Audi blickt am 1. September einer großen Herausforderung entgegen: dem vierten Lauf zur FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC in Brasilien. Nach bislang drei Siegen - einschließlich der 24 Stunden von Le Mans - ist der Audi R18 e-tron quattro in der Saison 2013 ungeschlagen. Diese Bilanz will die Mannschaft von Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich und Chris Reinke, Leiter LMP, auf dem anspruchsvollen Kurs von São Paulo fortsetzen.

Der 4,309 Kilometer lange Traditionskurs im Süden der größten Stadt Brasiliens ist eine Herausforderung für jeden Rennfahrer. Große Gefälle und Steigungen, eine Asphaltoberfläche mit wenig Grip, variierende Fahrbahnneigungen und eine anspruchsvolle Kombination aus zahlreichen langsamen und einigen schnellen Kurven erfordern viel Talent. Zudem müssen sich Fahrer und Mechaniker an die Fahrtrichtung gewöhnen, denn der Kurs wird gegen den Uhrzeigersinn befahren. Vor allem die Nackenmuskulatur der Piloten wird dadurch anders als sonst belastet. Und das Team betankt die von rechts ankommenden Rennwagen nicht von der Boxengarage aus, sondern auf der gegenüberliegenden Seite.

Während die Bedingungen die beiden Audi-Fahrermannschaften gleichermaßen fordern, sind die Ausgangspositionen höchst unterschiedlich. Loïc Duval, Tom Kristensen und Allan McNish kommen nach ihrem Le-Mans-Sieg - dem zwölften für Audi insgesamt - mit 30 Punkten Vorsprung nach Südamerika. Ihre Teamkollegen - die amtierenden Langstrecken-Weltmeister Marcel Fässler, André Lotterer und Benoît Tréluyer - belegen den zweiten Tabellenrang. Nur einen Zähler dahinter folgt das Fahrerteam von Herausforderer und Vorjahressieger Toyota. Im Kampf der beiden Hersteller um WEC-Rennerfolge steht es 6:3 für Audi.

São Paulo ist das vierte von acht Saisonrennen. Bis zum Finale sind noch maximal 130 Punkte zu holen. Audi hat sich auf die zweite Hälfte der Saison gründlich vorbereitet. Der Audi R18 e-tron quattro hat die 12 Stunden von Sebring und anschließend die WEC-Läufe in Silverstone, Spa und Le Mans gewonnen. In São Paulo kehrt das Audi Sport Team Joest aufgrund der Streckencharakteristik zur kürzeren Karosserievariante mit hohem Abtrieb zurück, nachdem der R18 e-tron quattro zuvor in Le Mans als Langheck-Variante triumphiert hat.

Duval, Kristensen und McNish führen nach ihrem Le-Mans-Sieg souverän die WM-Wertung an., Foto: Speedpictures
Duval, Kristensen und McNish führen nach ihrem Le-Mans-Sieg souverän die WM-Wertung an., Foto: Speedpictures

Lucas di Grassi, der vor einem Jahr in Interlagos sein Debüt bei Audi Sport feierte und in Le Mans bei seiner Premiere als Dritter auf dem Podium stand, unterstützt Audi in seiner brasilianischen Heimat. Der aus São Paulo stammende Rennfahrer zählt wie von Saisonbeginn an geplant bei den Überseeläufen zwar nicht zur Gruppe der eingeschriebenen Fahrer. Er wird Medien, VIP-Gästen und den Zuschauern vor Ort allerdings seine Eindrücke vom Audi R18 e-tron quattro vermitteln.

Stimmen der Verantwortlichen

Dr. Wolfgang Ullrich (Audi-Motorsportchef):
"Audi hat mit dem Erfolg in Le Mans den vierten Sportwagen-Sieg in der Saison 2013 gefeiert. Das ist eine schöne Serie, aber ich bin mir sicher, dass es in diesem Jahr noch sehr spannend im Kampf mit unserem Mitbewerber Toyota wird. Natürlich wollen wir diesmal auch in Brasilien gewinnen. Wir haben uns auf die zweite Saisonhälfte gut vorbereitet und sind alle sehr motiviert, in den verbleibenden Läufen starke Ergebnisse einzufahren."

Chris Reinke (Leiter LMP):
"Nach der bislang sehr erfolgreichen Saison haben wir intensiv auf die Übersee-Rennen hingearbeitet. Die beiden vom Audi Sport Team Joest komplett revidierten Audi R18 e-tron quattro wurden in Ingolstadt detaillierten Abnahmen unterzogen, denn die Chassis kehren zwischen den Einsätzen nicht nach Deutschland zurück. Vor einem Jahr haben wir die Brasilien-Premiere erlebt, deshalb können wir das Rennen nun mit einer guten Datenbasis und entsprechenden Simulationen angehen. Im Kampf um den prestigeträchtigen Weltmeisterschaftstitel haben wir mit den Fahrern der Startnummern '1' und '2' bei fünf noch ausstehenden Rennen weiterhin zwei Eisen im Feuer."

