Sportwagen-Fans blicken voller Spannung auf die britischen Inseln: Nachdem Audi seinen elften Sieg in Le Mans und den ersten eines Hybridfahrzeugs gefeiert hat, geht es um die nächsten Herausforderungen. Erstmals seit zwei Jahrzehnten schreibt der Automobil-Weltverband FIA für den Sportwagen-Sektor einen Weltmeisterschaftstitel aus, und dieser Kampf geht in die entscheidende Phase. Innerhalb von nur neun Wochen startet die World Endurance Championship (WEC) in fünf Ländern auf drei Kontinenten, beginnend mit Silverstone in Großbritannien.

Besondere Spannung herrscht gleich aus mehreren Gründen: So haben nicht weniger als drei verschiedene Fahrermannschaften von Audi die ersten drei Läufe gewonnen - und dies mit drei unterschiedlichen Versionen des Sportwagens R18. Zudem zeigte Herausforderer Toyota bei seiner Premiere in Le Mans eine bemerkenswerte Leistung. In der zweiten Saisonhälfte darf ein hartes Duell erwartet werden.

Ein dritter spannender Aspekt, der den besonderen technologischen Reiz der LMP-Sportwagen ausmacht: Es gilt als vollkommen offen, welches Konzept sich durchsetzt, da von Strecke zu Strecke neue Bedingungen für Hybridfahrzeuge gelten. Das liegt einerseits im individuellen Streckenverlauf begründet, zum anderen in der Definition der Sporthoheiten FIA und WEC: So sind für den 5,901 Kilometer langen Kurs in Silverstone lediglich vier Bremszonen vorgesehen, zwischen denen die beim Bremsen zurückgewonnene Energie wieder abgegeben werden darf.

Wird man Toyota in England noch immer weit voraus sein? Dr. Ullrich grübelt, Foto: Speedpictures
Wird man Toyota in England noch immer weit voraus sein? Dr. Ullrich grübelt, Foto: Speedpictures

Audi hat sich bereits zu Saisonbeginn entschlossen, die Läufe nach dem 24-Stunden-Rennen mit einem Hybridfahrzeug und einem konventionell angetriebenen Rennwagen zu bestreiten. Marcel Fässler, André Lotterer und Benoît Tréluyer steuern nach ihrem zweiten Le-Mans-Sieg in Folge den Hybridsportwagen R18 e-tron quattro mit der Startnummer eins. Tom Kristensen und Allan McNish, die als Duo starten, wechseln ins Cockpit des Audi R18 ultra, der die Nummer zwei tragen wird. Sie sind die Tabellenführer mit nur sechseinhalb Punkten Vorsprung auf die Gewinnern von Le Mans.

Für McNish, der mit Audi in Silverstone bereits dreimal gewonnen hat, ist das vierte Saisonrennen ein Heimspiel. Und für Audi geht es dabei um den ersten Sieg auf der traditionsreichen Strecke seit vier Jahren. Großbritannien besitzt aber nicht nur sportlich einen hohen Wert: Für die Marke mit den Vier Ringen bleiben die Inseln auch im ersten Halbjahr 2012 der zweitgrößte europäische Absatzmarkt.

Den Zuschauern, die das Rennen am Bildschirm verfolgen, stehen viele Informationskanäle zur Verfügung: Neben den nationalen Fernsehübertragungen bietet www.audi-liveracing.com einzigartige Cockpit-Kameraperspektiven und Zusammenschnitte des Rennens. Und die iPhone-App Audi Sport deckt die WEC-Berichterstattung mit Tickern, News, Bildern und Ergebnissen ab.

Stimmen vor dem Rennen

Dr. Wolfgang Ullrich, Audi-Motorsportchef: "In Silverstone erwarte ich einen sehr engen Kampf mit Toyota. Wir haben die Rundenzeiten in Le Mans analysiert. Überträgt man dieses Wissen auf die spezifischen Anforderungen in Silverstone, dann müssen wir davon ausgehen, dass unser Gegner Toyota sicher auf hohem Niveau fahren wird. Entscheidend wird also sein, wer sechs Stunden lang die bessere Leistung abrufen kann und allen Problemen aus dem Weg geht."

