Marc, wie kam es zum Wechsel von Audi zu BMW und ROWE RACING?
Marc Basseng: Ich bin acht Jahre lang für Audi gefahren, davor fünf Jahre Porsche. Bei Audi gab es gewisse Umstrukturierungen. Für mich war es genau der richtige Zeitpunkt für eine neue Herausforderung in meiner Motorsportkarriere. ROWE RACING kannte ich schon länger und mit Teamchef Hans-Peter Naundorf hatte ich während meiner Jahre auf der Nordschleife immer wieder Kontakt gehabt. Jetzt bin ich sehr glücklich, für das Team mit einem BMW an den Start gehen zu dürfen.

Bedeutet der Hersteller-Wechsel für dich auch eine neue Motivation?
Marc Basseng: Ja, klar! Jede Neuerung bringt eine andere Herangehensweise mit sich. Ich bin in meiner Karriere wirklich oft auf der Nordschleife unterwegs gewesen. Trotzdem musst du immer in der Lage sein, auch neue Ansätze anzunehmen und zu erkennen. Natürlich bringt man auch eigene Ideen mit, die das Team aufnehmen kann. Die bisherige Zusammenarbeit mit den Jungs von ROWE RACING war bislang sehr positiv und konstruktiv. Wir haben ein ziemlich umfangreiches Programm von BMW erhalten, das wir jetzt gemeinsam abarbeiten.

Marc Basseng startet 2017 für ROWE RACING, Foto: Gruppe-C GmbH
Marc Basseng startet 2017 für ROWE RACING, Foto: Gruppe-C GmbH

Was ist für dich die größte Herausforderung aus fahrerischer Sicht?
Marc Basseng: Mit dem BMW M6 GT3 ist ein ganz anderer Fahrstil verbunden im Vergleich zum Audi. Wegen der unterschiedlichen Aerodynamik ist der BMW in den schnellen Kurven besonders zu fahren. Die breiten Vorderräder und der lange Radstand geben dem Auto auch ein anderes Verhalten in mittelschnellen und langsamen Kurven. Da gibt es Bereiche, in denen ich mich noch verbessern kann. Man darf ja nicht vergessen, dass wir Fahrer auf der Nordschleife nie viele Runden drehen. Deshalb kann man sich nicht so schnell an ein neues Auto gewöhnen wie auf einer Grand-Prix-Strecke. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich meine Adaptionen an das neue Auto nach dem nächsten VLN-Rennen abschließen werde.

Was ist der markanteste Unterschied zwischen dem BMW M6 und dem Audi R8?
Marc Basseng: Der Antrieb. Der Audi fährt ja mit einem V10-Saugmotor, der BMW mit einem V8-Biturbo. Das ist vom Fahren her und wie man das Gas aufzieht ganz klar der größte Unterschied. Ich halte den BMW für ein tolles Auto. Letztes Jahr waren wir noch Gegner, da konnte ich mir den M6 ja schon mal genau anschauen. Jetzt darf ich das Auto selber fahren. Die ersten Runden auf der Nordschleife mit dem BMW waren schon etwas Besonderes.

ROWE RACING nutzte das 1. VLN-Rennen zur Vorbereitung auf die 24 Stunden, Foto: Gruppe-C GmbH
ROWE RACING nutzte das 1. VLN-Rennen zur Vorbereitung auf die 24 Stunden, Foto: Gruppe-C GmbH

Wie lange braucht ein erfahrener Pilot wie du, um aus einem neuen Auto 100 Prozent Performance herauszuholen?
Marc Basseng: Ich denke, 25 bis 35 Runden dauert es schon, bis man auf der Nordschleife wirklich gut dabei ist. Bei den Test- und Einstellfahrten war das Wetter ja ziemlich bescheiden. Natürlich war es gut, auch bei solchen Bedingungen zu fahren. Im Trockenen bin ich bisher etwas mehr als zehn Runden gefahren. Da müssen also noch mal doppelt so viele Runden draufkommen, um wirklich jede Feinheit aus dem Auto herausquetschen zu können.

Das BMW-Cockpit ist ziemlich anders aufgebaut als das des Audis. Ist das für einen Rennfahrer relevant?
Marc Basseng: Ja, das ist schon was Besonderes. Als Rennfahrer durchläufst du eine gewisse Konditionierung. Wir denken im Rennen ja relativ wenig über das Fahren oder die Bedienung des Autos nach. Wenn du dann in eine besondere Situation wie eine Code-60-Phase gerätst, musst du schon kurz innehalten und überlegen, 'Wo war noch mal der richtige Knopf'. Das hatte ich aus dem Audi noch sehr intuitiv drin. Im BMW sind die Schalter und Knöpfe natürlich nicht an den gleichen Stellen verbaut - aber die Ergonomie ist sehr gut gewählt. Das ist also eine lösbare Aufgabe.

ROWE RACING startet mit zwei BMW M6 GT3 auf der Nordschleife, Foto: Gruppe-C GmbH
ROWE RACING startet mit zwei BMW M6 GT3 auf der Nordschleife, Foto: Gruppe-C GmbH

Könnte es für dich dieses Jahr beim 24-Stunden-Rennen ein Vorteil sein, zu wissen, wie sich der Audi auf der Strecke verhält?
Marc Basseng: Ja, auf jeden Fall. Gar keine Frage, ich kenne das Auto natürlich durch und durch. Speziell bei schwierigen Bedingungen wie Nässe oder starker Kälte weiß ich, wo die Stärken und Schwächen des Autos liegen. Es kann nie schaden, einen guten Kenntnisstand über die Autos der Konkurrenz zu haben. Auf der anderen Seite habe ich noch einen Erfahrungsnachteil zu einigen meiner Teamkollegen, die mit dem BMW schon deutlich mehr gefahren sind. Aber die Jungs unterstützen mich da sehr gut. Dafür bin ich dankbar. Die Kommunikation ist sehr gut, das funktioniert klasse.

Wir das diesjährige 24-Stunden-Rennen ein besonderes Erlebnis, wenn du erstmals im BMW für ROWE RACING startest?
Marc Basseng: Klar, ich bin ja auch schon etwas länger dabei. Mein erstes 24-Stunden-Rennen bin ich im Jahr 2000 auf einem Ford Puma gefahren. Und seit 2004 saß ich eigentlich jedes Jahr in einem gesamtsiegfähigen Auto - das ist schon eine Ehre. Umso glücklicher bin ich, dass ich jetzt bei ROWE RACING wieder ein Auto habe, das vom Potenzial her um den Gesamtsieg kämpfen kann. Ich war oft am Start, habe das 24-Stunden-Rennen aber erst einmal gewonnen. Daran sieht man, dass dieses Rennen eine unglaubliche Herausforderung für Mensch und Maschine bedeutet. Und der Konkurrenzkampf ist viel härter geworden als früher. Aber ich sehe mich mit meinen Jungs gut aufgestellt.

VLN 2017: Die Highlights vom ersten Rennen: (01:46 Min.)