Jeder Fan weiß es: Am Samstag um 12 Uhr startet die VLN Langstreckenmeisterschaft in ein Vier-Stunden-Rennen. Zuvor werden am frühen Morgen im 90-minütigen Zeittraining bereits die Startpositionen ausgefahren. Doch wann reisen die Teams eigentlich an? Wie läuft ein VLN-Wochenende genau ab? Und welche Aufgaben stehen im Vorfeld noch an? Motorsport-Magazin.com begleitete das Team 'Roadrunner Racing' während eines Rennwochenendes auf dem Nürburgring und gewährt einen exklusiven Blick hinter die Kulissen der VLN sowie der professionellen Arbeit der Rennteams.

Donnerstag: Anreise & Aufbau

Staugefahr: Einfahrt im Fahrerlager, Foto: Sönke Brederlow
Staugefahr: Einfahrt im Fahrerlager, Foto: Sönke Brederlow

Bereits am Donnerstag, zwei Tage vor dem eigentlichen VLN-Rennen, machen sich die meisten Teams auf den Weg in die Eifel. Während Roadrunner Racing die eigene Werkstatt unweit des Nürburgrings hat, reisen andere Mannschaften aus allen Teilen Deutschlands und sogar dem benachbarten Ausland an. In einer langen Reihe stehen die zahlreichen Trucks und Auflieger anschließend vor dem Fahrerlager - denn Einlass ist erst ab 18 Uhr. Lediglich die Reifenhersteller dürfen bereits einige Stunden zuvor das Gelände befahren. Wenn am frühen Abend endlich auch die Teams den Zutritt erhalten, haben Michelin, Dunlop, Pirelli und Co. im hinteren Teil des Fahrerlager bereits ihre Zelte aufgeschlagen.

Anschließend gilt es auch für die Team-LKW, den richtigen Platz zu finden. Die Fahrerlageraufsicht versucht im Getümmel der zahlreichen Mannschaften den Überblick zu behalten und koordiniert das Geschehen am Abend. Auch der Auflieger von Roadrunner Racing erreicht nach langem Warten sein Ziel. Während ein Teil der Mannschaft das Zelt für das Wochenende aufbaut, kümmert sich der Rest um den Aufbau der Boxeneinrichtung und des Kommandostandes.

"Ich bin 1987 als 11-Jähriger erstmals als Zuschauer mit zum Langstreckenpokal gekommen", erzählt Teamchef Udo Huppertz. "Die Begeisterung war direkt da und ein Job als Scheibenputzer für einen Gruppe H VW-Polo schnell gefunden." Bis Mitte der 90er-Jahre ging es für Huppertz am Samstagmorgens um 6:00 Uhr mit einem kleinen Mercedes-Benz 207 in dem das Werkzeug und ein paar Ersatzteile verstaut waren sowie dem Rennauto auf dem Anhänger zum Rennen an den Nürburgring. Die technische Abnahme fand unmittelbar vor dem Zeittraining statt. "Sowas ist aus meiner Sicht heute undenkbar", so Huppertz. "Der Aufwand hinter einem VLN-Rennen ist verglichen zu damals riesig geworden."

Bis zu 30 Teammitglieder von Roadrunner Racing reisen zu den einzelnen Rennwochenenden an. Neben den administrativen Aufgaben kümmert sich die Mannschaft auch um die Belange der Fahrzeuge, Fahrer und Gäste sowie Sponsoren. "Wir haben eine Struktur und strukturierte Abläufe wie man es sonst nur aus gut geführten Unternehmen kennt", weiß Teamchef Udo Huppertz. "Wir lassen die Aufgaben nicht auf uns zukommen, wir wissen was wann passiert und was wir wann und wie zu erledigen haben."

Um in der Hektik des Rennbetriebs dennoch alles unter Kontrolle zu halten, gibt es Zeitpläne sowie Check- und To-Do-Listen. Auch für die Fahrer, damit diese den genauen Ablauf des Wochenendes ständig im Auge behalten, denn neben dem eigentlichen Renneinsatz wartet auf die Piloten auch die Anmeldung zur Einstellfahrt, die Abnahme der Rennbekleidung sowie die Fahrerbesprechung am Samstagmorgen. "Wir wollen nichts dem Zufall überlassen und es soll nichts vergessen werden", erläutert Huppertz.

