Nach dem Doppelnuller in Laguna Seca bzw. auf dem Lausitzring hat sich Jonathan Rea wieder gefangen: Sieg beim zweiten Lausitzring-Lauf sowie die Plätze vier und zwei in Magny Cours. 48 Punkte trennen Weltmeister Rea vier Rennen vor Saisonschluss von seinem schärfsten Verfolger. Motorsport-Magazin.com traf Rea im Rahmen der Intermot in Köln zum Interview. Dort erzählt Rea von seiner aktuellen Saison, wie er den Titel gewinnen möchte und von hohen Ambitionen für die anstehenden Jahre mit Kawasaki:

Du hattest bis hierher eine gute Saison. Wie ist dein Eindruck?
Rea:
Es war eine gute Saison, aber auch schwierig, denn Kawasaki hat eine brandneue ZX-10R gebracht. Wir mussten also erstmal all die neuen Parameter verstehen lernen. Wir hatten einen neuen Motor, eine neue Motorcharakteristik, ein neues Chassis. Bei den Wintertests gab es also viel zu entdecken und es braucht einfach immer noch Zeit, um das alles wieder zusammenzukriegen. Wir müssen lernen, in welche Richtung wir lieber nicht gehen sollen beim Setup. Letztes Jahr war das Bike nach vielen Jahren an Entwicklungsarbeit am Ende angekommen. Jetzt haben wir wieder einen Rohdiamanten, den wir dieses Jahr schon stark geschliffen haben. Wir können darauf schon stolz sein, aber nicht nur ich, sondern auch mein Teamkollege. Wir führen beide die WM an, aber für mich war es schon schwierig und eine Herausforderung. Gleichzeitig war es bisher aber auch ein Jahr zum genießen, denn wir haben neun Rennen gewonnen, mehr als alle anderen. Ich führe die WM an, es war also bisher ein ziemlich erfolgreiches Jahr.

Lausitzring als entscheidender Schritt für Rea

Am Lausitzring gelang Jonathan Rea ein Befreiungsschlag mit dem Sieg in Lauf 2, Foto: Kawasaki
Am Lausitzring gelang Jonathan Rea ein Befreiungsschlag mit dem Sieg in Lauf 2, Foto: Kawasaki

Genau, denn nun hast du 48 Punkte Vorsprung in der WM. Gab es für dich denn in diesem Jahr einen Schlüsselmoment?
Rea:
Puh, es gab so viele gute Momente. Ich denke, der wichtigste Moment für mich war das zweite Rennen im Regen am Lausitzring. In Laguna Seca hatte ich einen technischen Defekt und im ersten Lauf am Lausitzring gab es noch ein Problem. Mein Vorsprung hat sich von 71 auf 26 Punkte reduziert. Rennen zwei war daher schwierig. Am Samstag Abend sind mir viele Dinge durch den Kopf gegangen. Der Abstand war ja nun recht klein, dann war es auch noch nass, damit mental fertig zu werden war nicht einfach. Sollte ich konservativer rangehen und mit nur wenig Risiko fahren? Oder sollte ich doch wieder die Chance nutzen und einen Vorsprung herausfahren? Das habe ich getan und dabei noch meinen überzeugendsten Sieg überhaupt geholt. Das war schon sehr befriedigend. Ich war mit dem Rücken an der Wand und haben uns zurückgekämpft, darauf bin ich sehr stolz.

Du hast schon den Lausitzring erwähnt. Ich glaube, die zwei Ausfälle in Folge haben dir wirklich wehgetan, oder?
Rea:
Es war schwierig, denn im Rennsport passieren diese Dinge manchmal, aber das wichtigste war: Wir hatten in der ersten Saisonhälfte ein großartiges Paket und konnten sofort eine große Lücke aufmachen. Ich war also in der glücklichen Position, in der ich diese Punkte verlieren und trotzdem vorne bleiben konnte. Also habe ich versucht, in Laguna Seca und nach dem ersten Lausitzring-Rennen positiv zu bleiben, und wie gesagt: im zweiten Rennen waren wir wirklich stark und in Magny Cours konnten wir wieder ums Podium kämpfen. Das erste Rennen war echt schwierig wegen der Reifenwahl, das Wetter war ja ziemlich unbeständig. Ich hatte nicht wirklich die beste Strategie gewählt, da ich ziemlich nervös und wegen der WM vorsichtig war. In den letzten Rennen war ich schon zufrieden.

