67 Prozent der Motorsport-Magazin.com-Leser glauben, dass Ben Spies sich den WM-Titel bei den WorldSuperbikes dieses Jahr sichern wird. Nur 30 Prozent glauben an den Japaner Noriyuki Haga, verschwindend geringe zwei Prozent trauen es noch Jonathan Rea zu und nur ein Prozent der Stimmen ging an Michel Fabrizio.

Nach dem Rennen vom Nürburgring hat Spies nun erstmals in diesem Jahr die WM-Führung übernommen und liegt mit 18 Punkten vor Haga. Der Rückstand Fabrizios ist mittlerweile auf 75 Zähler angewachsen und Reas Chancen sind bei noch 150 zu vergebenden Punkten mit 120 Zählern Rückstand eher rein theoretischer Natur. Max Biaggi liegt auf Rang fünf gar 140 Zähler zurück.

Die heiße Phase der Superbiker steht an. Drei Rennwochenenden mit insgesamt sechs Läufen sind noch auszutragen. Imola, Magny-Cours und Portimao versprechen noch Hochspannung. Wer wird den Titel holen? Haga oder Spies? Oder sollte es doch noch eine Überraschung geben? Der bevorstehende WM-Kampf war für Motorsport-Magazin.com Grund genug, die Geschichtsbücher zu wälzen, das Fotoarchiv zu durchforsten und auf die WM-Entscheidungen der letzten zehn Jahre in dieser Klasse zu schauen.

Carl Fogarty wurde insgesamt vier Mal Superbike-Weltmeister., Foto: Motorsport-Archiv Börner
Carl Fogarty wurde insgesamt vier Mal Superbike-Weltmeister., Foto: Motorsport-Archiv Börner

1998: Fogarty sichert sich den Titel beim letzten Rennen

1998 war wohl eine der spannendsten Saisons der Superbike WM-Geschichte. Zum letzten Lauf in Sugo hatten noch vier Fahrer gute Chancen auf den Titel. Der Australier Troy Corser war als Führender nach Japan gereist, der Neuseeländer Aaron Slight hatte gerade einmal ein halbes Pünktchen Rückstand auf den damaligen Ducati-Piloten Corser. Sechs Punkte dahinter lag Carl Fogarty und Pierfrancesco Chilli verlor als Vierter 39 Punkte.

Das Finale im japanischen Sugo war auch fest in japanischer Hand. Keiichi Kitagawa gewann Lauf 1 vor Akira Ryo und Carl Fogarty. Akira Yanagawa wurde als weiterer Japaner Vierter. WM-Konkurrent Aaron Slight wurde im ersten Lauf gar nur Siebter - hinter Scott Russel und Neil Hodgson. Troy Corser startete nicht. Damit lag Fogarty 1,5 Punkte vor Slight. Im zweiten Lauf gewann Noriyuki Haga, vor Yanagawa, Ryo und Fogarty, der als einziger Nichtjapaner den Sprung in die Top fünf schaffte. Slight wurde hinter Kitagawa sechster und musste "Foggy" den Titel überlassen.

1999: Titelverteidiung von "Foggy"

Fogarty verteidigte seinen Titel etwas unspektakulärer, als er ich ein Jahr zuvor gewonnen hatte. Er lag von Beginn der Saison an an der Spitze der WM-Tabelle und gab die Führung nicht ab. Elf Siege in 26 Rennen reichten dem Briten, um mit 128 Punkten Vorsprung auf Colin Edwards die Startnummer 1 behaupten zu können.

2000 sicherte sich Colin Edwards seinen ersten SBK-Titel, Foto: Motorsport-Archiv Börner
2000 sicherte sich Colin Edwards seinen ersten SBK-Titel, Foto: Motorsport-Archiv Börner

2000: Titel Nummer 1 für Edwards

Die Karriere von Carl Fogarty wurde 2000 leider wie so häufig durch einen schweren Sturz beendet. Im zweiten Rennen auf Phillip Island verletzte sich der Ducati-Star so schwer, dass er nie wieder ins Renngeschehen eingriff. Seine Verletzungen heilten zwar und heute fährt Foggy weiterhin Motorrad, aber damals war es aus seiner Sicht die beste Entscheidung, den Helm an den berühmten Nagel zu hängen. Für ihn kam ein gewisser Troy Bayliss ins Werksteam von Ducati aufgerückt. Der Australier verblüffte, da er schon in seiner ersten Saison zwei Siege einfahren konnte und von Anfang an die Weltspitze aufmischte. Neun Podestplätze bei seinen ersten 18 Superbike WM-Läufen waren eine beeindruckende Leistung.

