paulo kam der Bolide nicht ins Ziel, in Bahrain war sogar schon in Runde 1 Schluss.

Zukunft mit Fragezeichen

Für 2015 wird die LMP1-L eingestampft, es wird nur noch eine LMP1 geben. Die privaten Rennställe sollen vom Speed her konkurrenzfähig gemacht werden; unter der auf Basis wissenschaftlicher Daten ermittelten Einstufung mit 850 Kilogramm (20 Kilo weniger als die LMP1-H) waren die privaten Fahrzeuge hoffnungslos unterlegen. Mehrere Zugeständnisse im Laufe der Saison, in deren Zuge Rebellion und Lotus bis auf 800 Kilo abspecken durften und mehr Sprit zugestanden bekamen, konnten den Rückstand nur knapp geringer werden lassen.

Rebellion wird wohl wieder dabei sein, doch Freunde guten Sounds müssen die bittere Pille schlucken, dass die Schweizer sich wohl einen neuen Motorenpartner suchen müssen, da Toyota Medienberichten zufolge das Kundenprogramm für seine Motoren beendet. Über Lotus schweben Fragezeichen, ansonsten haben nahezu alle möglichen Kandidaten ihre Pläne auf 2016 verschoben.