Superbike-WM 2016: So geht Rea das Finale an

Rea will den Titel erneut in Jerez holen, Foto: WSBK
Rea will den Titel erneut in Jerez holen, Foto: WSBK

Jetzt stehen noch vier Rennen aus, 100 Punkte sind noch zu vergeben. Wie blickst du auf die Schlussphase der Superbike-WM 2016 voraus?
Rea:
Das Ziel ist es, die WM zu gewinnen. Wie das dann passieren wird... In meinem Kopf findet momentan ein Kampf statt, denn ich bin mir im Unklaren, welche Strategie die beste ist. Das ultimative Ziel ist, sie in Jerez zu gewinnen. Das macht viel mehr Sinn. Es ist das Heimrennen für das Team, ich habe dort letztes Jahr auch die WM gewonnen, auch Tom Sykes hat dort seinen WM-Titel geholt und David Salom den EVO-Titel. Es gibt also viele schöne und erinnerungswürdige Momente in Jerez und es wäre schön, das zu wiederholen. Aber dafür muss ich in beiden Rennen vor meinem Teamkollegen ins Ziel kommen.

Das ist ein realistisches Ziel, aber wenn es dort nicht passiert, dann müssen wir einfach clever sein und realisieren: Wir befinden uns in einem Krieg, in dem das ganze Jahr über gekämpft wird. Und am Ende des Krieges haben alle vergessen, wer die einzelnen Schlachten gewonnen hat. Wenn wir nicht in der Lage sind, zu gewinnen, dann müssen wir einfach clever sein. Wir haben unsere Sache dieses Jahr bisher gut gemacht und jetzt geht es darum, den Job zu Ende zu bringen. Aber es ist nicht leicht, denn sobald du anfängst zu viel nachzudenken, zu vorsichtig zu fahren oder nur die WM im Kopf hast, unterlaufen dir Fehler. Wir müssen also sehr fokussiert bleiben und versuchen den bestmöglichen Job abzuliefern.

Mit neuer Kawasaki will Rea auch in Zukunft dominieren

Kawasaki brachte auf der Intermot eine neue 1000er-Ninja raus - für Rea die Basis für eine noch erfolgreichere Zukunft, Foto: Kawasaki
Kawasaki brachte auf der Intermot eine neue 1000er-Ninja raus - für Rea die Basis für eine noch erfolgreichere Zukunft, Foto: Kawasaki

Was denkst du denn, lässt sich in den nächsten Jahren auf der Kawasaki erreichen? Du hast ja deinen Vertrag schon im Frühjahr bis 2018 verlängert. Was ist drin?
Rea:
Mein Ziel ist es, bis dahin vier WM-Titel zu holen, das ist ganz klar. Ich meine, ich fahre seit 2009 in der Superbike-WM, und seit ich bei Kawasaki bin, habe ich unglaublichen Erfolg. Was ich bei Kawasaki gelernt habe: Wir sind in einer seriennahen Meisterschaft, und Serienproduktion hängt bei Kawasaki so stark mit dem Rennsport zusammen. Das Beste für mich ist, dass Kawasaki nicht MotoGP fährt, sondern seine Energie ausschließlich für die Serie aufwendet. Das merken wir auch. Wir helfen der Serienproduktion und sie helfen uns mit all ihrer Erfahrung. Ich sehe also keinen Grund warum wir nicht Erfolg haben sollten.

Dieses Bike (die 2016er Ninja ZX-10R, Anm. d. Red.) kam erst dieses Jahr zur Welt, und für 2017 gibt es eine RR-Version, eine speziell homologierte Version, die unsere Performance nochmal verbessert. Vor allem auf der Motorenseite wird es besser, denn dort hatten wir dieses Jahr ein bisschen zu kämpfen. Ich erwarte also, dass wir 2017 noch konkurrenzfähiger sein werden. Wir müssen auf alle Fälle bereit sein, denn unsere Gegner arbeiten weiter, nichts steht still, alle Fahrer und Hersteller verbessern sich. Zusammen mit dem Team schauen wir uns an, wie wir uns verbessern können und ich erwarte, dass wir auch in den nächsten Jahren stark sein werden.