Eine beeindruckende Leistung lieferte damals aber auch Colin Edwards ab. Die Piste von Kyalami zum Saisonauftakt verließ Edwards als Führender. Die nächsten vier Wochenenden sollte Haga an der spitze stehen, dann drehte Edwards auf, sicherte sich acht Saisonsiege und insgesamt 400 Punkte reichten zum ersten WM-Titel des damaligen Honda-Piloten, auf der legendären Honda VTR 1000 SP2.

Troy Bayliss kam 2000 für Fogarty ins Werksteam., Foto: Motorsport-Archiv Börner
Troy Bayliss kam 2000 für Fogarty ins Werksteam., Foto: Motorsport-Archiv Börner

2001: Duell 1 - Bayliss vs. Edwards

2001 kam es zum ersten Duell zwischen Neuling Troy Bayliss und dem amtierenden Weltmeister Colin Edwards. Am Ende musste sich der US-Amerikaner dem Australier um 36 Punkte geschlagen und die Startnummer 1 abgeben. Die Tabellenführung konnte er jedoch zu keinem Zeitpunkt übernehmen. Die wechselte an den ersten vier Rennwochenenden lediglich zwischen Bayliss und Corser, ab dem Rennen in Monza war Bayliss in Front.

2002: Duell 2 - Bayliss vs. Edwards

Das Jahr 2002 ist wohl dasjenige Jahr der Superbike Weltmeisterschaft, an welches man sich immer erinnern wird. Es kam zum neuerlichen großen Duell Edwards gegen Bayliss. Nur waren die Verhältnisse im Gegensatz zum Vorjahr nun getauscht: Edwards war der Jäger, Bayliss als amtierender Weltmeister der gejagte.

Bayliss holte sich zum Auftakt einmal sechs Siege in Folge. Bis zum Ende der Saison sollten es insgesamt 14 Siege werden. Doch Edwards war nicht schlechter. Im Gegenteil: Edwards beendete 25 von 26 Rennen auf dem Podium! Lediglich beim ersten Lauf des Jahres war er Vierter geworden. Bayliss musste zwei Mal einen fünften, ein Mal einen vierten und gar einen kompletten Nuller hinnehmen. Dennoch galt der Australier zur Saisonhalbzeit schon als sicherer Weltmeister. Mit dem Endspurt Edwards' hatte damals keiner gerechnet. Ab Lauf zwei in Laguna Seca gewann der "Texas-Tornado" zehn Rennen in Folge und sicherte sich in Imola seinen zweiten WM-Titel mit elf Punkten Vorsprung. Edwards und Bayliss wechselten im Folgejahr in die MotoGP-Weltmeisterschaft.

2003: Klare Angelegenheit für Hodgson

Zehn Siege in Folge zum Auftakt, insgesamt 14 Siege bei 24 Rennen. Neil Hodgson war 2003 auf der Fila-Werks-Ducati einfach nicht zu schlagen. Überhaupt das Ducati-Team dominierte die Szene. Hodgsons Teamkollege Ruben Xaus wurde mit 103 Punkten Rückstand Vizeweltmeister. James Toseland war auf Rang drei um 218 Zähler abgeschlagen.