"Letztlich verhält sich die 'Abwicklung' eines solchen Events nicht viel anders als das Projektmanagement in einer normalen Firma", weiß der Teamchef. "Die Hauptarbeit liegt sowohl auf administrativer als auch auf technischer Ebene in der Planung, Vorbereitung und Absprache bzw. Kommunikation. Daraus resultiert letztendlich der Erfolg einer jeden Veranstaltung. Und Erfolg messen wir in zwei Dimensionen: Zum Einen der sportliche Erfolg unserer Fahrzeuge und zum Anderen die Zufriedenheit unserer Kunden und Partner."

Am späten Abend haben schließlich auch die Rennfahrzeuge ihren Weg in die Box gefunden. Roadrunner Racing setzte in der VLN in diesem Jahr bis zu fünf Renault Clio Cup sowie einen Porsche 911 GT3 Cup ein. Bei ausgewählten Rennen kam auch ein Honda Civic Type-R zum Einsatz. Da nicht alle Autos ihren Platz im LKW finden können, erreichen alle weiteren Fahrzeuge per Anhänger ihr Ziel. Die Vorbereitung der Rennfahrzeuge erfolgt jedoch ausschließlich in der heimischen Werkstatt, am Nürburgring werden lediglich die üblichen Servicearbeiten nach jeder Session erledigt.

Ziel erreicht: Nach der Ankunft ist Auspacken angesagt, Foto: Sönke Brederlow
Ziel erreicht: Nach der Ankunft ist Auspacken angesagt, Foto: Sönke Brederlow

Freitag: Abnahme & Testfahrten

Der Freitag beginnt in der Regel mit freiem Fahren auf dem GP-Kurs. Hier bietet sich vor allem für neue Piloten und Anfänger die Möglichkeit, sich mit den Rennfahrzeugen vertraut zu machen. Aber auch die großen Teams nutzen jede Minute, um weiter an ihren Fahrzeugen zu arbeiten. Nicht selten gibt es daher schon am Freitagvormittag die Möglichkeit, Audi R8 LMS ultra oder Mercedes SLS AMG GT3 auf dem Nürburgring zu bestaunen. Roadrunner Racing nimmt am Training am Freitagvormittag nur teil, wenn Neulinge zum ersten Mal mit den Rennfahrzeugen in Kontakt gebracht werden sollen. "Auf der GP-Strecke ist die Gefahr geringer als auf der Nordschleife und man kann sich einfacher und sicherer an das Limit herantasten", erklärt Teamchef Huppertz.

Die Technische Abnahme für das VLN-Rennen muss bereits am Freitag durchlaufen werden. Auch hier heißt es anstehen: lange Schlangen bilden sich vor den Boxen der Abnahme zu Beginn der Boxengasse. Besonders für Roadrunner Racing eine dauernde Angelegenheit, denn alle Rennfahrzeuge müssen ausnahmslos erscheinen. Dafür gibt es von den Verantwortlichen gleich zwei Aufkleber: einen für die korrekte Anbringung der Pflichtbeklebung, einen weiteren für die regelkonforme Technik der Boliden.

Von 16 bis 18 Uhr geht es für die Teilnehmer zum ersten Mal auf die Nordschleife. Das Freitagstraining gehört zwar offiziell nicht zur VLN-Veranstaltung und es gibt auch keine Zeitnahme, ein Großteil der Mannschaften nutzt die Zeit jedoch dazu, Erfahrungen zu sammeln und an der Fahrzeugabstimmung für den Samstag zu arbeiten. Für Roadrunner Racing bietet sich - wie für alle anderen Teams auch - die Möglichkeit, Taxifahrten auf der Nordschleife durchzuführen. Zahlreiche Gäste und Sponsoren haben somit die einmalige Gelegenheit, die legendäre Nordschleife aus der Cockpit-Perspektive zu erleben. Bereits am Abend werden die Boliden anschließend für das Rennen am nächsten Tag vorbreitet. Eventuelle Beifahrersitze werden wieder entfernt und letzte Checks an den Fahrzeugen durchgeführt, bevor auch für die Mechaniker der verdiente Feierabend ansteht.

