Weniger als 100 Tage verbleiben bis zum Auftakt der Langstrecken-Weltmeisterschaft 2014. Die LMP2-Kategorie war 2013 die am heißesten umkämpfte Klasse in der WEC, mindestens fünf Fahrzeuge waren pro Rennen siegfähig. Mit Pecom Racing hat sich ein namhaftes verabschiedet, andere wollen die Lücke füllen. Es gibt viele Ambition, aber für das Maß an Interessenten relativ wenig Klarheit. Nur eines ist klar: Trotz eines eigentlich umfangreichen Motorenangebots in der LMP2 hat Nissan quasi eine Monopolstellung in der WEC. Bei den Chassis wird weiter Oreca die meisten Fahrzeuge stellen. Allerdings müssen die offenen Prototypen 2015 geschlossenen weichen.

Wer fordert Delta-ADR?

Topfavorit für die neue Saison ist Delta-ADR. Der englische Rennstall dominierte unter dem Banner G-Drive Racing die zweite Hälfte der Saison 2013 und scheiterte nur wegen einer umstrittenen Disqualifikation in Le Mans am Titel. Roman Rusinov ist zwar in Richtung Oak Racing abgewandert, doch der neue Sponsor Millennium wird diese Lücke gebührend ausfüllen. Fahrerisch sollen Oliver Turvey und die Altmeister Stefan Johansson den Weggang von Rusinov ausgleichen. Man wird weiter den Oreca 03-Nissan einsetzen und möglicherweise gegen Saisonende auf den Oreca 05 wechseln.

Die Zukunft der LMP2 ist geschlossen, wie es Adess mit dem 02 vormacht, Foto: ADESS AG
Die Zukunft der LMP2 ist geschlossen, wie es Adess mit dem 02 vormacht, Foto: ADESS AG

Mit großen Ambitionen steigt SMP Racing in die Welt der Prototypen ein. Ursprünglich hatten die Russen sogar die Hoffnung, Ferrari zurück nach Le Mans zu bringen, doch das geschieht zunächst nicht, zumal in Maranello derzeit eigene Pläne geschmiedet werden und man sich sicherlich nicht in der LMP2 sieht. So kommen zwei Oreca 03-Nissan zum Einsatz. Die Ferrari-Hoffnung ist aber noch nicht aufgegeben, denn hinter den Kulissen wird versucht, den Einsatz über AF Corse laufen zu lassen. Der italienische Ferrari-Einsatz hatte bislang die Pecom-Einsätze übernommen. Heißer Fahrerkandidat wäre damit auch Pierre Kaffer, der die Einsatzmannschaft schon kennt.

Die Morgan-Fraktion könnte sich arg reduzieren, wenn sich Oak Racing nicht doch noch für die LMP2 entscheidet (s.u.). KCMG wird die Fahnen als Kundenteam mit einem Morgan-Nissan hochhalten. Der Rennstall aus Hong Kong zeigte 2013 starke Leistungen bis zum Rennen in Le Mans. Ebenfalls in Richtung Titel schielt Strakka Racing, die eine Partnerschaft mit Dome eingegangen sind. Ob das neue Fahrzeug gegen die ausgereiften Oreca 03 und Morgan bestehen kann, wird sich zeigen. Der S103 ist nach dem neuen Reglement aufgebaut und kommt als Coupe daher.

Mögliche Kandidaten: Wer kehrt zurück?

Ein hin und her gibt es bei den amtierenden Meistern: Oak Racing macht kein Geheimnis daraus, dass die LMP1 das Ziel ist. Die P2-Klasse mit Morgan-Nissan hatte man eigentlich abgehakt, doch mittlerweile schimmert hindurch, dass ein Engagement wieder möglich ist. Das wird wohl nur der Fall sein, wenn das LMP1-Projekt nicht umsetzbar ist. Die neue Partnerschaft mit Ligier könnte die Möglichkeiten von Onroak Automotive überschreiten: So sollen gleichzeitig Projekte für LMP1-3 und für die CN realisiert werden. Sicher ist, dass ab Le Mans der neue Ligier LMP2 debütieren soll. Wie das Engagement genau aussehen wird, ist noch unklar, auch die USCC ist denkbar.