2005 holte Corser seinen zweiten Titel. Dieses Mal für Suzuki, Foto: WSBK
2005 holte Corser seinen zweiten Titel. Dieses Mal für Suzuki, Foto: WSBK

2004: Erster Titel für Toseland

James Tosland und Regis Laconi bildeten 2004 das Superbike Werksteam. Doch Toseland konnte nicht so dominieren wie Hodgson ein Jahr zuvor. Der Brite hatte gerade in der Mitte der Saison ein kleines Formtief und rutschte zwischenzeitlich bis auf den vierten Gesamtrang ab. Allerdings nur für ein Rennen. Insgesamt wechselte die WM-Führung mehrfach unter den Piloten Toseland, Laconi, Chili und Chris Vermeulen. Neun Punkte Vorsprung auf Teamkollege Laconi reichten Toseland am Ende zum Titel.

2005: Klarer Titel für Corser

Troy Corser sicherte sich 2005 seinen zweiten WM-Titel. Dieses Mal allerdings auf Suzuki. Die WM-Führung musste er nach dem Saisonauftakt in Katar, als er als zweiter hinter Yukio Kagayama abreiste, schließlich nie mehr abgeben. Dennoch sicherte er sich die Krone "nur" mit 54 Punkten Vorsprung auf Honda-Pilot Chris Vermeulen.

2006: Was wollt ihr alle? Bayliss ist wieder da!

Troy Bayliss gab Ende des Jahres 2005 das MotoGP-Unterfangen auf und kehrte in "seine" Superbike Weltmeisterschaft zurück. Nach dem dritten Lauf der Saison gab es keine Zweifel mehr: Bayliss war zurück, siegte in jenem Jahr zwölf Mal und holte sich die Krone zurück. James Toseland wurde mit 95 Punkten Rückstand Zweiter.

Da die Superbike WM bereits zu Ende war, Bayliss als Weltmeister fest stand und Sete Gibernau an einer Schlüsselbein-Verletzung laborierte, durfte der Australier beim allerletzten 990ccm-MotoGP-Rennen der Geschichte in Valencia noch einmal ran. Startplatz zwei hinter Valentino Rossi lies schon aufhorchen. Im Rennen setzte sich Bayliss dann selbst ein Denkmal. Er schaukelte die Desmosedici GP6 rund anderthalb Sekunden vor Teamkollege Loris Capirossi als Sieger ins Ziel.

Ende 2007 fehlten Haga nur zwei Punkte auf den Weltmeister Toseland., Foto: WSBK
Ende 2007 fehlten Haga nur zwei Punkte auf den Weltmeister Toseland., Foto: WSBK

2007: Toseland mit zweitem WM-Titel

James Toseland wurde beim Auftakt-Rennen der Superbike-Weltmeisterschaft 2007 Zweiter, Lauf zwei in Katar gewann er. Ab diesem Zeitpunkt gab er die Führung in der WM nicht mehr ab. Auch wenn er häufig Schadensbegrenzung betrieb, gewann er acht Punkte. Dass er den WM-Titel mit nur zwei Punkten Vorsprung gewann, schmerzt den damaligen Vizeweltmeister Noriyuki Haga wohl noch heute. Max Biaggi sicherte sich mit 18 Punkten Rückstand Gesamtrang drei, Troy Bayliss wurde Vierter.

2008: Troy Bayliss ungefährdet zum Titel

Der Australier Troy Bayliss sicherte sich ungefährdet seinen dritten WM-Titel. Von der Spitze der WM-Tabelle war er zu keinem Zeitpunkt des Jahres zu verdrängen gewesen. Elf Siege in 28 Läufen reichten zum WM-Titel.

Bayliss verabschiedete sich am Ende der Saison 2008 von der internationalen Motorrad-Rennsport-Bühne. Und das, wie man es sich wohl nicht schöner vorstellen kann. Bei der Einweihung der Piste von Portimao - als am Freitag die ersten Trainings gefahren wurden, war die Zufahrt zum Fahrerlager noch nicht einmal fertig geteert - sicherte sich Bayliss die Pole-Position, fuhr zwei Mal zum Laufsieg und drehte zwei Mal die schnellste Rennrunde. 118 Punkte Vorsprung waren es am Ende auf Troy Corser und Noriyuki Haga. Bayliss verabschiedete sich, wie es sich für ihn gehörte: Als Weltmeister und als Sieger der letzten Läufe der Saison. Würdiger kann man nicht zurücktreten.