Auch als Motosport-Journalist ergibt sich für einen nur selten die Chance, selbst ans Steuer eines Rennwagens zu dürfen. Für mich bedeutete die Fahrt im BMW M235i Racing sogar die Premiere. Der BMW wird seit 2014 als kostengünstiges und seriennahes Kundenfahrzeug angeboten, mit dem zahlreiche Team an der VLN und dem 24h-Rennen teilnahmen und soll auch Einsteigern guten Motorsport ermöglichen. Also genau das richtige für mich. Trotzdem war ich extrem aufgeregt. Alleine etwas kaputt zu machen, wäre schon schlimm genug, allerdings dürfte ich mir das dann von den anwesenden Rennfahrern und Journalisten bis an mein Lebensende anhören.

Wie bei einem normalen Rennwochenende begann die Veranstaltung mit einem Trackwalk, bei dem wir die Strecke in Monteblanco genauer unter die Lupe nahmen. Welche Linie nutze ich in welcher Kurve mit welchem Gang und welchen Kurb kann ich mitnehmen? Unsere Ansprechpartner waren Dirk Adorf, BMW-Junior Jesse Krohn und die beiden Team Schnitzer Ingenieure Albert Lau und Pim de Wit. Nach dem etwa einstündigen Fußmarsch in die untergehende Sonne folgte eine kurze Fahrzeug-Einweisung.

Beim Track Walk wurde die Strecke genau erkundet, Foto: BMW
Beim Track Walk wurde die Strecke genau erkundet, Foto: BMW

330 PS, automatisches Getriebe mit Schaltwippen und drei verschiedenen Fahrwerkmodi: Emergency-Mode, bei dem die Elektronik wie Traktionskontrolle und ESP früh eingreifen, Traction-Mode, in dem später eingegriffen wird und einen Mode ohne Hilfen. Für uns Journalisten wurde der Traction-Mode eingestellt - nur zur Sicherheit. Fragt sich für wen? Für uns oder das Auto?

Am nächsten Tag war endlich Schluss mit der Theorie: Nach einer Runde auf dem Beifahrersitz neben Dirk Adorf, durfte ich das Lenkrad endlich in die eigenen Hände nehmen. Respekt hatte ich vor allem vor den Slicks. Da ich noch nie auf profillosen Reifen gefahren war, ging ich die ersten Runden vorsichtiger an. Als wäre das nicht genug, nutzte ich zum ersten Mal Schaltwippen und musste zusätzlich auf die Funksprüche reagieren. "Watch the white line; clear track", mit diesen Worten im Ohr ging es auf die Strecke.

Ich versuchte mich an die Empfehlungen vom Trackwalk zu erinnern - Bremspunkt, Linie, Gang, Streckenverlauf. In manchen Kurven passte es, in anderen eher nicht. Der Respekt blieb, aber Spaß kam schnell auf. Auch wenn mich das Heck im Kurvenausgang überholen wollte, kurz gegengelenkt und schon war man wieder auf Spur. Nach zwei gezeiteten Runden ging es zurück an die Box. Dort warteten schon Dirk Adorf und Ingenieur De Wit auf mich, um mit mir die Daten durchzugehen. Auf dem Laptop tauchten Geschwindigkeit, Umdrehungen, Lenkradeinschlag, Gang, Gas- und Bremspedalposition auf. Hier kann man nichts verstecken - der Ingenieur sieht alles: jeden Verbremser und jeden Quersteher!

Ohne Datenstudium geht heutzutage nichts, Foto: BMW
Ohne Datenstudium geht heutzutage nichts, Foto: BMW

Auf den ersten Blick wurde klar: ich bremse zu früh und zu leicht! "Wer das Bremspedal abbricht, darf das Auto behalten", grinste Adorf und fügte hinzu. "Du kannst ruhig bis ins ABS bremsen." Die Beschleunigung aus der Kurve war hingegen okay. Rund zehn Minuten gingen wir die einzelnen Kurven durch bevor ich für den zweiten Run wieder ins Auto kletterte. Nun standen fünf gezeiteten Runden auf dem Programm - Hauptaufgabe: später und dafür stärker bremsen.

Von Runde zu Runde wurde mein Puls langsamer und mein Grinsen breiter. Ich konzentrierte mich voll darauf, vielleicht doch den Wagen mitnehmen zu können. Das Bremspedal hielt und ich vertraute dem Wagen und den Slicks immer mehr. Das sollte sich auch radikal auf meine Rundezeit auswirken. Viel zu früh kam der Funkspruch "Box this lap". Als ich zurück in die Box geschoben wurde, schaute ich in grinsende Gesichter und als Dirk die Tür öffnete meinte er nur: "Hey, elf Sekunden schneller!" Die anschließende Datenanalyse zeigte, dass ich diese Zeit fast komplett auf der Bremse gutgemacht hatte. Und da soll nochmal einer sagen: wer bremst verliert!