Weniger als 100 Tage verbleiben bis zum Auftakt der Langstrecken-Weltmeisterschaft 2014. Nach zwei mehr oder weniger Probesaisons wegen des Peugeot-Rückziehers Anfang 2012 wird die LMP1-Klasse durch das neue Reglement und den Einstieg von Porsche neu belebt. Mit dem neuen, voll auf Effizienz und Energierückgewinnung getrimmten Regelwerk versucht der ACO, nach und nach immer mehr Hersteller zum Einstieg zu bewegen. Beim Motor herrschen keine Hubraumbeschränkungen mehr, lediglich die zur Verfügung stehende Energiemenge ist begrenzt. Neben den drei Werksteams haben auch mehrere Privatteams Ambitionen, in der LMP1 mitzumischen.

LMP1-H: Dreikampf um die Hybridkrone

Die Weichen sind gestellt: Mit drei völlig unterschiedlichen Konzepten werden drei Hersteller um WM-Titel und Le-Mans-Sieg kämpfen. Das Audi Sport Team Joest setzt mit dem neuen R18 e-tron quattro weiter auf einen Turbodiesel. Der V6-TDI soll sich dabei gar nicht großartig vom bisherigen Aggregat unterscheiden, doch bislang hält sich Audi bedeckt, wie viel Hubraum der neue Motor tatsächlich hat. Bisher kam ein vom Reglement auf 3,7 Liter beschränktes Aggregat zum Einsatz. Theoretisch kann es dabei bleiben und die Energiemenge rein über den Ladedruck geregelt werden. Auch die Hybridklasse hat Audi noch nicht bekannt gegeben. Sicher ist aber, dass weiterhin ein Schwungrad-Speicher zum Einsatz kommen wird.

Toyota lässt sich Zeit, Foto: DPPI
Toyota lässt sich Zeit, Foto: DPPI

Am offensten mit dem LMP1-Projekt ging die Porsche AG um, die werbewirksam immer wieder über den Fortschritt des Projekts informierte. Ein 2-Liter-Turbobenziner mit V4-Anordnung hat sich gegen eine konventionellere V6-Lösung durchsetzen können. Da Porsche 2013 nicht in der WEC aktiv gewesen ist und die GT-Einsätze unabhängig vom LMP1-Projekt laufen, waren alle Ressourcen für 2014 frei. Zwar sollte Porsche über die meiste Testerfahrung verfügen, doch Wolfgang Hatz warnte gegenüber Motorsport-Magazin.com stets vor zu hohen Erwartungen im ersten Jahr. Die Hybrid-Energie wird mittels Batterien gespeichert.

Toyota Racing muss als einziges Werksteam seinen Boliden noch präsentieren. Die japanisch-deutsch-französische Allianz geht einen Weg, den manche Experten hinterfragen: Es soll weiter ein V8-Saugmotor zum Einsatz kommen. Während so mancher sich verwundert die Augen reibt, da die Turbotechnologie in den letzten Jahren bei der Effizienz große Fortschritte erzielt hat, ist man bei Toyota ganz beruhigt: Ein großvolumiger Sauger sei genauso effizient wie ein Turbo, da im Motorsport nur selten im Teillastbereich gefahren wird. Noch ist nicht bekannt, auf wie viel Hubraum der bisherige 3,4l-Motor aufgebohrt wird. Zwischenzeitlich kursierten Gerüchte um fünf Liter, doch diese sind Spekulation.

Den Werksteams werden Energierückgewinnungs-Möglichkeiten von zwei, vier, sechs und acht Megajoule zur Verfügung stehen. Je nach Klasse darf eine unterschiedliche Menge Sprit verbrannt werden. Da aber die Tankgrößen für alle gleich sind, ist die 8MJ-Lösung die beste für die Reichweite. Dennoch gilt es abzuwägen, ob weniger Rückgewinnung in Kombination mit mehr fossiler Energie zu einem Geschwindigkeitsvorteil führen kann, der den Reichweitennachteil ausgleicht. Noch hat kein Hersteller seine Hybridklasse bekannt gegeben. Kleine Notiz zum Toyota-Hubraum: Die ursprünglich vorgesehene Hubraum-Beschränkung von 5,5 Litern in der LMP1-H wurde in der Endfassung des Reglements gestrichen...

LMP1-L: Wer spielt mit Rebellion?