Ralf Jüttner, Technischer Direktor Audi Sport Team Joest: "Das wird garantiert ein spannendes Rennen. Wir treten erneut mit zwei Konzepten an und es muss sich zeigen, welches in Silverstone das bessere ist. Toyota hat im Sommer in Le Mans zum ersten Mal seine Leistungsfähigkeit gezeigt und eine Distanz von sechs Stunden auch überdauert. Bisher hat Audi alle Rennen gewonnen, aber der Wettbewerbsdruck nimmt zu. Noch nicht einmal die Marken-Weltmeisterschaft ist entschieden. Und die Fahrer-Weltmeisterschaft ist weit offen. Unser Ziel ist es, beim letzten Europa-Rennen der Saison eine weiße Weste zu behalten."

Marcel Fässler, Audi R18 e-tron quattro: "Ich freue mich sehr, weiterhin mit dem R18 e-tron quattro unterwegs zu sein, mit dem wir in Le Mans so erfolgreich waren. Ich bin sehr dankbar, dass ich die ganze Meisterschaft bestreiten kann. Meine Teamkollegen und ich haben zum zweiten Mal Le Mans gewonnen. Nun folgt die nächste Herausforderung. Wir wollen in dieser neuen Meisterschaft um den Titel kämpfen, denn wir haben nur sechseinhalb Punkte Rückstand. Aber es bleibt bei fünf Läufen noch ein weiter Weg."

André Lotterer, Audi R18 e-tron quattro: "Wir kommen mit einem sehr positiven Gefühl nach Silverstone. Ich freue mich, mir mit Benoît (Tréluyer) und Marcel (Fässler) das Auto zu teilen. Wir verstehen uns sehr gut und sind ein Team. Es war eine lange Pause nach Le Mans. Ich bin froh, dass es jetzt auch eine Weltmeisterschaft gibt. Das erhöht die Motivation nochmals. Als ich mit der Formel 3 in Silverstone fuhr, kannte ich die Strecke gut, doch inzwischen hat sie sich deutlich verändert. Also habe ich auf meinem Simulator meine Hausaufgaben gemacht. Ich hoffe, dass wir die Tabellenführung übernehmen können."

Benoît Tréluyer, Audi R18 e-tron quattro: "Ich freue mich über das Vertrauen, das man in uns setzt. Das Sieger-Trio von Le Mans darf für Audi die komplette WEC-Saison bis zum Finale bestreiten und um den Titel kämpfen. Die Saison wird spannend, denn es stehen noch fünf Rennen auf dem Programm. Ich kenne allerdings noch nicht alle Strecken, auf denen wir fahren. Auf meinem neuen Rennsimulator habe ich viele virtuelle Runden in Silverstone gedreht, um mich optimal vorzubereiten. Jetzt bin ich auf den echten Kurs gespannt."

Tom Kristensen, Audi R18 ultra: "Nach Le Mans gab es eine Sommerpause, und nun geht es weiter im Kalender. Alle Batterien sind wieder aufgeladen. Nach Sebring, Spa und Le Mans führen wir die Tabelle an. Allan (McNish) und ich teilen uns ab jetzt einen Audi R18 ultra. Der Kampf der Konzepte ist eine schöne Herausforderung. Es wird sicher spannend in Silverstone. Es wäre klasse, beim Heimrennen von Allan um den obersten Podestplatz kämpfen zu können."

Allan McNish, Audi R18 ultra : "Tom (Kristensen) und ich führen die Fahrer-Weltmeisterschaft an. Bevor es nach Brasilien geht, wollen wir bei meinem Heimspiel die Tabellenführung konsolidieren. Silverstone ist ein sehr kniffliger Kurs. Man muss die schnellen Kurven beherrschen, darf aber auch in den langsamen Ecken keine Zeit verlieren. Dasselbe gilt für unsere Techniker."