"Wenn möglichst alle Aufgaben und Szenarien im Vorfeld einer Veranstaltung berücksichtigt, abgesprochen und geplant sind, gilt es an der Rennstrecke nur noch das immer gleiche Programm abzuspulen", erklärt Huppertz. "Der Fokus liegt dann einzig auf der Optimierung von Fahrzeug und Fahrern für das Rennen und natürlich die richtigen Entscheidungen in Bezug auf die Strategie zu treffen." Auch den Unwägbarkeiten, wie zum Beispiel dem Unfall eines Fahrzeuges, wirkt Roadrunner Racing im Vorfeld entgegen. "Sämtliche, an der Rennstrecke zu reparierenden Baugruppen werden bereits in der Werkstatt weitestgehend montiert und am Fahrzeug vermessen, so dass beim Rennen nur ein Minimum an Zeit verloren geht, wenn eine dieser Baugruppen unfallbedingt zu tauschen ist."

Gute Nacht! Die Clios warten auf ihren Einsatz am Samstag, Foto: Sönke Brederlow
Gute Nacht! Die Clios warten auf ihren Einsatz am Samstag, Foto: Sönke Brederlow

Samstag: Qualifying & Rennen

Der Samstagmorgen beginnt - zumindest für die Piloten - mit der Fahrerbesprechnung im Pressecenter und ist für alle aktiven Fahrer Pflicht. Für alle englischsprachigen Piloten findet die Besprechung hingegen schon am Freitagabend statt. Das Team bereitet sich in der Box unterdessen auf den Beginn des Zeittrainings vor, das in der Regel um 8:30 Uhr beginnt und 90 Minuten andauert. Jeder Fahrer muss im Qualifying mindestens zwei Pflichtrunden absolvieren. Die Pause bis zum Rennen wird für den letzten Feinschliff genutzt, im Ideallfall ohne größere Vorkomnisse. Ein Unfall im Zeittraining bedeutet meist das vorzeitige Aus. Bei Roadrunner Racing setzt sich jede Fahrzeugbesatzung nach jeder Session mit dem Fahrzeugleiter zusammen und bespricht das weitere Vorgehen in Bezug auf den Ablauf der kommenden Session oder etwaigen Veränderungen am Fahrzeug.

Vor mehreren tausend Besuchern wird gegen 12 Uhr das Vier-Stunden-Rennen gestartet. Einmal im Jahr steht sogar ein Lauf über die Distanz von sechs Stunden auf dem Programm. Während für die Fahrer ein nervenaufreibendes und anstrengendes Rennen bevorsteht, hofft die Mannschaft auf einen ruhigen Nachmittag. Im Gegensatz zu den hubraumstärkeren Fahrzeugen kommen die Renault Clios von Roadrunner Racing mit nur einem Tankstopp aus.

Roadrunner Racing betreut Kundenfahrzeuge aller Art, Foto: Roadrunner Racing
Roadrunner Racing betreut Kundenfahrzeuge aller Art, Foto: Roadrunner Racing

Erst gegen 16 Uhr, wenn das Rennen beendet ist, beginnt für das Team wieder die große Arbeit. Die Boxeneinrichtung muss wieder verstaut und das Zelt abgebaut werden. Am späten Abend macht sich der LKW schließlich auf die Rückreise in die heimische Werkstatt. Am Sonntag sind bereits alle wieder zuhause. Ein stressiges, aber spannendes Rennwochenende ist beendet. Doch auf die faule Haut legt sich das Team von Roadrunner Racing bis zum nächsten Rennen nicht. "Seit nunmehr zwei Jahren bauen wir unseren Bereich des Services erfolgreich aus", berichtet Udo Huppertz. "Neben der Vermietung eigener Rennfahrzeuge macht dieser Geschäftsbereich, in dem es um die Betreuung sowie den Aufbau von Straßensportwagen und Rennfahrzeugen inklusive des Einsatzes bei Trackdays oder Rennveranstaltungen geht, am meisten Spaß."

Neben den eigenen Rennfahrzeugen betreut Roadrunner Racing auch einen Großteil von Kundenfahrzeugen - von Ferrari über Maserati bis zu Porsche. "Hier lautet die Herausforderung nicht die Räder zu wechseln, sondern Lösungen zu erarbeiten, die es dem Kunden ermöglichen, eine Rennstrecke möglichst schnell und sicher zu umrunden", so Huppertz. "Durch Eigenleistung und die Hilfe vieler Experten in unserem Netzwerk sind wir in der Lage Sonderlösungen anzubieten - in allen Bereichen des Fahrzeugbaus." Es gibt keinen Teilbereich eines Fahrzeuges an dem Roadrunner Racing noch nicht Hand angelegt hat. "Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck und wir denken, dass der passt", so Huppertz abschließend. "Dies bestärkt uns, unseren Weg weiter zu gehen."