Wenn sich irgendwann Noriyuki Haga, Randy Mamola, Aaron Slight, Pierfrancesco Chilli und Ralf Waldmann zum Pokern treffen, stehen vermutlich alle vom Tisch auf und haben ihr Geld an den Dealer verloren. Oder an wen auch immer. Auf jeden Fall sind und bleiben sie, in einer gewissen Weise, die Verlierer. Haga unterstrich dies am vergangenen Wochenende erneut.

Es besteht gar kein Zweifel daran, dass jemand der heutzutage Vizeweltmeister oder Dritter einer Motorradmeisterschaft wird, gut sein muss. Doch das Ziel aller Piloten ist es, irgendwann am Ende einer Saison ganz oben in der Abschlusstabelle zu stehen und Weltmeister zu sein. Die Nummer 1. DER Beste. Und leider ist es ja auch so, dass nicht der olympische Gedanke zählt, sondern der Zweite bereits der erste Verlierer ist. Und in manchen Fällen muss man dies einfach auch irgendwie zugeben. Wobei "Armes Schwein" oder ähnliche Phrasen vielleicht treffender wären.

In Portimao verlor Haga WM-Führung und Titel., Foto: Thomas Börner
In Portimao verlor Haga WM-Führung und Titel., Foto: Thomas Börner

Nori-San Haga hat es wieder einmal nicht geschafft. Der Japaner verlor in Portimao im ersten Lauf seinen zehn-Punkte-Vorsprung auf Ben Spies und war am Ende des zweiten Rennens - Vizeweltmeister. Zum dritten Mal nach 2007 und 2000. Vier Mal war er Gesamt-Dritter, nie schloss er eine Superbike WM-Saison schlechter als auf Rang sieben ab. Doch zum Titel reicht es bei ihm einfach nicht.

1998 kam Haga so richtig auf die Weltbühne des Motorradsportes. Am 22. März stieg der Saisonauftakt der Superbike Weltmeisterschaft auf Phillip Island. Im ersten Lauf wurde Haga hinter Carl Fogarty und Troy Corser Dritter, den zweiten gewann der Yamaha-Pilot. Dann kam der große Preis von Japan. Anstatt auf der 750ccm-Viertakt-Yamaha zu sitzen, stieg Haga auf den 500er Zweitakter der gleichen Marke und fuhr beim Saisonauftakt der Motorrad-Weltmeisterschaft in Suzuka hinter Max Biaggi und Tadayuki Okada auf das Podest.

Haga war DAS Talent schlecht hin. Er galt als der Star der Zukunft, sollte im selben Jahr Superbike- und 500ccm-Weltmeisterschaft bestreiten, in beiden Klassen Weltmeister werden. Aber man entschied sich damals dann doch, sich mit ihm auf die WorldSuperbikes zu konzentrieren. Und zunächst schien es so, als könne in jenem Jahr wirklich nur Haga Weltmeister werden. Denn auch bei der zweiten Saisonstation im britischen Donington gewann er, dieses Mal wurde es sogar ein Doppelsieg. Doch dann kamen neue Strecken, ein paar Probleme und die technische Überlegenheit der 916ner Ducati. Der Weltmeister hieß am Ende nicht Haga sondern Fogarty.

Mit der Yamaha R7 wurde er erstmals Vizeweltmeister., Foto: Yamaha
Mit der Yamaha R7 wurde er erstmals Vizeweltmeister., Foto: Yamaha

Die erste "richtige" Titeljagd startete 2000. Mit der brandneuen Yamaha R7, welche auch heute noch von vielen Fans zum schönsten Motorrad aller Zeiten gekürt wird, wurde der Japaner ins Rennen geschickt. Die R7 war extra für den Rennsport entwickelt worden, für den Straßenverkauf gab es nur 500 Stück. Noch heute werden diese Bikes mit rund 35.000 Euro gehandelt.

Kurzum: Haga wurde, richtig, Vizeweltmeister und außerdem gab es noch einen Dopingskandal. Ein Jahr später ging es wieder in den Grand Prix. Auf der 500er Red Bull Yamaha WCM fuhr und vor allem dirftete und slidede er sich in die Herzen der Fans. Er und Garry McCoy in einem Team - da kam kein Motorrad auf einer gerade Bahn mehr aus der Kurve. Der Australier und der Japaner waren diejenigen, bei denen die Reifen am meisten rauchten. Und das nicht bei Freuden-Burn-Outs.

Mit der 500er kam Haga in seiner einzigen kompletten Saison nicht so richtig klar., Foto: Yamaha
Mit der 500er kam Haga in seiner einzigen kompletten Saison nicht so richtig klar., Foto: Yamaha

Hagas beste Platzierung sollte Rang vier in Donington werden. Ansonsten qualifizierte er sich zwar meist sehr anständig, in den Rennen lag er aber sehr viel auf der Nase. Also ging es 2002 wieder in die Superbike WM zurück und erstmals wechselte er die Marke. Aprilia war schon ein Jahr mit der RSV Mille heraus und Haga sollte nun den Titel holen. Endrang vier war das Resultat, Colin Edwards holte den Titel, Troy Bayliss wurde Zweiter. Alle drei gingen im Folgejahr in die MotoGP - Bayliss bekam bei Ducati noch anständiges Material, Edwards und Haga trafen sich bei Aprilia. Doch während Edwards seitdem nicht mehr aus der MotoGP weg zu denken ist, ging Haga zerknirscht und mit einem siebten Rang (natürlich in Donington) als bester Platzierung zurück zu den WorldSuperbikes.

Drei Jahre in Folge lang holte er sich den dritten Gesamtrang. 2004 auf der Renegade Ducati fehlten 37, 2005 und 2006 auf der Werks-Yamaha fehlten 162 beziehungsweise 105 Punkte auf den Titel. Zum Auswachsen war das Jahr 2007. Haga fuhr weiter auf Yamaha, zeigte mit 15 Podestplätzen aus 26 Rennen eine solide Leistung und - verlor den Titel um zwei mickrige Punkte an James Toseland. 2008 verlor Haga beim letzten Rennen in Portimao dann auch noch den Vizeweltmeister-Titel an seinen damaligen Yamaha-Teamkollegen Troy Corser.

Dieses Jahr sollte es endlich klappen. Mit der Werks-Ducati hatte der Japaner definitiv eines der besten Motorräder unter dem Hintern und die erfolgreichste Mannschaft dieser Klasse hinter sich. Doch da kam Ben Spies und nahm ihm wieder den Titel weg. Haga will nächstes Jahr wieder angreifen und sich dann die Krone sichern, doch wird er noch mehr unter Druck geraten: Jonathan Rea, Cal Crutchlow, James Toseland, Max Neukirchner und Co., sie fahren alle nicht zum Spaß und wollen die WM. Wurde Michel Fabrizio, der Teamkollege im Ducati Werksteam, schon erwähnt? Auch er scheut sich nicht davor, Haga zu schlagen.