Ralf Jüttner (Technischer Direktor Audi Sport Team Joest):
"Nach der harten Arbeit bis Le Mans und dem schönen Lohn dafür kämpfen wir nun um die Weltmeisterschaft. Wir haben die Autos und unser Material gründlich auf die Übersee-Rennen vorbereitet. Per Luftfracht sind die beiden R18 e-tron quattro am Dienstag auf die Reise gegangen. Unsere Priorität ist es, bei den verbleibenden WEC-Läufen um den Herstellertitel zu kämpfen. Dafür ziehen alle sechs Rennfahrer an einem Strang, ehe es dann auch um die Entscheidung in der Fahrerwertung geht."

Fakten und Stimmen der Audi-Fahrer

Marcel Fässler (#1):
"Ich freue mich sehr auf den zweiten Teil der Saison, in dem weitere tolle Rennstrecken auf uns zukommen - beginnend mit dem Traditionskurs in Brasilien. Das gesamte Audi-Team präsentiert sich sehr stark. Bei den Punkten haben meine beiden Mitstreiter und ich einen Rückstand auf unsere Teamkollegen. Nur wenn wir in jedem Rennen vor ihnen ins Ziel kommen, haben wir eine Chance auf den Titel. Auf diese Herausforderung freue ich mich."

André Lotterer (#1):
"Vor einem Jahr bin ich zum ersten Mal in São Paulo gefahren. Die Strecke ist super. Es ist ein Ort mit großer Motorsport-Geschichte. Außerdem bin ich ein Fan von Ayrton Senna, der so viele Zuschauer in seiner Heimat begeistert hat. Leider konnten wir im Vorjahr in Brasilien nicht gewinnen. Deshalb haben wir noch eine Rechnung offen. In der Weltmeisterschaft müssen wir einen großen Rückstand von 30 Punkten verringern – jetzt also beginnt unsere Aufholjagd. Im Anschluss an das Rennen werde ich zu der Familie meines Vaters nach Peru reisen."

Benoît Tréluyer (#1):
"Vor einem Jahr bin ich endlich auf einer Strecke gefahren, die ich schon als Kind bei den Formel-1-Fernsehübertragungen bewundert habe - Interlagos ist einzigartig. Etwas überrascht war ich, wie wenig Haftung der Asphalt dort bietet. Unser Brasilien-Debüt war daher sehr schwer. Wir kamen ohne Streckenerfahrungen an und mussten uns geschlagen geben. Inzwischen haben wir den R18 e-tron quattro deutlich weiterentwickelt und zudem liegen uns die Daten des Kurses vor. Für meine Teamkollegen Marcel Fässler, André Lotterer und mich geht es darum, in Brasilien eine Aufholjagd in der Punktetabelle zu starten. Wir sind extrem motiviert."

Loïc Duval (#2):
"Der Kurs in São Paulo ist für mich Neuland. Darauf bin ich schon gespannt. Nach unserem Le-Mans-Sieg war das Medieninteresse riesig. Diese Dimension von Anfragen kannte ich in meiner Motorsport-Karriere noch nicht. Nun geht die Weltmeisterschaft in ihre entscheidende Phase. Audi hat sich gut vorbereitet und ich habe mein Trainingspensum nach einem entspannenden Sommer wieder hochgefahren. Ich erwarte einen spannenden Kampf mit unserem Gegner Toyota."

Tom Kristensen (#2):
"Die Strecke in Interlagos ist eine Art klassisches Autodrom, das sich in einen modernen Kurs verwandelt hat. Unser Teamchef Reinhold Joest hat uns im vergangenen Jahr gezeigt, wie der Streckenverlauf war, als er noch selbst gefahren ist. Wir Fahrer mögen diese Strecke sehr. Sie hat alles: schnelle und langsame Kurven, nicht einsehbare Ecken, Abwärtspassagen, Sektionen, die aufwärts gehen - gespickt mit vielen Bremszonen. Das wird eine große Herausforderung vor einem Publikum, das unglaublich enthusiastisch ist."

Allan McNish (#2):
"Ich freue mich nach unserem Le-Mans-Sieg und vielen Medien- und Marketing-Terminen schon auf das Rennen in Brasilien. Dort könnte sich ein anderes Bild ergeben als in den ersten Rennen, die auf sehr schnellen, flüssig zu befahrenden Kursen ausgetragen wurden. In Interlagos erwarten uns viele sehr langsame Kurven. Toyota wird ein starker Gegner sein, daher sollten wir uns in Brasilien im Vergleich zum Vorjahr deutlich steigern. Die Ingenieure haben unser Hybridsystem verbessert, was uns vor allem beim Beschleunigen aus der letzten Kurve hilft. Wichtig ist auch ein gutes Verständnis beim Überholen von GT-Fahrzeugen."