Die Russen kommen 2014 mit SMP gleich im Doppelpack, Foto: Frédéric Le Floch
Die Russen kommen 2014 mit SMP gleich im Doppelpack, Foto: Frédéric Le Floch

Wenig war in letzter Zeit von Lotus Praga bezüglich 2014 zu hören. Der T128 hatte in seiner Debütsaison mit einigen Kinderkrankheiten zu kämpfen und es fehlte an Speed. Die Saison 2013 sollte eigentlich ein Test für 2014 werden, doch derzeit läuft noch ein Rechtsstreit mit der Adess AG, die die Fahrzeuge in Le Mans beschlagnahmen ließ. Wer hier wem Geld schuldet, müssen die Gerichte klären. Klar ist: So etwas lenkt vom Sport ab und verschlingt einige finanzielle Ressourcen. Noch ist kein Einsatz für 2014 bestätigt. Immerhin wurde die Website auf den Titel "Lotus LMP2 2014" geändert, es besteht also Hoffnung.

Ein weiteres Team, das lange Zeit sicher aussah, aber nun wackelt, ist Greaves Motorsport. Bereits gegen Ende der Saison 2013 mussten verschiedene Paydriver Björn Wirdheim unterstützen. Ob die Kooperation mit Caterham die Früchte trägt, die sich Greaves versprochen hat, ist fraglich. Es könnte auch passieren, dass das Team in Gainer International aufgeht. Bereits auf dem Fuji Speedway kooperierten die beiden Teams miteinander und Gainer will 2014 den Sprung in die LMP2 mit einem Zytek ZS11N- Nissan schaffen.

Ein zusätzlicher möglicher Kandidat ist Signatech Alpine. Nach dem Gewinn der ELMS wäre ein Aufstieg logisch. Den Alpine-Nissan würde man mit Nelson Panciatici und Pierre Ragues und einem Paydriver besetzen. Einen ersten Kunden will unterdessen die Adess AG gefunden haben. Die Schlammschlacht mit Lotus hat Stephane Choose nicht davon abgehalten, ein eigenes Fahrzeug zu designen. Die volle Saison wird aber definitiv nicht bestritten, erst nach Le Mans soll der Adess 02 debütieren. Ein weiteres LMP2-Projekt soll in Kürze vorgestellt werden, dabei könnte es sich um einen der folgenden Kandidaten handeln.

Exoten: Von Südafrika bis GP2

Die Engagements der meisten Teams und Hersteller wie Tiga stehen noch nicht fest, Foto: Tiga Race Cars
Die Engagements der meisten Teams und Hersteller wie Tiga stehen noch nicht fest, Foto: Tiga Race Cars

Eine Reihe von Projekten und Interessen-Bekenntnissen wurden über das Jahr 2013 gestreut. Ex-Pilot Mike Newton will den Tiga LM214 testen, doch zu einem Engagement wurde nichts mitgeteilt. Die ELMS dürfte für einen Einstieg die bessere Plattform sein. Einen Schritt weiter ist man bei Pilbeam: Der LM100 soll vom südafrikanischen Team Zoo Racing in Le Mans eingesetzt werden. Ob zusätzlich die WEC oder die ELMS bestritten werden, ist noch nicht entschieden. Welter Racing hat ein Projekt im Köcher, das auch auf die LMP1 abzielt. Solange aber kein potenter Partner gefunden wird, wäre ein LMP2-Engagement realistischer. Testfahrten sollen Mitte 2014 beginnen.

Von zahlreichen Teams gab es Interessensbekundungen, doch hier ist noch mehr Stochern im Nebel angesagt. Am realistischsten erscheint noch die Ansage von 8 Star Motorsports. Allerdings liegt der Fokus hier derzeit auf der USCC, es ist aber trotzdem möglich, dass Enzo Potolicchio und Co. weiter in der WEC bleiben und aus der GTE Am in die LMP2 wechseln. Mit DAMS und Racing Engineering meldeten außerdem zwei GP2-Teams Interesse an der LMP2-Kategorie an, doch seit der Interessensbekundung gab es keine neuen Nachrichten. Dem gegenüber dürfte Krohn Racing, wo ebenfalls Interesse an der P2 bestand, sich mittlerweile für die GTLM-Klasse der USCC entschieden haben.

Übersicht

Sicher: 2x Delta-ADR Millenium (Oreca-Nissan)
2x SMP Racing (Oreca-Nissan)
1x Strakka Racing (Dome-Nissan)
1x KCMG (Morgan-Nissan)

Wahrscheinlich: Signatech Alpine (Alpine-Nissan)
1x Zoo Racing, evtl. nur Le Mans (Pilbeam MF100-Mountune) Lotus Praga LMP2 (Lotus T128)
Greaves/Gainer International (Zytek ZS11N-Nissan)
Oak Racing (2. Saisonhälfte, Ligier LMP2)
Mysteriöses Team (mögliche Kandidaten s.u.)
Ein zweiter Dome-Nissan in Kundenhand

Möglich: 2x Oak Racing (Morgan-Nissan)
1x Adess 02
1x WR
Tiga LM214
DAMS
Racing Engineering