Vielleicht wollte es der ACO den Engländern ja einfach gönnen: Pünktlich zum hundertjährigen Bestehen bescherten die Regelmacher Aston Martin Racing (AMR) ein Geschenk, das man einfach nicht ablehnen konnte: Die V8 Vantage des britischen Nobelherstellers bekamen den Gurney am Heckflügel stark beschnitten, was zu mehr Topspeed führte; wurden um 40 Kilogramm erleichtert (was später teilweise rückgängig gemacht wurde) und durften obendrein einen 1,4 Millimeter größeren Luftmengenbegrenzer fahren. Gleichzeitig stellte AMR ein Programm auf die Beine, das sich gewaschen hat: Zwei spitzenmäßig besetzte Fahrzeuge sollten in der GTE Pro den Titel holen, zeitweise durch ein drittes verstärkt.

Mit Piloten von Ex-Formel-1-Fahrer Bruno Senna, der von der ersten Testfahrt an im für ihn ungewohnten Auto beeindruckte, bis hin zum GT-Spezialisten Frédéric Makowiecki scheute das von Prodrive betreute Aston-Martin-Werksteam keine Kosten und Mühen, zum großen Jubiläum den perfekten Job abzuliefern. Und es fing dementsprechend an: Plätze eins und drei beim Saisonauftakt. Die hellblauen V8-Boliden waren das Maß der Dinge in der GTE Pro, lediglich AF Corse brachte einen Ferrari 458 Italia knapp vor den zweiten Aston Martin.

Zu Ehren Allan Simonsens entrollten Turner, Mücke und Dumbreck eine dänische Flagge auf dem Le-Mans-Podium, Foto: Sutton
Zu Ehren Allan Simonsens entrollten Turner, Mücke und Dumbreck eine dänische Flagge auf dem Le-Mans-Podium, Foto: Sutton

Aufkeimende Diskussionen zur Einstufung der Werkswagen aus Banbury wurden in Spa-Francorchamps vorläufig unterbunden: Ein Safety-Car zum ungünstigsten Zeitpunkt - die Konkurrenz hatte bereits gestoppt, Aston Martin noch nicht - warf Darren Turner, Stefan Mücke und Peter Dumbreck auf den vierten Platz zurück, während Bruno Senna, Fréd Makowiecki und Rob Bell zumindest einen zweiten Platz hinter AF Corse retten konnten.

Der Le-Mans-Schock

In Le Mans sollte der große Wurf her. Mit drei Fahrzeugen wurde alles auf Sieg gesetzt. Trotz einiger BoP-Anpassungen nach dem Vortest (20 Kilogramm mehr) waren die Gulf-Renner noch immer die schnellsten Renner, lediglich Porsche schaffte es durch einen Kraftakt, mitzuhalten. Doch die große Feier wurde jäh unterbrochen, als Allan Simonsen im V8 Vantage der GTE-Am-Kategorie in Tertre Rouge tödlich verunglückte. Die Stimmung war auf einen Schlag dahin, das Rennen wurde zur Nebensache. Aston Martin kämpfte weiter verbissen, um wenigstens den Le-Mans-Sieg für den verstorbenen Dänen zu holen.

Dabei sah es zunächst gut aus: Durch das frühe Safety-Car wurden zwei Aston Martin und ein Porsche vom Rest des Feldes abgetrennt, die Chancen auf einen AMR-Sieg standen von nun bei 66 Prozent. Die Fahrer meisterten die schwierige Situation hervorragend: Bell/Makowiecki/Senna führten das Rennen bis in die Morgenstunden an und konnten einen kleinen Vorsprung auf Porsche halten. Doch dann stopfte Makowiecki den V8 Vantage in die Leitplanken. Dieser Unfall ging zum Glück glimpflich aus, doch das Rennen war für die Startnummer 99 vorbei. Dumbreck/Turner/Mücke mussten nun die Kastanien aus dem Feuer holen, doch wieder kam Aston Martin das Safety-Car in die Quere, Porsche landete den Doppelsieg.

Aston Martin Racing kämpft weiter

Die WM-Chancen sind für AMR weiter intakt, Foto: Sutton
Die WM-Chancen sind für AMR weiter intakt, Foto: Sutton

Nach Le Mans hielten sich zunächst Gerüchte, Aston Martin könnte das werksseitige GTE-Engagement in der WEC wegen des tragischen Unfalls beenden. Erst Anfang August vermeldete AMR, dass das Projekt fortgeführt wird. In der Endurance Trophy liegt der bestplatzierte V8 Vantage auf Rang zwei mit nur drei Punkten Rückstand auf Porsche AG Team Manthey. Im Weltcup für GT-Fahrer liegen aufgrund der alternierenden Fahrerpaarungen Stefan Mücke und Darren Turner ohne dritten Piloten auf der zweiten Position, vier Punkte hinter der Porsche-Besatzung Lieb/Lietz/Dumas.

Aston Martin hat weiterhin mit das stärkste Auto und absolut intakte Chancen auf den GTE-Pro-Titel. Sämtliche noch ausstehenden Strecken verfügen über längere Geraden, auf denen der beschnittene Gurney Aston Martin helfen wird. Doch selbst, wenn der Titelgewinn im Jubiläumsjahr gelingen sollte: Das Jahr 2013 wird für immer mit dem Tod Allan Simonsens in Verbindung gebracht werden.