Es war für die Verantwortlichen am Fuji sicher nicht einfach, bei Regen und zweiteiligem Nebel stets die richtigen Entscheidungen zu treffen. Einerseits wollte man natürlich versuchen, vor allem den tapfer ausharrenden japanischen Fans wenigstens ein bisschen was zu bieten, und deshalb nicht einfach auf einen Start verzichten. Andererseits war ziemlich schnell klar, dass die Strecke unter den gegebenen Bedingungen einfach nicht befahrbar war. Gerade Piloten wie André Lotterer, James Rossiter oder Fréd Makowiecki, die hier schon öfter unterwegs waren und die Verhältnisse besonders gut kennen, bestätigten: "Bei Regenmengen, bei denen man in Europa noch problemlos fahren kann, geht hier schon nichts mehr, weil das Wasser einfach überall steht."

Dass Rennleiter Eduardo Freitas nicht mit Gewalt versuchte, das Rennen wenigstens für ein paar Runden freizugeben, war eine Entscheidung der Vernunft. Millionenschrott und ein sehr hohes Verletzungsrisiko für die Piloten wäre die Folge gewesen. "Mit eiskalten Reifen hätte man die Autos nicht auf der Strecke halten können, wir wären in der ersten Ecke abgeflogen", meinte Lotterer. "Und wer da noch durchgekommen wäre, den hätte es ein paar Kurven später erwischt."

Das zweite Problem: Was sollte man jetzt mit der Punktvergabe machen? Die Runden hinter dem Safety-Car zählen nun einmal als im Rennen gefahren, 75 Prozent der Distanz waren aber natürlich nicht absolviert. Das heißt nach Reglement: halbe Punkte. So weit, so gut. Was aber mit den Paragraphen machen, die ja in den unterschiedlichen Klassen unterschiedliche Mindestfahrzeiten für die einzelnen Piloten fordern, um Punkte für die Fahrerwertung zu bekommen? Die waren unter den gegeben Bedingungen von den allermeisten natürlich nicht erfüllt, in der LMP1 und der GTE Pro auch überhaupt nicht erfüllbar. Hätte man sich hier strikt an die Buchstaben des Reglements gehalten, hätte das zu völlig abstrusen Resultaten geführt, etwa dazu, dass bei Audi Loïc Duval Punkte bekommen hätte, Allan McNish und Tom Kristensen aber nicht. Und dann wäre am Ende der Saison höchstwahrscheinlich Duval alleiniger Fahrerweltmeister geworden - wegen 16 hinter dem Safetycar verbrachten Runden.

Pierre Kaffer sieht sich benachteiligt

So entschieden die Sportkommissare schließlich mit der Begründung "Force majeure" sämtliche dementsprechenden Paragraphen außer Kraft zu setzen und eine salomonische Lösung zu finden: halbe Punkte für alle Fahrer. Egal, ob sie nun tatsächlich im Auto gesessen hatten oder nicht.

Logisch, dass es auch bei all diesen Entscheidungen unglückliche Verlierer gab, die der Meinung waren, es wäre besser und fairer gewesen, für das, was hier stattgefunden hatte, überhaupt keine Punkte zu vergeben. Weder für Fahrer-, Team- noch Markenwertung, "weil das ja kein Rennen war." Pierre Kaffer und das Pecom-Team, die nach eher schwachem Qualifying am Samstag jetzt durch diesen Ablauf die WM-Führung in der LMP2 verloren, ohne Chance, im Rennen etwas gutzumachen, gehörten zu denen, die sich unfair benachteiligt fühlten. "Keine Punkte für allen - mit dem Stand von Austin nach Shanghai, das wäre für alle fair gewesen."

Aus der Sicht der Betroffenen natürlich nachvollziehbar, nur hätte eine solche Lösung, die ja nun das bestehende FIA-Reglement letztlich komplett ignoriert hätte, wieder die andere Seite auf den Plan gerufen: Aston Martin zum Beispiel, die in beiden GT-Klassen von starken Qualifying-Leistungen profitierten und sich dann entgegen dem Reglement um die Früchte ihrer Arbeit gebracht gesehen hätten.