Jeder schwere Unfall ist für einen Sicherheitsbeauftragten ein Schock bis ins Mark. So erging es auch Emanuele Pirro, der der FIA Sicherheitskommission angehört, in Le Mans. Der tödliche Unfall von Allan Simonsen ist auch für Emanuele Pirro ein Schlag gewesen, aber zugleich auch eine Chance, die Sicherheit weiter zu verbessern. Gerade bei Fahrerpositionierung steht Arbeit an: Während die LMP-Piloten in einer Sicherheitszelle mit maßgeschneiderten Sitzen ausgestattet sind, ist dieser Sitz bei den GTE-Fahrzeugen ein Standardteil und die Aufprallenergie konzentriert sich punktuell auf den Körper, statt dass sie großflächig verteilt wird.

"Es gibt eine emotionale Seite, und die ist sehr traurig", zeigte sich der fünffache Le-Mans-Sieger gegenüber Motorsport-Magazin.com erschüttert. "Allan war ein wirklich guter Kerl, das ist eine schreckliche Sache." Doch es gebe neben dem emotionalen auch noch einen analytischen Standpunkt, der für Pirro als Mitglied der Sicherheitskommission von höchster Wichtigkeit ist. "Wir haben ein Projekt ins Leben gerufen, etwas für die Sicherheit bei den Sportwagen zu tun", erklärt er erste Konsequenzen. "Ich bin sehr daran interessiert, etwas über die Dynamik des Unfalls zu lernen." Das Ziel sei dabei nicht, auf jemanden mit dem Finger zu zeigen, sondern sein Interesse gelte einzig der Verbesserung der Sicherheit.

Pirro rechtfertigt auch den Einsatz von Leitplanken, obwohl diese heftig kritisiert wurden: "Dieses Jahr hatten wir in Le Mans viele Leitplankeneinschläge und viele haben gesagt: 'Oh Gott, es dauert viel zu lang, die Leitplanke zu reparieren!' Aber eine Leitplanke soll nachgeben. Wenn man keine Pausen haben will, kann man eine Mauer hinstellen." Mit den entsprechenden Konsequenzen. Diese gab es in Le Mans aber auch mit Leitplanke, den hinter dieser befand sich ein Baum, der für die tödlichen Konsequenzen des Simonsen-Unfalls verantwortlich gemacht wird. "Er stand in etwa einem Meter Entfernung", nimmt Pirro Stellung. "Es sah nach genug aus aber war nicht genug."

Passive Sicherheit im Cockpit verbessern

Was ist gefährlicher? GT-Sportwagen oder Prototyp?, Foto: Sutton
Was ist gefährlicher? GT-Sportwagen oder Prototyp?, Foto: Sutton

Doch auch daraus lassen sich Erkenntnisse ziehen, denn scheinbar wurde bislang die Aufprallenergie von GT-Fahrzeugen unterschätzt: "Ich glaube, dass die GTE-Autos sehr stabil gebaut sind. Man konnte sehen, dass Allans Auto nicht arg zerstört aussah." Die Rückschlüsse beziehen sich nicht nur auf die Entfernung von Objekte hinter der Leitplanke, sondern die solide Bauweise wirkt sich auch auf den Fahrer aus, da weniger Energie absorbiert wird. Pirro will im Cockpit ansetzen: "Bei der Positionierung des Fahrers im Auto ist viel Arbeit zu erledigen. Verbessern können wir die Sitzposition der Piloten und wie die Energie bei einem Aufprall an den Körper weitergeleitet wird."

Allerdings will der 51-Jährige sich nicht der gängigen Meinung anschließen, dass GT-Fahrzeuge gefährlicher wären als Prototypen. "Die statistischen Zahlen sind einfach zu klein, um sie zu interpretieren", verweist er auf die insgesamt sehr geringen Unfallzahlen. Dennoch können Sicherheitsaspekte aus Prototypen bald auch in die GTs einfließen: "Man kann bei den LMPs sicherlich sagen, dass der Fahrer besser geschützt ist, weil sie einen Formel-1-ähnlichen Sitz haben, wodurch die Aufprallenergie über eine größere Fläche verteilt wird." Andererseits seien Prototypen aber viel schneller als GTs. "Und wenn ein LMP sich dreht, ist er aerodynamisch noch immer instabil. Deshalb denke ich, dass ein Prototyp nach wie vor gefährlicher ist."