Audi setzt beim neuen R18 e-tron quattro auf Laser-Technologie, Foto: Audi
Audi setzt beim neuen R18 e-tron quattro auf Laser-Technologie, Foto: Audi

In der LMP1-L für Privatteams steht bislang nur Rebellion Racing fest. Mit zwei neuen von Oreca entwickelten R-One will das schweizerische Team die Hersteller ärgern. Robuste Technologie ohne Hybridsystem soll dank mehr verfügbarer fossiler Energie pro Runde und 20kg weniger Gewicht zumindest den bisherigen Speed-Nachteil wettmachen. Den Preis wird man über mehr Boxenstopps zahlen müssen, denn der Tank ist nicht größer als bei den Werksteams. Deshalb hat der ACO die LMP1-L als eigene Meisterschaft ausgeschrieben, die aber nur bei mehr als drei Fahrzeugen ausgefahren wird. Angetrieben wird der R-One vom bisherigen 3,4l-Toyota-Saugmotor.

Zwei Teams wären potenziell bereit, ein P1-Projekt in Angriff zu nehmen. Oak Racing würde aber mit dem neuen Ligier-Prototypen frühestens in Spa-Francorchamps antreten. Aber es gibt einen Plan B für die LMP2; ob man wirklich in Belgien am Start steht, ist noch nicht klar. Doch die Ambitionen von Onroak Automotive sind klar: Es soll wieder in die Königsklasse gehen. Daneben hat auch Level 5 Motorsport ein LMP1-Engagement in Erwägung gezogen. Hier wird vermutlich ein Vorjahresfahrzeug zum Einsatz kommen, denn die alten LMP1 sind weiter zugelassen. Möglich wäre ein Lola-Coupe von Rebellion oder ein ausrangierter HPD von Strakka oder Pickett Racing.

Auf der Suche nach Partnern

Diverse Hersteller haben Chassis-Entwürfe parat, sind aber auf der Suche nach Partnern. Perrinn Ltd. kündigte als erster Privathersteller an, einen LMP1 auf Kiel gelegt zu haben. Mittlerweile ist aber klar, dass frühestens 2015 ein Einsatz möglich ist. Zum 24-Stunden-Rennen in Le Mans wird ein Showcar gebracht. Dome hat jüngst eine Partnerschaft mit Strakka Racing verkündet, die zunächst für die LMP2 gilt. Mittelfristig könnte der Weg in die P1 zurückführen, doch das wird sich im Laufe der Zeit zeigen. Des Weiteren hat HPD ein Chassis im Köcher, das von Nick Wirth mit CFD-Technologie konstruiert wurde. Zwar konstruierte Wirth in der Vergangenheit sehr gute Prototypen, doch das Marussia-Desaster in der Formel 1 haftet ihm noch an.

Diverse Motoren wie dieser Zytek-V8 warten auf Kunden, Foto: Zytek
Diverse Motoren wie dieser Zytek-V8 warten auf Kunden, Foto: Zytek

Auf Motorenseite wartet eine ganze Reihe von Aggregaten auf einen Kunden: Judd hat einen 4,4l-V8-Saugmotor entwickelt, sieht sich aber harter Konkurrenz gegenüber: Dauerkonkurrent AER hat einen V6-Biturbo in der Hinterhand, dessen Hubraum aber geheim gehalten wurde, Zytek einen 4,5l-V8-Sauger. Wiederum mit 2,2l-V6-Turbo wartet HPD auf. Die Honda-Tuningschmiede verfügt damit als einziger Hersteller über eine fertige Motor-Chassis-Kombination. Noch etwas diffus sieht die Lage über ein Mecachrome-Dieselprojekt aus. Von 5,5 Litern und zehn Zylindern ist die Rede, gesicherte Informationen von offizieller Seite gibt es aber nicht.

In der Versenkung verschwunden

Zwei Projekte scheinen mittlerweile nicht mehr weitergeführt zu werden: Beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans 2013 kündigte Lotus Praga LMP1-Pläne an, doch seitdem ist es ruhig geworden. Wahrscheinlich ist hier eine Konzentration auf das LMP2-Projekt. Außerdem hatte Milliardär James Glickenhaus einen LMP1-Hybriden in Erwägung gezogen, doch hier herrscht seit über einem Jahr Funkstille.

Übersicht

Sicher: 2x Audi Sport Team Joest (H)
2x Porsche AG (H)
2x Toyota Racing (H)
2x Rebellion Racing (L)

Wahrscheinlich: 1x Oak Racing (L)

Möglich: 1x Level 5 Motorsport (L, grandfathered)