Der Saisonstart ist für das vermeintliche neue Dreamteam von Honda in der Superbike-WM gehörig in die Hose gegangen. Nur sieben WM-Punkte konnten Nicky Hayden und Stefan Bradl auf der überarbeiteten Honda CBR1000RR in den beiden Auftaktrennen auf Phillip Island holen. "Der heutige Auftritt war eine ordentliche Ohrfeige für uns", sagte Bradl nach seinem Debüt.

Für Motorrad-Gigant Honda ist es der schlechteste Saisonstart seit man in der Superbike-WM auf die Fireblade als Basismodell setzt (2004) und das schlechteste Rennwochenende seit dem Saisonfinale 2013 in Jerez, als Leon Haslam und Michel Fabrizio gemeinsam nur zwei Punkte holten.

Neue Honda entpuppt sich als Flop

"Ich bin sehr enttäuscht, weil wir einfach keine Mittel und Wege finden, um das Motorrad zu verbessern. Wir stecken tief in der Klemme", gab ein desillusionierter Bradl nach dem schwierigen Rennwochenende zu. Es hakt an allen Ecken und Enden. "Das größte Problem ist, dass wir im Kurvenausgang absolut keinen Grip haben, sobald der Reifen beginnt abzubauen. Außerdem regelt die Elektronik sehr unkontrolliert. Das Zusammenspiel zwischen Traction-Control und Throttle-Connection funktioniert überhaupt nicht. So kann man auf keinen Fall vernünftig Rennen fahren."

Stefan Bradl und Nicky Hayden präsentieren die neue WSBK-Honda: (18:54 Min.)

Nicky Hayden, der im Vorjahr auf dem Vorgängermodell noch ein Rennen gewinnen konnte, pflichtet Bradls Kritik grundsätzlich bei: "Es gab nur wenige Stellen auf der Strecke, an denen ich wirklich schnell war. Vor allem auf der Geraden fuhren mir die anderen Jungs um die Ohren." Hayden erhielt nach dem zweiten Rennen einen zusätzlichen Dämpfer: Bei der Erstuntersuchung nach seinem Sturz wurde eine Verletzung des linken Knies festgestellt.

Keine Spur von Dreamteam

Dabei hatte man sich vor Saisonstart bei einem Launch Event im österreichischen Salzburg noch als neues Dreamteam präsentiert: Mit Ex-MotoGP-Champion Nicky Hayden und Bradl als ehemaligem Moto2-Weltmeister konnte man sich ein prominentes Fahrer-Duo sichern, mit Red Bull einen finanzkräftigen Hauptsponsor an Land ziehen und Honda versicherte dem Einsatzteam des Holländers Roland Ten Kate, die in die Jahre gekommene Fireblade über den Winter auf Vordermann zu bringen.

Doch rasch sollten sich alle großen Hoffnungen in Schall und Rauch auflösen. Vor allem Honda dürfte seine Hausaufgaben nicht ordentlich erledigt haben. Erst Ende Januar bekam das Einsatzteam das Motorrad in die Hände, sodass man bei den anschließenden Testfahrten erst mit grundsätzlicher Basisarbeit beginnen konnte, die andere Rennställe bereits im Vorjahr abgeschlossen hatten. "Ich erledige hier eigentlich nur einen Testfahrerjob", gab Bradl daher nach dem ersten Rennen am Samstag sauer zu Protokoll. Mit halbherzigem Einsatz von Honda ist in dieser Saison kaum Besserung in Sicht, denn die Konkurrenz in der Superbike-WM wurde über den Winter wieder schärfer.

Kawasaki, Yamaha, Ducati und MV Agusta haben reinrassige Factory Teams am Start und auch Aprilia holte den WSBK-Rennstall in dieser Saison wieder näher an das Mutterwerk heran. Die Unterstützung aus Japan für das offiziell als "Red Bull Honda World Superbike Team" firmierende Ten Kate Team ist hingegen gering.

Superbike bei Honda nicht hoch im Kurs

Denn Honda hat weitaus größere Baustellen als das Superbike-Projekt: In der MotoGP liefert man sich seit Jahren eine millionenschwere Materialschlacht mit Yamaha, in der mittlerweile auch Suzuki und Ducati als Siegerteams vorne mitmischen. Im Offroad-Bereich konnte man im Vorjahr unter großem finanziellen Einsatz endlich die Krone der Königklasse der Motocross-WM nach über zwei Jahrzehnten zurückerobern. Ein Kunststück, das bei der Rallye Dakar trotz massivem Aufwand in diesem Jahr erneut nicht gelang. Die Superbike-WM muss sich auf der Checklist der Honda-Bosse hinter all diesen Projekten anstellen.

Generell eilten die Japaner im Bereich des Kundensports mit halbherzigen Engagements zuletzt von einem Flop in den nächsten. In den ersten Jahren der 2012 eingeführten Moto3-Klasse ließ man sich von den ambitionierten Österreichern von KTM völlig überrumpeln und ließ die längste Siegesserie eines Herstellers in der Geschichte der Motorrad-WM (27 Siege in Folge) sowie drei Konstrukteurs-Titel von KTM zwischen 2012 und 2014 zu. Ein Trend, den man erst durch die Wiedereinführung eines Quasi-Werksteams umkehren konnte. In der Saison 2014 stellte man für die MotoGP-Klasse einen nach CRT-Reglement entwickelten Production Racer zur Verfügung, der sich als millionenschwerer Rohrkrepierer entpuppte und nach nur einem Jahr eingemottet wurde.

Zuletzt beschwerte sich in der Superbike-WM auch das Ten Kate Team über die in die Jahre gekommene Fireblade, die gegen die neuen Bikes von Kawasaki und Ducati mächtig alt aussah. Binnen fünf Jahren hatte man lediglich sieben Rennen gewonnen und seit James Toselands Titel 2007 nie mehr ernsthaft um den Titel mitgemischt. Honda gelobt Besserung und überarbeitete sein WSBK-Bike. Bis dieses aber wieder siegfähig wird, haben Bradl und Hayden noch eine Menge Arbeit und Ärger vor sich. Insofern dieses Kunststück überhaupt gelingen sollte. Das weiß auch Bradl: "Es muss sich schleunigst etwas ändern, sonst stehen wir bald vor einem richtig großen Problem."